„Fidelio am Rhing“Divertissementchen huldigt Beethoven und den Bläck Fööss

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Divertissementchen Bühne 2

Der Freiheitskampf der Jugendbewegung, Lebensgefühl und Musik der 68er verschmelzen mit Beethovens Freiheitsoper "Fidelio". 

  • Am Wochenende feierte das neue Divertissementchen „Fidelio am Rhing“ in Köln Premiere.
  • Bei dem Freiheitsdrama handelt es sich um Beethovens einzige Oper.
  • Anlässlich zu dessen 250. Geburtstag und dem 50-jährigen Bestehen der Mundartgruppe „Bläck Fööss“, der „Mutter aller kölschen Bands“, wurde das Stück aufgeführt.

Köln – Den „Mythos Beethoven“ hat ein einziges Porträt entworfen, das einst in vier Sitzungen beim Meister daselbst entstanden ist. Und natürlich findet sich im  Ensemble der Spielgemeinschaft Cäcilia Wolkenburg ein solcher Typ Mann, den die Maske in jenen griesgrämig heroischen Ludwig van Beethoven verwandeln kann, dessen bloßes Erscheinen als ausgewiesener Muffkopp und Muutzepuckel Heiterkeitsstürme erzeugt.

Auf das Lächeln des Ludwigs dürfen die Besucher im Staatenhaus kurzweilige gute drei Stunden warten, aber dann ist das Happy End so gewaltig, dass sich selbst die Gesichtszüge des Bonner Weltkomponisten entspannen: „Fidelio am Rhing“ heißt das neue Divertissementchen, das am Wochenende Premiere feierte und selbst einen Beethoven erheitern kann.

Oper spielt im Köln von 1970

Dem Stammregisseur Lajos Wenzel gelang mit einem Kunstgriff, das Freiheitsdrama „Fidelio“, Beethovens einzige Oper, zum 250. Geburtstag des Komponisten mit dem 50-jährigen Bestehen der Mundartgruppe „Bläck Fööss“, der „Mutter aller kölschen Bands“, zu verquicken. So spielt die Oper auch nicht in Spanien, sondern in Köln im Jahre 1970, dem Gründungsjahr der Fööss und dem 200. Geburtstag Beethovens. Der schält sich aus der Kanalisation und guckt sehr schlecht gelaunt, weil er in Köln und nicht in Bonn gelandet ist. So sitzt er jetzt direkt am Klingelpütz, dem JVA, wo das rheinische Leben zwischen Kiosk und Eiskaffee seinen Lauf nimmt.

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Aus dem aus politischen Gründen verfolgten Florestan in der Oper wird nun „Bömmel“, noch aktives Mitglied der Fööss, den der korrupte Gefängnisdirektor als Verbindungsmann des „Festkomitees des Kölner Karneval“ mitsamt der Gitarre eingelocht hat, um die seriösen Karnevalsbühnen vor dem Einzug der langhaarigen Stromgitarristen zu schützen. Bömmel hat natürlich ein Liebchen namens Leo-„Nora“, die ihren Hippie-Barden befreien will und deshalb sich in Herrenklamotten als „Fidelio“ im Knast als Lehrling bewirbt. Wie in der Oper verliebt sich sogleich ein anderes Mädel in den neuen Lehrling, das heitere Drama füllt sich mit Verwechslung, dunklen Gestalten mit Karnevalsmützen und unspektakulären Randfiguren, die unzählige urige kölsche Sprüche abfeuern – immer wieder gerne gehört.

Oper wird zur Revue

Aus der schweren Oper wird eine Revue, auch durch die immer wieder antrabenden Ballettratten, die in kecken Kostümen vom Ledernacken bis zur Brautmoden-Gehilfin eine hinreißende Sohle aufs Parkett legen, letztere zum Hochzeitsmarsch aus Birkesdorf. Die verschiedenen Welten der JVA-Beamten und Schupo-Tracht, wild rauchende Hippies im VW-Bus und Bonzen in Limousinen bringen herrlich bunte Ensemble-Szenen hervor, in denen dann ein heiteres Liedchen folgt.

Im zweiten Akt, der jetzt im Blech, also im Knast spielt, kommt mit dem Aufseher Frosch Operettenstimmung auf. Hier erklingt der Gefangenenchor aus Fidelio, und auch das berühmte Sextett erklingt im Kern. Aber es ist ein ganz großer Vorzug dieser Adaption, dass Beethovens Musik nicht das Stück beherrscht, sondern gleichwertig neben Schlager und Fööss-Titel der Siebziger tritt.

Thomas Guthoff hat wie gewohnt die Musik sehr geschickt und geschmackvoll arrangiert, zur Vor-Premiere dirigierte Bernhard Steiner die Bergischen Symphoniker und die darin integrierte Band Westwood Slickers. Beide sitzen leider hinter der Bühne und werden elektronisch übertragen – das gelang vor der Premiere nur andeutungsweise.

Ein echter Kracher fehlt der unter der Gesamtleitung von Jürgen Nimptsch stehenden Produktion, was dazu führt, das die gesamte Schlusssequenz samt dem vertrauten Zillche vun Kölle ein so charmantes Stelldichein der stilecht charakterisierten Typen ergibt, die ohne Raketen ein völlig beglückendes Ende liefern. Und der nun lächelnde Beethoven vergisst seinen Muffkopp und erfindet im Überschwang  mit seinem Rat auch noch die Fööss: Singt in eurer Muttersprache! Daran arbeitet sehr erfolgreich auch in diesem Jahr das Divertissementchen.

3 Stunden mit Pause. Aufführungen 26., 28., 29.-31.1. sowie 1., 2., 5, 9.-11., 14., 16., 18., 19.-21., 23. U. 25.2 im Staatenhaus Saal 1. Karten-Tel.: (0221) 221 28400

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