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Fitness und SpaßDas steckt hinter dem Trend Parkour

Lesezeit 4 Minuten
Parkour

An öffentlichen Orten irgendwo in der Stadt wird geübt. Auch Treppen und ihre Geländer eignen sich.

Sie sehen aus wie Figuren in einem Computerspiel, die sich auf dem Weg durch die Stadt mühelos von Ast zu Ast schwingen und über Mauern springen. Diese Art der Fortbewegung, bei der man scheinbare Hindernisse in seinen Weg einbaut und spielerisch überwindet, nennt sich Parkour. Geübt wird stets an öffentlichen Orten, meist irgendwo in der Stadt. "Es sollten viele verschiedene Bewegungsmöglichkeiten vorhanden sein, damit man springen, hangeln und auch etwas auf dem Boden machen kann", erklärt Giulio Hesse vom Verein "Parkour Movement", der in Köln verschiedene Kurse anbietet.

Traceur als Einzelkämpfer oder mit Team

Der Sportler selbst wird Traceur genannt, was sich sinngemäß mit "Wegfinder" übersetzen lässt. Jeder Traceur setzt sich eigene Ziele, trainiert wird trotzdem häufig in der Gruppe. Wettkämpfe werden abgelehnt. Vorgaben oder Regeln, die man befolgen müsste, gibt es so gut wie gar nicht. Allerdings sollten die Übenden sich an einen bestimmten Verhaltenskodex halten. "Konkret heißt das: Wir passen auf uns selbst auf und übernehmen Verantwortung für unsere Handlungen, zollen aber auch unseren Mitmenschen Respekt, achten zum Beispiel auf unsere Lauf- und Sprungwege. Wenn wir an öffentlichen Gebäuden üben und sich der Hausmeister beschwert, gehen wir woanders hin. Viele wundern sich nämlich und denken, wir machen etwas kaputt, dabei sind wir sehr achtsam. Das bedeutet auch, dass wir auf die Umwelt achten und keinen Müll hinterlassen", erklärt Giulio Hesse.

Keine Ausrüstung nötig

Die einzigen Voraussetzungen, die man für diesen Sport braucht, sind Freude an Bewegung und Lust auf Herausforderungen. Bis auf bequeme Sportkleidung ist keine Ausrüstung nötig. Natürlich erfordert es Kraft und Körperbeherrschung, sich an Ästen entlang zu hangeln und über Hindernisse zu springen. Dazu ist auch Selbstdisziplin, ein starker Wille und Geduld nötig.

Am Anfang sollte man einige Grundlagentechniken lernen. "Neue Sportler müssen sich langsam an jede Bewegung herantasten und sie auf niedrigem Niveau solange üben, bis sie wirklich sicher sitzt. Dann kann es schon losgehen. Wenn man anfängt, Parkour zu trainieren, verändert sich die gesamte Wahrnehmung und der Blick für die Umgebung. Jeder Ort inspiriert zu anderen Bewegungen. Man wird immer neue Wege entdecken: Wo vorher Mauern, Geländer und Poller herumstanden, sieht man plötzlich einen Spielplatz voller interessanter Hindernisse, die es zu überwinden gilt", sagt Hesse.

Info und Kontakt

Der Verein "Parkour Movement" bietet verschiedene Trainingsstunden für Kinder und Erwachsene an, es gibt auch einen speziellen Mädchenkursus. Das Team besteht aus Pädagogen, Trainern und Übungsleitern. Viele Kurse werden vom Mülheimer Turnverein veranstaltet. Die Treffpunkte wechseln monatlich. Am zweiten Samstag im Moment findet immer der "Jumpstag" statt, ein Workshop speziell für Anfänger ab 12 Jahren. Weitere Infos und Probetermine unter:

parkour-movement.com

Viele Traceure beschreiben Parkour als ein Gefühl großer Freiheit, weil sie sich flüssig und natürlich in ihrer Umgebung bewegen. Als Inspiration gilt die "Mèthode Naturelle" von David Belle. Der Franzose lernte von seinem Vater, einem ehemaligen Vietnamsoldaten, sich in den Wäldern Nordfrankreichs natürlich durch die Landschaft mit ihren gegebenen Hindernissen zu bewegen, stets im Einklang mit der Umwelt. Ende der 80er Jahre übertrug Belle diese Methode auf den urbanen Raum.

Parkour ist ein gutes Krafttraining, schult aber auch den Kopf: "Die Ebenen von Körper und Geist lassen sich bei diesem Sport nicht trennen", sagt Hesse. Im Training würden einerseits Bewegungen präzisiert sowie Kraft, Körperbeherrschung, Kontrolle und Gleichgewichtssinn trainiert. Dabei verbesserten sich andererseits zugleich Selbsteinschätzung, Selbstdisziplin, Konzentration und Ausdauer.

"Ein Traceur sollte stets versuchen, ein harmonisches Gleichgewicht dieser Fähigkeiten auf beiden Ebenen anzustreben. Einen dieser Aspekte zu vernachlässigen, zum Beispiel, weil man schneller weiter kommen will, ohne die Basics intensiv zu üben, kann gefährlich sein und das Verletzungsrisiko erhöhen", sagt Giulio Hesse. Es komme nicht nur auf körperliche Stärke an; der sogenannte Spirit, der Geist, sei ebenso wichtig. "Wir möchten beim Parkour körperliche und mentale Grenzen entdecken und Schritt für Schritt erweitern. Auch mit den eigenen Ängsten, zum Beispiel Höhenangst, setzt man sich auseinander, immer mit dem Ziel, diese zu überwinden, ohne den Respekt vor dem Hindernis zu verlieren. Dieses neu gewonnene Selbstvertrauen lasse sich auch auf den Alltag übertragen. Giulio Hesse: "Durch Parkour lernt man sich selbst besser kennen."

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