Exklusiv

JVA in Ossendorf
Wann Abriss und Neubau des Kölner „Klingelpütz“ starten

Lesezeit 4 Minuten
Der Kölner Klingelpütz aus der Vogelperspektive.

Im Kölner „Klingelpütz“ stehen derzeit noch 16 Hafthäuser, die Platz für 1130 Inhaftierte bieten.

Mehr als eine halbe Milliarde Euro sollen Abriss und Neubau der 16 Hafthäuser auf dem Gelände der größten JVA des Landes NRW kosten.

Es ist soweit: Zum ersten Mal gibt es einen öffentlich einsehbaren, vollständigen Zeitplan für den Abriss und Neubau der Justizvollzugsanstalt in Ossendorf, der größten JVA in NRW. Jahrelang wurden Forderungen nach Modernisierung laut, da die JVA einem immensen Sanierungsstau hinterherläuft und die Gebäude in einem miserablen Zustand sind. Laut dem Zeitplan soll das Projekt mittlerweile am 20. Juli 2038 abgeschlossen werden.

Aktueller Stand

Zeit und Kostenplan sind Teil der Ausschreibung für den Teilnahmewettbewerb, mit dem der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW derzeit einen Generalplaner für das Vorhaben sucht. Ein Generalplaner wird bei solchen großen Projekten in der Regel engagiert, damit der Bauherr nur einen Ansprech- und Verhandlungspartner hat. Der Planer kann in zweiter Instanz wählen, ob er den Bau durch einen Totalunternehmer schlüsselfertig in Auftrag gibt, oder mehrere Abschnitte an verschiedene Unternehmen vergibt.

Der Generalplaner und die Projektsteuerungsleitung bilden die wichtigsten Säulen eines solchen Mammutprojekts. Der Projektsteuerer ist bereits gefunden: Für gut 10 Millionen Euro hat der BLB NRW die Hitzler Ingenieure GmbH aus München beauftragt. Insgesamt sollen die Baukosten bei 466 Millionen Euro liegen. Inklusive Baunebenkosten, aber auch den Kosten für die Projektsteuerung und Co. wird der Gefängnisneubau am Ende deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten, die Rundschau berichtete. Zusätzlich zum Neubau ist auch die Sanierung der 58 Dienstwohnungen an der Rochusstraße bereits beauftragt. Diese Wohnungen sollen von September 2024 bis Juni 2030 grundsaniert werden.

16 Hafthäuser abreißen

Weitere Dienstwohnungen befinden sich an der Butzweilerstraße, nordöstlich der Haftmauer. Diese gehören jedoch nicht zu dem Großprojekt, sondern werden anderweitig beauftragt. Doch auch ohne die Dienstwohnungen ist es ein Mammutprojekt. Denn während des laufenden Betriebs sollen alle 16 Hafthäuser abgerissen werden und anschließend Neubauten entstehen.

Der Bau der JVA in Ossendorf: Haftcontainer sind als Beton-Fertigteile aufeinander gestapelt worden.

Der Bau der JVA in Ossendorf: Haftcontainer sind als Beton-Fertigteile aufeinander gestapelt worden.

Die Bestandsbauten sind in den 1960er-Jahren in Form von gestapelten Haftcontainern errichtet worden (siehe Foto). Die seit 1969 in Betrieb genommenen Bauwerke sind stark schadstoffbelastet. Bereits 2019 waren mehr als 100 Zellen nicht bewohnbar, 2023 war sogar die Rede von 300. Zudem gab es mehrfach Probleme mit Abwasserrohren, die aufgeplatzt sind, auch von Ratten in der JVA ist in Fachkreisen immer wieder die Rede.

Schlechter Zustand

Wegen des sich stetig verschlechternden Zustands begann bereits 2012 die Planung, damals noch mit dem Ziel Instandhaltung. Während des Planverfahrens änderten sich jedoch die Bedingungen für die Unterbringung von Insassen, so dass nur noch ein Neubau in Frage kam. Von 2017 bis 2020 prüfte der BLB daraufhin einen Neubau auf einem anderen Grundstück, davon gibt es in dieser Größe — das Grundstück in Ossendorf ist 247 000 Quadratmeter groß — nicht viele. Unter anderem die Änderungen bei den Regeln für die Konzentration von Windrädern sorgten dafür, dass Grundstücke gestrichen werden mussten. Erst im März 2022 fiel die Entscheidung, den Bestandsbau zu ersetzen.

Interim-Hafthaus

Um trotz der Baumaßnahmen Häftlinge unterbringen zu können, soll bis 2026 und noch vor den ersten Abrissarbeiten ein Interim-Hafthaus für 160 Insassen entstehen. „Es dient während der gesamten Bauzeit zur Unterbringung von Insassen der JVA Köln und soll möglichst viele Häftlinge aus den Gebäuden aufnehmen, die während der jeweiligen Bauphase zurückgebaut und neu errichtet werden“, erklärt ein Sprecher des BLB NRW auf Anfrage der Rundschau.

Raumprogramm

Insgesamt sollen neben den Dienstwohnungen insgesamt 38 650 Quadratmeter Nutzfläche entstehen. 26 460 Quadratmeter für den Männervollzug (700 Haftplätze) und 12 190 für den Frauenvollzug (300 Haftplätze). Zudem entstehen neben dem Strafarrest auch Räume für unter anderem Untersuchungs- oder Auslieferungshaft. Auch die Wirtschafts- und Arbeitsbetriebe wie die Werkstatt der Häftlinge sowie die Zentralwaffenkammer Rheinland gehören dazu.

Zeitplan

Nach der Inbetriebnahme des Interim-Hafthauses 2026 ist der erste Abriss auf dem Baufeld Süd für 2027-2028, der Abriss auf dem Baufeld Mitte für 2031-2023 und der dritte Abbruch für 2036-37 geplant. Der erste Spatenstich auf dem südlichen Baufeld soll im Mai 2028 erfolgen und die anderen sukzessive folgen.  Auf dem Baufeld Süd entsteht der Vollzug für die Frauen. Der Regelbetrieb soll im Oktober 2031 beginnen . Zwei Wochen später sollen die Inhaftierten in die neuen Gebäude einziehen.

Auf dem Baufeld Mitte entstehen die Zentralwaffenkammer und der Männervollzug. Regelbetrieb und Umzug der Inhaftierten sollen Ende Januar/Anfang Februar 2036 erfolgen. Nach der Schlussabrechnung soll im Juli 2038 das Projekt abgeschlossen sein. Allerdings sind auch detaillierte Zeitpläne in der aktuell angespannten Lage der Baubranche nicht in Stein gemeißelt. Alle avisierten Meilensteine sind also frühestens zum benannten Zeitraum gerechnet. Weitere Verzögerungen sind durchaus möglich.

Rundschau abonnieren