Halloween-MonsterWie viel Grusel können Kinder vertragen?

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Die Angst vor dem Halloween-Zombie können Kinder meist gut verarbeiten.

Die Angst vor dem Halloween-Zombie können Kinder meist gut verarbeiten.

Köln – Bald ziehen zu Halloween wieder Zombies, Vampire, Gespenster und Hexen durch die Straßen. Gesichter werden zu schrecklichen Fratzen entstellt, düster und gruselig soll es sein. Überall Schatten, unheimliche Lichter und Geräusche. Ist das nicht zu viel Grusel auf einem Haufen?

Können gerade kleine Kinder so viele schaurige Halloween-Gestalten überhaupt verarbeiten?

Mamas Körperkontakt hilft gegen Angst

„Pauschal lässt sich das nicht sagen. Was Angst macht, hängt stark vom Charakter und Temperament des Kindes ab“, sagt Felicitas Römer, Familientherapeutin und Autorin des Buches „Kinder dürfen Ängste haben“. Manche Kinder hätten einen riesen Spaß am Monster spielen, fänden das spannend und könnten damit gut umgehen. Manche wollten erst gar nicht zur Halloween-Party gehen, weil sie es von vorneherein zu unheimlich fänden. Andere Kids hätten erst großes Interesse und fürchteten sich dann doch auf einmal.

„Eltern sollten einfach gut hingucken, wie ihr Kind reagiert.“ Wenn es Angst zeige, solle man ihm zur Seite stehen. „Besonders wichtig ist es, den Körperkontakt mit dem Kind zu suchen, es in den Arm zu nehmen oder seine Hand zu halten.“ Manchmal kann es auch hilfreich sein, wenn man für einen Moment den Ort des Geschehens verlässt. Größere Kinder sagen oft auch deutlich „ich will gehen“. „Das sollte man dann auch tun“, sagt Römer, „Eltern müssen das Kind und seine Angst ernst nehmen. Auf keinen Fall sollten sie das Ganze mit Sätzen wie ‚davor musst du doch keine Angst haben‘ abtun.

Eltern sollten Körperkontakt suchen, wenn das Kind Angst hat.

Eltern sollten Körperkontakt suchen, wenn das Kind Angst hat.

Mal macht die Puppe mehr Angst als der Zombie

In Filmen oder Serien und besonders in Märchen und Buch-Klassikern geht es manchmal brutal zu. Brauchen Kinder solche bösen Figuren in Erzählungen? „ Kinder brauchen Geschichten mit Schwarz-Weiß-Konflikten. Der Unterschied zwischen Gut und Böse ist leicht, sie können sich daran orientieren und Leitbilder entwickeln“, sagt Felicitas Römer.

Wovor sich Kinder fürchten, das ist selten vorauszusehen. Nicht jedes Kind gruselt sich vor den gleichen Sachen. Und häufig wundern sich Eltern, welche simplen Dinge bei Kindern Angst auslösen. Geister-Teddys mit Reißzähnen sind das liebste Kuscheltier, harmlose Puppen wirken dagegen auf einmal bedrohlich. Das habe damit zu tun, dass Kinder magische Fähigkeiten in Dinge hineindenken, und zum Beispiel eine Puppe mit großen Augen als Monster mit magischen Kräften sehen, sagt Römer. Solche Ängste könnten sie aber meist gut verarbeiten.

Der rationale Blick der Erwachsenen hilft in solchen Situationen nicht, denn das Kind sieht einfach etwas anderes und eigenes in der eigentlich harmlosen Puppe. Und auch wenn Kinder zum Beispiel ganz genau wissen, dass der Zombie nur eine Verkleidung ist, können sie das zwischendurch vergessen.

Die Figur wird dann so konkret, dass sie es nicht mehr auseinanderhalten können. „Dann sind sie ihren Gefühlen ausgeliefert. Und die sind echt und existenziell“, erklärt Felicitas Römer. Das heißt, Grusel, der Lust macht, könne auch immer in Angst umschlagen, „genau das macht auch den Thrill solcher Situationen aus.“

Kinder müssen Ängste erleben

Ganz schön schaurig: Kleine Kinder müssen lernen, mit Ängsten umzugehen.

Ganz schön schaurig: Kleine Kinder müssen lernen, mit Ängsten umzugehen.

Auch wenn Eltern instinktiv alles Angstmachende von ihrem Kind fernhalten wollen, sie können nicht verhindern, dass die Kleinen mit Ängsten konfrontiert werden. Und das ist auch gut so. Kinder brauchen Ängste sogar für ihre Entwicklung. „Angst gehört zum Leben dazu. Sie ist ein guter Ratgeber. Kinder testen damit aus, was sie sich zutrauen, welchen Situationen sie sich ausliefern können. Sie fragen sich: Was schaffe ich? Was macht mir Angst?“ Dadurch lernten sie, Strategien zu entwickeln, um mit Ängsten umzugehen und Hemmschwellen zu überwinden. „Nach jeder überstanden Angst sind sie einen Schritt weiter.“

Gerade schüchterne, vorsichtige Kinder hätten laut Römer oft ein gutes Gespür dafür, in welche Situationen sie nicht kommen möchten. „Sich nicht zu trauen wird oft negativ bewertet, kann aber auch schützende Funktion haben.“ Draufgängerische Kinder, die weniger Gefühl für ihre eigenen Ängste haben, kämen schneller in gefährliche Situationen.

Schlimmer sind tiefsitzende Ängste

Nehmen Ängste allerdings überhand, dann sollten Eltern einschreiten. Symptome könnten sein, dass das Leben des Kindes stark beeinträchtigt ist, es Albträume hat oder sich nicht mehr beruhigen lässt, so Familientherapeutin Römer. Kinder zeigten aber vor allem auffällige Angst-Symptome wie Aggressivität oder Unruhe, wenn es um tiefsitzende Ängste gehe, die etwas mit echten Problemen und der Familiensituation zu tun haben, zum Beispiel Verlustängste.

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„Wenn dazu noch entwicklungsbedingte Ängste kommen, also etwa die Angst vor einer Zombiefigur, dann setzt sich diese Angst noch oben drauf und macht sie schlimmer.“

Buchtipp: Felicitas Römer: Kinder dürfen Ängste haben: So werden Kinder stark und mutig, Herder, 2014

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