Präsident Stefan Herzig„Die TH Köln ist ein Ort der Vielfalt“

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Der TH Köln steht Stefan herzig seit dem Jahr 2018 als Präsident vor. Seine Amtzeit war von Umbrüchen geprägt.

Der TH Köln steht Stefan herzig seit dem Jahr 2018 als Präsident vor. Seine Amtzeit war von Umbrüchen geprägt.

Hochschul-Präsident Stefan Herzig geht in den Ruhestand. Er blickt im Rundschau-Interview  zurück auf eine ereignisreiche Zeit.

Als Präsident der TH Köln führte Professor Stefan Herzig die TH Köln seit 2018. Der 66-Jährige zieht im Gespräch mit Martina Windrath eine Bilanz zum Ende seiner Amtszeit am 30. April, dann tritt Professorin Sylvia Heuchemer die Nachfolge an.

Als sie 2018 als TH-Präsident starteten, konnten Sie noch nicht ahnen, dass Corona-Pandemie und andere Krisen besonders auch die Hochschulen extrem herausfordern werden. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Man sollte meinen, sechs Jahre sind eine lange Zeit, aber sie sind wie im Fluge vergangen und es ist heute Vieles Alltag, was man sich damals nicht vorgestellt hat. Das betrifft viele Bereiche - von der Digitalisierung bis zur Künstlichen Intelligenz, die mittlerweile das gesamte Lernen durchdringt.

Zuerst lief alles planmäßig?

Ich bin 2018 angetreten mit der deutlichen Wahrnehmung, dass die Hochschulentwicklungsplanung an der TH Köln sehr intensiv betrieben wird. Ich konnte mich gleich einbringen, um formulierte Ziele wie zum Beispiel die Internationalisierung, die Stärkung von Forschung und Transfer in die Praxis weiter voranzutreiben und neue Schwerpunkte mit dem Leitungsteam auf den Weg zu bringen.

Zum Beispiel?

Von Nachhaltigkeit in Zeiten des Klimawandels bis zu sozialen Fragen in einer alternden Gesellschaft. Hochschulen sind mehr denn je gefordert, aktuelle Bedarfe aufzugreifen, Impulse zu setzen und die Freiheit des wissenschaftlichen Diskurses hochzuhalten. Die TH Köln ist ein Ort der Vielfalt und des Miteinanders.

Das Miteinander hat durch die Pandemie ab 2020 auch gelitten: Für fast drei Jahre musste die TH mit Onlinebetrieb und hybriden Angeboten völlig neue Wege gehen. Hat sich die TH gewandelt?

Ob und wie die Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und andere Krisen auf welche Prozesse wie eingewirkt haben, ist differenziert zu betrachten. Eines ist klar: Die Hochschule, die Welt ist eine andere geworden. Die Digitalisierung der TH erlebte einen Schub. Unser Aufbau eines europäischen Partnerschaftsnetzwerkes konnte an manchen Stellen sogar beschleunigt werden. Anderes musste erst einmal auf Eis gelegt werden. Heute gehen wir wie selbstverständlich mit einer Kombination aus Präsenzlehre, hybriden und digitalen Online-Formaten um.

Der Hochschulmanager Stefan Herzig geht in den Ruhestand

Der Hochschulmanager Stefan Herzig geht in den Ruhestand

Was betrachten Sie als Meilensteine, besondere Erfolge?

Beim Ausbau der Forschung haben wir eine klare Profilbildung. Eine der wesentlichen Entwicklungen war die Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirats um auszuloten, wo es Leuchtturmbereiche gibt. Erste Spitzenprofilbereiche zeichnen sich ab, etwa fakultätsübergreifend im Bereich der Kreislaufwirtschaft und Künstlichen Intelligenz. Ein anderes Beispiel ist das GeneRobots-Projekt mit der Diakonie Michaelshoven, wo gemeinsam mit Seniorinnen und Senioren Unterstützungsangebote durch soziale Roboter erarbeitet werden. Beim Forschungstransfer haben wir zahlreiche Vorhaben mit anderen Akteuren auf den Weg gebracht. Dabei bringt die TH ihre Expertise etwa bei innovativen Perspektiven für das Rheinische Braunkohle-Revier mit ein. Und wir haben den Campus Leverkusen am eigenen Standort in Opladen eröffnet.

Wurden auch neue Studiengänge entwickelt?

Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Relativ früh in meiner Amtszeit wurden Studienangebote wie der „Code&Context“- gestartet. Mit vier neuen Professuren an vier beteiligten Fakultäten. Dabei geht es um Grundlagen des Programmierens in Zusammenhang mit Design und Entrepreneurship Education. Unser Ziel ist es, vermehrt auch Frauen dafür zu interessieren - ebenso wie im Maschinenbau. Allgemeines Anliegen ist die intensivierte Zusammenarbeit der Fakultäten und Institute. Das soll dazu dienen, die Potenziale der TH noch besser zu nutzen.

Zu Beginn Ihrer Amtszeit stellten Sie fest, dass die TH mehr Platz braucht und eine personelle Verbesserung der Betreuungsrelation ProfessorInnen/Studierende. Sind die Wünsche in Erfüllung gegangen?

Die letzten Jahre waren eher eine Phase der Konsolidierung als des Ausbaus, bis auf den Bereich der Forschung. Wir konnten insgesamt den Ist-Stand halten und die Qualität verbessern. Beim Einwerben von Drittmitteln, von Fördergeldern von außen, konnten wir von 2018 bis 2022 das Volumen verdoppeln von 18 auf nun 36 Millionen Euro. Die Studierendenzahlen sind nach einer Spitze vor drei Jahren leicht rückläufig, was teils der Demografie geschuldet ist, zum Teil eine bewusste Rückführung der Überbuchungspolitik. Wir werden auch künftig nicht weiter Studiengänge neu aufsetzen können, ohne im Bestand Verdichtungen vorzunehmen. Denn eine zusätzliche Finanzierung von Personal ist derzeit in der Politik nicht absehbar.


Professor Stefan Herzig (66) ist Humanmediziner, Pharmakologe und Hochschulmanager. Vor 14 Jahren wurde er an der Universität zu Köln Prorektor, ehe er 2018 als neuer Präsident an die TH Köln wechselte. Sie ist mit 23 500 Studierenden und 430 Professorinnen und Professoren die bundesweit größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Am 1. Mai 2024 tritt Professorin Sylvia Heuchemer seine Nachfolge an. Die Volkswirtin ist seit 2009 hauptamtliche Vizepräsidentin für Lehre und Studium an der TH.(MW)


Nach langen Verzögerungen wird die Modernisierung und Erweiterung des Campus' Deutz ein besonderer Kraftakt - die Umsetzung läuft dann ohne Sie.

Meiner Nachfolgerin und Kollegin Professorin Sylvia Heuchemer ist sehr zu wünschen, dass sie die ersten neuen Gebäude in ihrer Amtszeit eröffnen kann!

Schmieden Sie schon Pläne für den sogenannten Ruhestand? Motorradtouren machen?

Ich werde der TH Köln verbunden bleiben, aber nicht den Versuch machen, in die Geschicke der Hochschule einzugreifen. Ich möchte gern einige Ehrenämter aufrechterhalten, Französisch lernen und vermehrt mit meiner Frau reisen, versuchen mit Freude zu lesen, Motorrad fahren. Ich setze auf ein Stück Lebensweisheit: Als meine Söhne noch klein waren, war meine Herangehensweise: Es werden Dinge passieren, auf die man nicht vorbereitet ist. Aber es findet sich eine Lösung!

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