Bildungsbericht 2016Eingliederung von Flüchtlingen wird sich lohnen

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Die Integration von Migranten und Flüchtlingen ins deutsche Bildungssystem ist teuer, wird sich aber auszahlen.

Berlin – Die Eingliederung Hunderttausender Flüchtlinge ins deutsche Bildungssystem wird sich aus Expertensicht in frühestens zehn Jahren „rechnen“ - bei sinnvoller Weichenstellung dann aber nachhaltig. Allein für den Asylbewerber-Andrang 2015 sollten bis zu 44 000 Lehrer und Erzieher neu eingestellt werden, heißt es in dem am Donnerstag vorgestellten Bericht „Bildung in Deutschland 2016“. Die Bildungsinvestitionen für diese Flüchtlinge werden auf zusätzlich 2,2 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Eine „Rückzahlung“ ergebe sich mittelfristig „in direkten Beiträgen zur Wertschöpfung ebenso wie in der Vermeidung von Sozialkosten“.

Sprachliche Bildung von Asylsuchenden sei „eine ebenso vordringliche wie kontinuierliche Aufgabe und erfordert in allen Bereichen verstärkte Anstrengungen sowie zusätzliche personelle Ressourcen“, so die Forderung der Autoren des Reports unter Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF). „Die Lage ist dadurch gekennzeichnet, dass gegenwärtig rund 30 Prozent der gestellten Asyl-Erstanträge auf Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren entfallen und jeweils rund 25 Prozent auf 18- bis 24-Jährige sowie Erwachsene zwischen 25 und 34 Jahren.“

Der Bildungsbericht 2016 stellt die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf das deutsche Bildungswesen in einen engen Zusammenhang mit der langjährigen Debatte über Chancengerechtigkeit. Die Wissenschaftler stellen grundsätzlich fest, dass jüngere Menschen ausländischer Herkunft im Zehnjahresvergleich zwar verbesserte Rahmenbedingungen vorfänden - gleichwohl blieben „ausgeprägte“ Unterschiede. „Die letzten zehn Jahre Migration im deutschen Bildungswesen lassen sich als eine Geschichte von Licht und Schatten, von Fortschritten in der Bildungsbeteiligung und den Bildungsergebnissen, aber auch von weiter bestehenden Bildungsungleichheiten bilanzieren.“

An Gymnasien sind Kinder aus Migrantenfamilien unterrepräsentiert

So habe es seit dem ersten Bildungsbericht (2006) eine Angleichung vor allem im Kindergartenalter gegeben. „Stärkere Ungleichheiten in der Bildungsbeteiligung haben sich im Schulbereich erhalten.“ Insbesondere an Gymnasien seien Kinder aus Migrantenfamilien unterrepräsentiert. „Auch beim Übergang in eine vollqualifizierende berufliche Ausbildung zeigen sich eklatante Unterschiede zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen“, heißt es. Deren Anteil an Hochschulbildung sei ebenfalls unterdurchschnittlich. Das Problem der Benachteiligung „dürfte sich im Zuge der neuen Zuwanderung intensivieren“, warnen die DIPF-Autoren.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hob hervor, die Bildungsbeteiligung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund habe sich angenähert, „besonders in der frühen Bildung und bei den jungen Erwachsenen. Auf diese Erfolge können Bund und Länder stolz sein.“ Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), betonte, der Anteil der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss gehe weiter zurück. „Nichtsdestotrotz müssen wir auch künftig unseren Blick verstärkt auf die Gruppe der gering oder nicht Qualifizierten richten.“

Die Bundes-Migrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) nannte es erfreulich, „dass sich die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sowohl im Grundschul- als auch im Sekundarbereich verbessert haben“. Dennoch lebten solche Kinder überproportional oft mit dem Risiko von Armut oder Erwerbslosigkeit. DGB-Vize Elke Hannack hob auf den „Kraftakt“ der Integration von Flüchtlingen ab: „Wir müssen sie schnell in Kitas, Schulen und berufliche Ausbildung integrieren. Damit das gelingt, brauchen wir einen gesellschaftlichen Bildungsaufbruch.“ Notwendig seien „massive Investitionen“ und mehr Möglichkeiten zur Hilfe für den Bund. (dpa)

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