Sicheren Job aufgegebenTraum verwirklicht – Daniela Denz leitet Harley Davidson Köln

Lesezeit 4 Minuten
Daniela Denz

Daniela Denz hatte schon früh eine Schwäche für Motoren.

Köln – Ein Werkstatt-Mitarbeiter brachte es ganz unverhohlen auf den Punkt: "Dann kommt die mit ihrem Hosenanzug aus ihrem warmen Berater-Büro und will uns sagen, wo es lang geht. Der gebe ich keine vier Wochen."

Das war kurz bevor Daniela Denz im vergangenen Jahr die Geschäftsführung des Kölner Ablegers der amerikanischen Kult-Motorradmarke Harley-Davidson übernahm.

"Abgeschreckt hat mich das aber nicht", sagt die große schlanke Frau mit den langen braunen Haaren.

"Mich Männern gegenüber durchzusetzen, das war ich gewöhnt." Die 40-Jährige war schon als Schülerin einer jungenlastigen Privatschule einziges Mädchen, später in ihrem Job als Beraterin bei einem Energie-Versorger waren wieder nur männliche Kollegen um sie herum.

Mit der Männer-Domäne Motorrad hatte Denz allerdings schon vor ihrem Karriere-Wechsel Kontakt in Form ihres Freundes, eines begeisterten Fahrers. Als Sozia war sie schon lange auf den kurvenreichen Strecken der Eifel oder des Bergischen Landes unterwegs. Im Herbst vorigen Jahres machte sie dann auch endlich den eigenen Führerschein.

Was für Frauen auch nichts Ungewöhnliches ist: In dem Harley-Stützpunkt an der Mülheimer Schanzenstraße angegliederten Fahrer-Club - in der Fachsprache Chapter genannt - gibt es stolze 40 Prozent selbstfahrende Frauen.

Trotzdem hängen an der Welt der blitzenden Bikes noch mindestens so viele Vorurteile, wie eine gut gebaute Harley PS hat.

Eltern fielen aus allen Wolken

"Als ich meinen Eltern sagte, dass ich meinen Job kündige und das Angebot bei Harley Davidson annehme, fielen die aus allen Wolken". Dass sie unter die Räuber fallen würde, nämlich unter die bösen Buben der Motorrad-Gangs wie Hells Angels und Bandidos war die Befürchtung. Doch Denz' Eltern waren Kummer gewohnt: Schon nach der Schule setzte sich Daniela durch und machte eine Ausbildung zur Industriekauffrau statt zu studieren, was sie danach erst tat. Wirtschaftswissenschaften, anschließend wurde sie Unternehmensberaterin bei einem Energieunternehmen. Auch die Kollegen dort sahen ihre Kündigung mit Gefühlen irgendwo zwischen Unverständnis und Entsetzen.

In der Energie-Branche sind Arbeitsverhältnisse noch stabil. Wer einmal dabei ist, bleibt im warmen behüteten Nest. Sich aus der Komfortzone herauszuwagen, ist nicht üblich. Doch Denz reichte es nach zehn Jahren. Obwohl sie ihren Job vorher "richtig geil" fand. Immer auf Achse, sonntags Koffer packen für die Reise zum Kunden, wo man dann oft mehrere Wochen verbrachte. "Da wurde man dann in einer anderen Stadt schon richtig heimisch. Ich fand das cool." Und am Wochenende war sie dann auch noch weg. Motorradfahren, Kurztrips - ein Leben aus dem Koffer.

Entscheidung nach schlaflosen Nächten

Doch von heute auf morgen war ihr die Reiselust vergangen. "Der Punkt war erreicht. Es machte mir keinen Spaß mehr." Aus einem Impuls wurde der ernsthafte Wunsch, sich zu verändern. Innerhalb des Unternehmens gab es keine guten Möglichkeiten. Und außerhalb? Durch ihre Verbindungen ins Motorradmilieu tat sich dann im Sommer 2016 die Möglichkeit auf, Nachfolgerin des langjährigen Inhabers der Kölner Harley-Davidson-Vertretung zu werden. Sie verbrachte einige schlaflose Nächte, bis sie sich entschloss, die Herausforderung anzunehmen. "Jetzt bin ich hier das Mädchen für alles". Als erstes stemmte sie einen Komplett-Umbau der Verkaufsräume und Werkstatt, die in einer alten Fabrikhalle von Felten & Guillaume im Medienbezirk Schanzenstraße untergebracht sind. In unmittelbarer Nachbarschaft von Lübbe-Verlag, E-Werk und Palladium röhren auf 1200 Quadratmetern die Kultmaschinen aus den USA im komplett runderneuerten Gewand. Sechs Wochen hat der Umbau gedauert. Die Organisation und Abwicklung war ihr erstes Meisterstück.

Doch Leuten sagen, was sie bis wann zu erledigen haben, das ist das Herzstück ihres vorherigen Berufes. "Das lernt man als Unternehmensberaterin". Inzwischen haben auch alle Mitarbeiter akzeptiert, dass sie die Expertise in Sachen Prozesse und Organisation hat. "Wenn Kunden mit den Mechanikern über die letzte Schraube diskutieren wollen, überlasse ich das gerne den Jungs", sagt Denz.

Denn der typische Harley-Fan liebt seine Maschine bis ins letzte Detail. Das er sich am liebsten selbst aussucht. Gerade sind Gravuren auf dem Tankdeckel der letzte Schrei. Aber auch sonst wird alles maßgeschneidert. "Jede Maschine ist ein Unikat. Man kauft kein Motorrad, sondern ein Lebensgefühl, das so individuell ist, wie der Käufer", weiß Denz, die sich selbst ihre eigene Harley nach eigenen Wünschen zurechtmachen ließ. Mit höherem Sattel zum Beispiel, denn Daniela Denz ist groß. Und für Motoren hatte sie schon früh eine Schwäche. "Am liebsten hätte ich mit fünf Jahren den Führerschein gemacht". Um wegzukommen aus dem Städtchen Gevelsberg, das zwischen Hagen und Wuppertal liegt. In ihren Teenager-Jahren arbeitete sie in einer Bäckerei, um sich mit Erwerb des Führerscheins auch gleich ein Auto leisten zu können. Stichwort Mobilität auf dem Lande. Das erste Auto mit 18 Jahren war ein Suzuki Swift - immerhin mit Sportreifen und Sportlenkrad. "Einen Golf konnte ich mir damals nicht leisten". Inzwischen hat sie auch die Golfklasse hinter sich gelassen und ihr Glück auf zwei Rädern gefunden - privat und beruflich.

Rundschau abonnieren