In und um KölnHier können Stadtkinder einen Tag Natur erleben

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Kinder in der Natur

Eine Schaukel wie auf Bullerbü.

Köln – Glaubt man den Zahlen der Deutschen Wildtierstiftung ist die Hälfte aller vier- bis zwölfjährigen Kinder noch nie allein auf einem Baum geklettert und fast ein Viertel hat niemals ein freilebendes Tier gesehen. Was ist los mit uns und unseren Kindern?

Sicher, man kann auch ein prima Leben verbringen ohne sich jemals an einer rauen Baumrinde abgemüht oder einen Falken beobachtet zu haben. Und nicht jedes Stadtkind hat die Möglichkeit dazu - in einem urbanen Umfeld, wo alles Wilde wie Feuerstellen und Baumhäuser selbstverständlich verboten ist. Also, keine Abenteuer mehr? Kein Ausprobieren, keine Gefahr, kein Nervenkitzel?

Aggerbogen

Die Naturschule im Aggerbogen ist ein 16 Hektar großer Landschaftsgarten am Aggerbogen Lohmar. Das Naturzentrum betreut Kinder und Erwachsene.

www.lohmar.de

In Köln und in der Umgebung halten immer mehr Pädagogen, Geographen, Naturliebhaber, Mütter und Väter gegen diese Tendenz. Sie haben spannende Angebote ins Leben gerufen, um den Kindern ungewöhnliche Naturerfahrungen zu ermöglichen und sie auch so in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken.

Wir haben die Naturschule im Aggerbogen besucht. Wie viele andere Anbieter will auch deren Leiterin Manuela Giannetti den Kindern neben all den medialen Angeboten und sportlichen Aktivitäten mehr Natur ermöglichen.

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Zwischen Bäumen kann man den perfekten Klet­ter­gar­ten auch für Kinder spannen.

Sie sagt: "In allen Kindern steckt doch die Sehnsucht nach einem kleinen Stück Bullerbü, wo man den ganzen Tag machen kann, was der Tag zu bieten hat: Klettern, Unsinn machen, sich langweilen und dann vielleicht sogar mit schmutzigen Füßen ins Bett gehen."

Wie man einen wilden Tag mit einer Horde Kinder selbst gestalten kann, hat sie uns mit ihren Kolleginnen gezeigt. Auch Schnitzen gehört für sie zu einem wilden Tag selbstverständlich dazu. Naturerlebnis-Pädagogin Angela Schulte und Autorin der Schnitz-Werkstatt hat uns erklärt, wie man mit kleinen Kindern am besten klettert und mit dem Schnitzen beginnt.

Kinder in der Natur (2)

Zwischen Bäumen kann man den perfekten Klet­ter­gar­ten auch für Kinder spannen.

Wie kann eigentlich ein eigener Klettergarten aussehen?

Wer einen eigenen kleinen Klettergarten bauen möchte, hat dazu viel Möglichkeiten. Drei stellen wir vor: Seilbrücke mit parallel gespanntem Halteseil, Slackline und Riesen-Schaukel. Die Höhe sollte immer dem Alter der Kinder angepasst werden - und einen Meter nicht überschreiten.

Was können die Kinder dort erleben?

Über das Seil balancieren die Kinder seitwärts. Dabei können sie sich mit den Händen an einem weiteren parallelen Seil festhalten. Über die Slackline gehen die Kinder vorsichtig vorwärts, mit nach außen gedrehten Füßen. ("Weißt Du, wie ein Clown geht?") Bei beiden Elementen ist Körperspannung, Konzentration und Ruhe gefordert. Die Riesen-Schaukel lässt sich nur in Teamwork erklimmen. Mit Hilfe von Räuberleiter und kräftigem Hochziehen sollte es die Gruppe gemeinsam schaffen. Das gemeinsame Schaukeln macht dann noch mehr Spaß. Alle Kletter-Elemente kann man in wilde Geschichten einbetten, die die Spannung noch weiter erhöhen: ("Stellt Euch vor, Ihr müsst Euch von einem Piratenschiff zum anderen hangeln und unter Euch versuchen, die Haie nach Euch zu schnappen!") Auch Aufwärmspiele in Zweiergruppen können schon für eine Menge Spaß sorgen.

Was brauche ich für diese Kletterelemente?

Die Seile zum Spannen zwischen den Bäumen sollten zehn Millimeter Durchmesser haben. Hier wurde so genanntes Edelrid-Seil in 15 oder 30 Meter Länge verwendet. Als Schaukelsitz wurde ein Baumstamm verwendet. Als Alternative kann man auch Teile von Feuerwehrschläuchen verwenden. Zur Befestigung des Holzes am gespannten Seil und als kleine Kletterhilfen wurden viele farbige Reepschnüre in acht Millimeter Durchmesser verwendet - eine Slackline, sowie mehrere Teppichreste zum Schutz der Baumrinde.

Welche Knotentechniken sind notwendig?

Bei diesen drei Elementen wurden vier Knoten verwendet: Zum Spannen der Baumverbindungen wurde der doppelte Achterknoten auf der einen sowie die Spann-und Wickeltechnik auf der anderen Seite verwendet. (Achtung, Knoten-Namen können unterschiedlich sein!) Zum Aufhängen der Schaukel-Elemente benötigt man Mastwurf und Seilschlinge.

Wie lange dauert es, diesen Klettergarten aufzubauen?

Um den vorgestellten Klettergarten aufzubauen, benötigt man mit geübter Knoten-Technik ungefähr zwei Stunden. Wichtig ist, dass die Bäume stark genug, die Seile möglichst fest gespannt sind und die Knoten perfekt sitzen. Die Bäume sollten bei der Anbringung an der Rinde mit Teppichresten geschützt werden. Knoten-Anfänger sollten auf jeden Fall üben, bevor sie mit Kindern losziehen und im Zweifel auch erst einmal nur ein Element aufbauen.

Ab welchem Alter dürfen Kinder schnitzen?

Auf ein Alter für den Einstieg festlegen mag sich Astrid Schulte nicht. "Kinder können mit vier Jahren befähigt sein, das Messer zu führen." Klar ist: Wer den Umgang gewohnt ist, weil er etwa schon früh in der Küche mitschnippeln darf, der schneidet sich auch nicht so schnell, wenn er mal in einem unbeobachteten Moment ein Messer in die Finger kriegt.

Was braucht man alles zum Schnitzen?

Ein Stück Holz und ein Messer natürlich, aber es gibt noch weitere Werkzeuge, die hilfreich sein können. Eine Kindersäge zum Kürzen von Stöcken, Schleifpapier zum Schmirgeln und ein Kastanienbohrer oder ein Handbohrer für Löcher zum Beispiel.

Welches Messer eignet sich am besten?

Ganz wichtig: Das Messer muss scharf sein. "Mit stumpfen Messern ist die Verletzungsgefahr viel größer", sagt Schulte. Taschenmesser sind praktisch, weil sie gut in die Hosentasche passen. Für den Anfang eignet sich ein Messer mit abgerundeter Klinge und Arretiervorrichtung, damit die Klinge fest stehen bleibt. Außerdem sollte sich das Messer zusammenklappen lassen.

Wie bringt man Kindern den sicheren Messer-Umgang bei?

Wichtig ist zunächst eine gute Sitzposition: "Beide Beine stehen fest auf dem Boden, der Oberkörper ist nach vorn gebeugt und die Unterarme liegen auf den Oberschenkeln", sagt Schulte. "So schnitzt das Kind immer vor dem Körper." Das Messer sollte nie zur haltenden Hand hin bewegt werden, sondern vom Körper weg. Wer mit den Holzfasern arbeitet, statt gegen die Maserung zu arbeiten, hat es leichter.

Gibt es die perfekte Schnitz-Technik?

Eine Hand hält das Messer, die andere das Holz. Geschnitzt wird vom Körper weg. Die Klinge wird vorsichtig in das Holz gedrückt. Rechtshänder ziehen das Messer dabei nach rechts, Linkshänder nach links. Je nach Schnitzwinkel kann man grober oder feiner schnitzen. Liegt das Messer fast flach auf dem Holz auf, sind feinere Schnitte möglich. Ein größerer Winkel eignet sich besser für grobe Arbeiten, bei denen viel weggeschnitzt werden soll. Genauer schnitzen lässt es sich, wenn man mit dem Daumen der haltenden Hand auf die stumpfe Seite des Messers drückt und das Messer so nach vorne bewegt.

Wie kann man vermeiden, dass das Kind sich verletzt?

"Eine Verletzung vermeide ich am besten, indem ich mein Kind vorab mit den Regeln vertraut mache, die Sitzposition erkläre und das richtige frische Holz zum Schnitzen suche", sagt Astrid Schulte. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, könne schon vor dem Schnitzen um den Zeigefinger der das Holzstück haltenden Hand ein Pflaster wickeln.

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