Redaktions-TestSechs neue Brettspiele für den Spieleabend

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Brettspiele

Wenige Regeln, aber eine beachtliche Spieltiefe bietet Century - Die Gewürzstraße.

Im Spiel ist die Welt grenzenlos. Spiele überwinden Raum und Zeit. Heute reisen wir in das Malta des 16. Jahrhunderts, morgen suchen wir die legendäre Goldstadt El Dorado im Dschungel Südamerikas oder züchten Schafe in Irland. Als Spieler verlassen wir unsere Welt und bleiben doch zu Hause. Wir setzen uns haarsträubenden Gefahren aus, und doch ist das Spielen gefahrlos.

Die Verlage haben eine Reihe neuer Titel veröffentlicht, die einen spannenden Urlaub vom Alltag versprechen. Schön illustrierte Karten sind ihr Motor. Das Grundkonzept ist oft ähnlich, das Spielgefühl aber ganz unterschiedlich. Lassen Sie sich überraschen.

Valletta

Malta 1566: Der Malteserorden baut die Festungsstadt Valletta. Und die Spieler bauen kräftig mit. Jeder verfügt über den gleichen Satz Personenkarten. Die Handwerker verschaffen einem Rohstoffe wie Ziegel, Holz, Steine oder Gold. Der Baumeister baut daraus Häuser. Die bringen Siegpunkte, vor allem aber bekommt man eine zum Haus gehörende Personenkarte. Diese erweitert den ursprünglichen Kartensatz. Karten sind wertvoll, denn sie eröffnen weitere Möglichkeiten. Mit ihnen baut man billiger, kassiert Zoll bei den Konkurrenten oder erhält Siegpunkte. Bei "Valletta" muss man genau beachten, welche Gebäude mit welchen Personen im Angebot sind. Deren Wechselwirkungen sind entscheidend. Es gilt, daraus eine Strategie zu entwerfen. Etwas Glück ist auch dabei, denn man hat immer nur einen Teil seines Kartensatzes auf der Hand. "Valletta" ist ein spannendes Optimierungsspiel mit wenig direkter Konfrontation der Gegner.

Valletta von Stefan Dorra, 2 bis 4 Personen ab 10 Jahren, ca. 45 bis 90 Min., Hans im Glück, ca. 35 Euro.

www.hans-im-glueck.de

Sheep & Thief

Es sieht aus wie ein niedliches Kinderspiel, aber hinter der netten Fassade verbirgt sich ein knallhartes, gemeines Spiel für skrupellose Schafzüchter. Jeder Spieler beginnt mit einer Farm und einem Schaf, der Rest des Plans ist noch leer. Zug um Zug füllt sich der Plan mit Karten. Diese bringen Wege, Bäche, Hunde, Füchse und natürlich weitere Schafe ins Spiel. Die Wege, Bäche und Schafe zählen am Ende als Siegpunkte. Mit den Hunden treibt man seine Schafe in die sicheren Ställe, die diebischen Füchse bedrohen nämlich den Schafbestand. Wird eine solche Karte gelegt, bewegen sich die Füchse auf allen Spielplänen zugleich. Schafe, denen sie dabei begegnen, treiben sie dem aktiven Spieler zu. Das Dilemma ist permanent: Wie vergrößere und schütze ich meine Herde? Wie baue ich wertvolle Wege und Bäche? Kann ich den Gegnern Schafe klauen? Warum habe immer ich die falschen Karten?! "Sheep & Thief" ist ein einfaches, spannendes und schön gemeines Taktikspiel.

Sheep & Thief von Yuichi Sakashita, 2 bis 4 Personen ab 8 Jahren, ca. 40 Min., Pegasus, ca. 25 Euro.

www.pegasus.de

Wettlauf nach El Dorado

Auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland "El Dorado" müssen die Expeditionen große Wasserflächen, Dschungel und Wüsten durchqueren. Um ein Feld zu betreten, spielt man die passende Karte aus. Zunächst reichen niedrige Werte, später braucht man stärkere Karten. Deswegen kauft man sich eine immer bessere Kartenhand zusammen. Natürlich reichen die eigenen Ressourcen nie aus, das Optimum zu erwerben. Und man hat auch nur einen Teil seiner Karten auf der Hand, der Rest wird später aufgenommen. Böse, wenn die Expedition mitten im Dschungel warten muss, dass die entscheidende Karte endlich kommt. Neben etwas Glück ist die genaue Abstimmung von Strecke und Kartensatz entscheidend. Das erzeugt eine große, permanente Spannung. "El Dorado" besticht durch seine Vielseitigkeit. Der flexible Spielplan und die Regelvariante bieten immer neue Herausforderungen. Wer auf dem Weg zum Goldland scheitert, wird beim nächsten Versuch eine andere Taktik wählen.

Wettlauf nach El Dorado von Reiner Knizia, 2 bis 4 Personen ab 10 Jahren, ca. 60 Min., Ravensburger, ca. 38 Euro.

www.ravensburger.de

Century

Vor Jahrhunderten waren im fernen Orient Safran, Zimt oder Kardamom wertvoller als Gold. Können wir die nötigen Gewürze erhandeln, erfüllen wir damit lukrative Aufträge. Beispielsweise erhalten wir für vier Kardamome zwölf Punkte. Vielleicht gibt es noch einen Bonus in Gold dazu. Karten steuern das Geschehen. Ausgespielt erhalten wir dafür weitere Gewürze. Oder wir können damit Gewürze austauschen, zum Beispiel fünf Kurkuma gegen zwei wertvolle Safran. Nehmen wir weitere Karten auf die Hand, erhalten wir dadurch mehr Tauschmöglichkeiten. Mit den Karten bauen wir uns eine effiziente Beschaffungs- und Tauschkette auf. Aber wer zu oft Karten nimmt, verpasst die Gelegenheit, sie auszuspielen. Dann ist der Gegner schneller und nimmt sich die Aufträge. "Gewürzstraße" bietet mit ganz wenigen Regeln eine beachtliche Spieltiefe. Nur wenn jemand zu lange grübelt, stört das den Spielfluss. Ein ausgezeichnetes und stimmiges Material rundet das gute Spiel perfekt ab.

Century - Die Gewürzstraße von Emerson Matsuuchi, 2 bis 5 Personen ab 8 Jahren, ca. 45 Min., Abacus, ca. 35 Euro.

www.abacusspiele.com

Ulm

Um das Jahr 1500 beginnt in Ulm das "Goldene Zeitalter" Die Stadt ist ein reiches Kultur- und Handelszentrum; die Münsterkirche strebt zum Himmel. An diesem Reichtum wollen wir teilhaben. Jedes Stadtviertel bietet interessante Investitionsmöglichkeiten. Kann man gar ein Viertel beherrschen, kassiert man sogar bei den Aktionen der Konkurrenten mit. Verbindungen zu wichtigen Honoratioren der Stadt oder bedeutenden Kirchenmännern wollen geknüpft werden. Beim Bau des Münsters sollte man ebenfalls seine Hand im Spiel haben. Und ein wohlgefülltes Handelskontor ist sehr empfehlenswert. "Ulm" hat ein originelles und spannendes Spielprinzip. Das schöne und funktionale Material und die klare Regel machen das Lernen einfach. Ohne eine durchdachte Strategie hat man bei "Ulm" keine Chance. Dennoch gilt es, taktisch flexibel zu bleiben. "Ulm" lässt den Spieler immer wieder neue Möglichkeiten entdecken. Sehr gelungen!

Ulm von Günter Burkhardt, 2 bis 4 Personen ab 10 Jahren, ca. 90 Min., Huch! & friends, ca. 36 Euro.

www.hutter-trade.com

Santo Domingo

Als Drehscheibe des Handels mit der Neuen Welt galt Santo Domingo im 16. Jahrhundert.! Da wollen die Spieler kräftig mitkassieren. Dazu schlüpfen sie in verschiedene Rollen wie Kapitän, Kaufmann oder Zöllner. Gleichzeitig legt jeder seine Rollenkarte, dann wird ausgewertet. Zunächst werden die schwachen Karten ausgeführt. Sie bringen nur wenig Waren oder Prestige ein, dafür sind sie recht sicher. Die starken Karten versprechen großen Profit, aber nur dann, wenn zuvor die schwächeren nicht alles abgeräumt haben. Die beständige Unsicherheit macht das Spiel spannend. Welche Rolle werden die Gegner wählen? Kann ich Waren jetzt profitabel verkaufen? Das Glück spielt eine entscheidende Rolle, dennoch ist man ihm nicht hilflos ausgeliefert. "Santo Domingo" ist ein einfaches, schnelles Spiel, bei dem der große Coup und die Schadenfreude über den großen Flop nahe beieinanderliegen.

Santo Domingo von Stefan Risthaus, 2 bis 6 Personen ab 8 Jahren, ca. 25 Min., Pegasus, ca. 10 Euro.

www.pegasus.de

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