Ausrangiert, verfallen, gebraucht„Das Odradek-Projekt“ – künstlerische Sinnsuche im Zündorfer Wehrturm

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Sie stellen im Wehrturm aus: Hyacinta Hovestadt, Helmut Brandt und Martin Langer.

Sie stellen im Wehrturm aus: Hyacinta Hovestadt, Helmut Brandt und Martin Langer.

Jedes Ausstellungsstück im Wehrturm-Museum ruft Erinnerungen an ausrangierte Gegenstände wach und öffnet zugleich den Zugang zu Neuem.

Vertraut und doch mysteriös, präsent und doch kaum zu finden, funktionslos und doch in seiner Existenz sinnvoll – so wird das Wesen Odradek in Franz Kafkas Erzählung „Die Sorge des Hausvaters“ beschrieben. Kafkas nicht fassbare und zum Weiterdenken anregende Wesens-Erfindung hat schon viele Künstler beschäftigt, kann sie doch als Einladung zum Geschichtenerzählen verstanden werden. Helmut Brandt, Hyacinta Hovestadt und Martin Langer haben ihre gemeinsame Ausstellung im Wehrturm-Museum als „Das Odradek-Projekt“ angelegt und den alten Turm mit hinreißenden Kunstwerken ausgestattet.

Jedes Ausstellungsstück für sich ruft Erinnerung an Ausrangiertes, Gebrauchtes wach. Es eröffnet zugleich den Zugang zu Neuem, das durch Umstrukturierung ins Leben drängt, und beim Betrachten beginnt eine für jeden Gast eigene Erzählung.

Die drei Künstler eint der Sinn für Verfallenes

Brigitte Mekelburg stellte bei der Vernissage auf Einladung des Fördervereins Zündorfer Wehrturm die Liebe zum Geheimnis und den Sinn für Verfallenes, der die drei Kunstschaffenden eint, in den Fokus. Helmut Brandt als Initiator des Projekts sucht und findet im Abgenutzten eine eigene Sprache. So fügt er Farbpigmente, die beim Pinselauswaschen übrigbleiben, zu Strukturen zusammen, die von Vergänglichkeit und Zukunft berichten. Das Ausprobieren reizt ihn, mit Gaunerzinken und geheimnisvollen Schriftzeichen gibt er Rätsel auf, sein bisweilen schroffer Umgang mit Oberflächen ist spannend.

Hyacinta (Cinta) Hovestadt wird vom Ausrangierten inspiriert. Kartonagen aus Wellpappe verwandelt sie in Skulpturen, die durch Wellenstruktur der Pappe quasi lebendig werden. Die Objekte scheinen organisch gewachsen zu sein, wirken zugleich archaisch und modern. Eine abgenutzte Holz-Jalousie, von der Künstlerin auseinandergenommen und neu arrangiert, erzählt von der Schönheit ihrer einstigen Funktion und der Sinnhaftigkeit ihrer Neuverwendung.

Martin Langer, von Hause aus Orgelbauer, hat in seiner künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Holz ein neues Erdzeitalter erfunden, das Xylische Zeitalter („Xylon“ ist Griechisch für Holz). Diesem Holz-Äon schreibt er Gegenstände zu, die eine nie ganz erforschte kultische oder alltägliche Bedeutung gehabt zu haben scheinen. Er präsentiert die Artefakte auf museale Weise, lädt zur Sinnsuche ein und führt höchst vergnüglich ins Absurde. Sehr sehenswert auch seine „Friedlinge“.


Das Odradek -Projekt ist im Museum Zündorfer Wehrturm, Hauptstraße 181, bis zum  21. April zu sehen, jeweils mittwochs und samstags von 15 bis 18 Uhr sowie sonntags von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet zwei Euro.

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