EssenUniklinik soll bei Transplantationen gegen Richtlinien verstoßen haben

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Uniklinik Essen

Essen – Vor dem Hintergrund von angeblichen Regelverstößen bei Lebertransplantationen am Uniklinikum Essen hat die Deutsche Stiftung Patientenschutz ein neues Organspendesystem gefordert.

Die Verantwortung die Organverteilung müsse in staatliche Hände übergehen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Bislang läuft die Zuteilung der Spenderorgane über die Stiftung Eurotransplant, die Deutsche Stiftung Organtransplantation organisiert die Abläufe und die Bundesärztekammer gibt die Richtlinien vor.

Patientenschutz-Stiftung fordert staatliche Organverteilung

„Das muss in staatliche Hände überführt werden, weil es ja um Überlebensfragen geht. Das dürfen private Organisationen nicht entscheiden“, so Brysch.

Vergangenen Freitag war bekannt geworden, dass eine Untersuchungskommission der Uniklinik Essen zahlreiche Richtlinien-Verstöße bei Lebertransplantationen vorwirft. Bei der „Prüfungs- und Überwachungskommission“ (PÜK) handelt es sich um ein gemeinsames Gremium von Bundesärztekammer, Krankenhausgesellschaft und Krankenkassen-Spitzenverband.

Dem Abschlussbericht zufolge soll das Klinikum im Zeitraum 2012 bis 2015 Organe etwa an Krebspatienten vergeben haben, deren Tumorgröße keine Transplantation gerechtfertigt habe. Bei Patienten mit alkoholbedingter Leberzirrhose soll unter anderem die vorgeschriebene sechsmonatige Alkoholabstinenz nicht eingehalten worden sein.

Der Abschlussbericht beschreibt 33 Fälle detailliert. Die Kommission sprach von einer „Vielzahl“ an Verstößen und warf der Klinikum ein „willentliches und systematisches Vorgehen“ vor. Der Bericht sollte auch der Staatsanwaltschaft zugeleitet werden, wie die Bundesärztekammer berichtete.

Bei der Staatsanwaltschaft Essen war der Bericht bis Montag nicht eingegangen.

Die Uniklinik hatte die Vorwürfe bereits am Freitag „in aller Entschiedenheit“ zurückgewiesen. Zwar seien bis Mai 2016 Dokumentationspflichten nicht hinreichend beachtet worden. Bei der Vergabe-Praxis sei es jedoch darum gegangen, „möglichst jedes grenzwertige Organ möglichst effektiv zu verwenden“, hieß es in einer Mitteilung. In keinem Fall habe die Kommission nachweisen können, dass der jeweilige Empfänger ein Organ zu Unrecht bekommen habe. In einer Pressemitteilung sprach die Uniklinik der Kommission darüberhinaus ihre Legitimation ab. Es handele sich um eine „irreguläre Kontrollinstanz“. Sie beruhe auf gesetzeswidrigen Normen.

Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium stellte sich hinter die Kommission. „Manipulationen und Richtlinienverstöße bei der Vergabe von Organen müssen schonungslos aufgeklärt werden. Nur so kann ein Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende entstehen“, erklärte die amtierende Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in Düsseldorf.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland hatten 2016 nur 162 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe gespendet. (dpa)

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