ExpertentippsWegen Behandlungsfehlern nicht sofort zum Anwalt

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Arzt

Symbolbild.

Falsche oder fehlende Diagnosen, unzureichende Aufklärung oder nicht fachgerecht durchgeführte Operationen -Tausende Patienten werden in Deutschland jedes Jahr Opfer von Behandlungsfehlern. Diese nachzuweisen ist aber häufig schwierig und meist ein langer Prozess. Und viele Patienten wissen nicht, wie sie bei Verdacht richtig reagieren. Wichtige Fragen im Überblick:

Wie häufig passieren Behandlungsfehler?

Eine bundesweite Statistik gibt es nicht. Dennoch gibt es einige Zahlen: Rund 15 000 Patienten wenden sich jedes Jahr mit dem Verdacht auf einen medizinischen Behandlungsfehler an ihre Krankenkasse, etwa ein Viertel davon wird bestätigt. Hinzu kommen jährlich noch einmal rund 12 000 Fälle, die die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Landesärztekammern untersuchen. Im Schnitt werde hier bei jedem dritten ein Behandlungsfehler nachgewiesen. Die Gesamtzahl der Behandlungsfehler ist nach Schätzungen aber höher.

In welchem Bereich geschehen die meisten Fehler?

Die häufigsten Patienten-Beschwerden gibt es nach Operationen, insbesondere in den Bereichen Orthopädie und Unfallchirurgie.

Das liege aber nicht daran, dass Ärzte dort auch die häufigsten Fehler machten, sagt Ulrich Langenberg, geschäftsführender Arzt der Ärztekammer Nordrhein. Das bestätigt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK): Grund sei, dass Behandlungsfehler in diesem Bereich am leichtesten nachzuweisen seien. Und sie würden dort am ehesten von den Patienten vermutet.

Was kann ich im Verdachtsfall tun?

Zunächst sollte der Patient mit dem Arzt sprechen und gegebenenfalls eine zweite Meinung eines anderen Mediziners einholen. Bringt das nichts, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:

Wann kann ich mich an die Krankenkasse wenden?

Gesetzlich Versicherte können sich an ihre Krankenkasse wenden. Sie müssen dann einen Fragebogen ausfüllen, den Sachverhalt schildern und den Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden. Danach holt die Kasse die medizinischen Unterlagen bei Ärzten und Krankenhäusern ein - und beauftragt den MDK, ein Gutachten zu erstellen. Der Arzt wird dabei in aller Regel nicht befragt.

Der Vorteil des MDK-Gutachtens: "Wenn dieses negativ für den Patienten ausfällt, bekommt es die Gegenseite nicht mit", erklärt Rechtsanwältin Isabel Bals vom Ausschuss für Medizinrecht im Kölner Anwaltverein. Denn dem Arzt wird das Ergebnis nicht mitgeteilt.

Wie kann ich einen Auftrag an die Gutachterkommission stellen?

Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Landesärztekammern bieten ebenfalls kostenlose Gutachten an. Im Gegensatz zum MDK organisiert die Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein immer alle Behandlungsunterlagen selbst und befragt immer auch den Arzt. Akzeptiert der Patient das erste Gutachten nicht, bietet diese immer die Möglichkeit, die Sache ein zweites Mal von einem weiteren Mediziner und einem Juristen prüfen zu lassen.

"Fällt dieses allerdings wieder negativ für den Patienten aus, ist außergerichtlich nicht mehr viel zu machen", sagt die Fachanwältin für Medizinrecht Isabel Bals. Dann könne der Patient nur noch klagen. Auf der anderen Seite: Gebe das Gutachten dem Patienten Recht, werde der Arzt dieses in der Regel akzeptieren. Es sei daher wichtig, zunächst zu prüfen, ob eine solche Schlichtung im betreffenden Fall der richtige Weg sei.

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