Bloggerinnen wagen das ExperimentWie schwer es ist, drei Wochen ohne Zucker zu leben

Lesezeit 8 Minuten
21 Tage ohne Zucker, funktioniert das? Die Bloggerinnen Leonie und Dani probieren es selbst aus und berichten aus ihrem Alltag. 

21 Tage ohne Zucker, funktioniert das? Die Bloggerinnen Leonie und Dani probieren es selbst aus und berichten aus ihrem Alltag. 

Zuckerfrei leben – geht das überhaupt? Dieser Frage gehen die beiden Bloggerinnen Leonie und Dani nach. Sie stellen sich der Herausforderung: Für drei Wochen wollen sie komplett auf Zucker verzichten. Wie es ihnen damit geht und welche Herausforderungen es ihnen besonders schwer machen, teilen sie regelmäßig auf ihren Blogs „Minimenschlein“ und „butterflyfish“. Wir haben mit ihnen gesprochen und sie über ihr Projekt „Drei Wochen zuckerfrei“ ausgefragt.

Wie kamt ihr auf die Idee?

Leonie: Nun, wir sind beide Ernährungs-interessiert und doch gänzlich verschieden in der Art, wie wir leben, kochen und essen. Weil wir ohnehin bei vielen Projekten im ständigen Austausch sind, entstand im Herbst die Idee, es einfach mal zu wagen, 21 Tage zuckerfrei zu leben. 

Heute sind unser Körper und Geist so gepolt, dass wir ein Gefühl der Unterzuckerung verspüren, wenn wir viel geleistet haben. Wir sind darauf trainiert, uns mit Zucker zu belohnen. Außerdem, und das ist noch viel schlimmer, hinterfragen wir viele Lebensmittel nicht mehr. Wir konsumieren ohne zu erahnen, was wir uns und unseren Kinder da eigentlich auftischen. Das wollten wir ändern.

Habt ihr Euch in irgendeiner Weise vorbereitet?

Leonie: Wir hatten fast zwei Monate Vorbereitungszeit und somit viel Zeit für die Recherche. Toll für den Einstieg und ein echter Motivator ist zum Beispiel „Voll verzuckert - That Sugar Film“. Außerdem gibt es einige Blogger, die zuckerfrei gelebt haben oder leben, allen voran Sarah Wilson, die ihre Autoimmunerkrankungen im Griff hat, seitdem sie zuckerfrei lebt. Ihre Bücher sind fantastisch! Sie schreibt nie mit erhobenem Zeigefinger und so, dass man auf jeder Seite so viele Learnings mitnimmt und sich in vielen Situationen ertappt fühlt.

Lutz_Leonie

Leonie bloggt auf „Minimenschlein“ und berichtet dort, wie es ihr während der 21 zuckerfreien Tage geht.  

Aber natürlich haben wir uns auch mit den offiziellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO befasst. Diese empfiehlt, täglich nicht mehr als 25 Gramm freien Zucker zu essen. Glucose und Fructose, sowie Saccharose oder Haushaltszucker wie Honig oder Sirup, zählen hier dazu. Die Richtlinie der WHO, so viel muss man dazu sagen, bezieht sich jedoch nicht auf frisches Obst und Gemüse sowie Milch, die schon von Natur aus Zucker enthalten.

Dani: Wir haben gelesen wie verrückt. Und die Welt, die sich da aufgetan hat, ist immens. Es ist natürlich zum größten Teil sehr erschreckend, festzustellen, dass vermeintlich gesunde Dinge eigentlich genau das Gegenteil auslösen. Ich lerne auch jetzt noch dazu und stelle inzwischen fest, dass ich nach zwei Wochen zuckerfrei, einige Dinge ändern würde.

Saft, Obst, Schokolade – im Grunde steckt doch überall Zucker drin, oder? Was dürft ihr denn überhaupt essen?

Dani: Die Frage haben wir uns anfangs auch gestellt. Was bleibt denn noch übrig ausser Nüsse und Gemüse? Aber die Angst ist unbegründet. Je länger wir uns mit Nahrungsmitteln auseinandersetzen, desto größer wird der Radius. Und allein diese Tatsache macht so ein Projekt goldwert. Nie hätte ich Sobanudeln, Topinambur oder Artischocken eingekauft, ich wüsste ja gar nichts damit anzufangen. Aber so ein Projekt öffnet neue Horizonte und zeigt uns viele neue Rezepte – manche davon essen am Ende sogar Kinder. Wer vorher kein oder wenig Gemüse gegessen hat, hat es natürlich schwer und muss tatsächlich in der Küche erst mal umdenken.

Leonie: Anfangs erscheint es so, als dürfe man nur noch wenig konsumieren. In Wahrheit aber gibt es eine Menge gute Lebensmittel, die man genießen kann. Brot zum Beispiel kann man wunderbar selbst backen und somit auf Weißmehl verzichten. Außerdem weiß man dann auch wirklich, was drin ist. Die meisten Gemüsesorten sind absolut in Ordnung. Tomaten haben einen hohen Anteil an Eigenzucker, und dennoch kann man sie genießen. Hier macht es die Menge. Jeglicher Käse ist in Ordnung, Eier sind sehr wichtig auf dem Speiseplan, einmal wöchentlich Fleisch, Geflügel, Wild oder Fisch ganz wunderbar. Außerdem Nüsse und zuckerarmes Obst wie Beeren. 

Wie schwer ist es denn dann im Alltag, ohne Zucker zu leben? Wird dann nicht jeder Cocktailabend und jedes Kantinenessen zur Herausforderung?

Leonie: Zuhause lässt sich das zuckerfreie Leben zwar ziemlich schnell in den Alltag integrieren, wenn man die Regeln beachtet. Keine Süßigkeiten, keine schlechten Kohlenhydrate wie Weißmehl oder Reis, gute Fette statt Zucker. In der Tat ist es dann aber doch nicht mehr so einfach, wenn man auswärts essen geht. In Woche eins traf ich mich mit einer Kollegin in einer Kantine. Am Ende blieb für mich nur der Salat, selbst das angebotene Dressing verkniff ich mir und schließlich auch den Balsamico Essig. Denn dieser hat meist bis zu 16 Prozent Zucker auf 100 Milliliter. Apfel- oder Weißwenigessig hingegen nicht mal ein Prozent.

Man fährt immer ganz gut damit, auswärts einfach ein Steak zu essen, wenn es die Speisekarte zulässt. Gegen ein, zwei Gläser Wein ist ebenfalls nichts einzuwenden. Trocken muss er sein, das ist wichtig. Cocktails hingegen sind ja meist nicht nur zuckrig sondern auch fruchtig. Keine gute Kombination und beim zuckerfreien Leben definitiv gestrichen.

Dani_zuckerfrei

Dani ist die Macherin hinter „Butterflyfish“ und hält dort ihre Leser auf dem Laufenden. 

Dani: Ich habe es versucht. Durch mein Blog bin ich doch recht viel unterwegs, eine Woche Schweden, dann Hamburg oder Skifahren in der Steiermark – und was können die Österreicher am besten: Kaiserschmarren! Darauf zu verzichten ist schwer. Und wenn das Frühstücksbüffet im Hotel aus Brötchen, Marmelade, Obst und Wurst besteht, wird die Auswahl schon sehr, sehr dünn. Es bleiben dann Eier und Gurken übrig. Ein Trauerspiel. In Schweden habe ich irgendwann aufgegeben – nachdem ich mich zwei Tage von Kaffee und Nüssen ernährt habe, brauchte mein Körper dringend etwas normales zu Essen.

Worauf sich die beiden am meisten freuen und welche Veränderungen sie nach drei Wochen feststellen

Eigentlich wissen wir es alle: Cola und Limonade sind einfach nicht gesund.

Eigentlich wissen wir es alle: Cola und Limonade sind einfach nicht gesund.

Machen eure Familien mit bei der Challenge?

Leonie: Es gibt eine Menge Rezepte, die sich für die ganze Familie eignen, aber auch viele, bei denen die Kinder nur die Nase rümpfen. Ich hatte kürzlich zuckerfreie Schokolade selbst gemacht. Aus rohem Kakaopulver, Kokosöl, Nüssen, Haselnussmehl und Kakaosplittern. Die sah wunderschön aus, soviel kann ich sagen. Doch bei meinen Kindern fiel die Schokolade gänzlich durch. Dei fanden sie einfach nur „Bäh“. 

Dani: Die Kinder machen nicht mit, ich versuche ihnen nur einigermaßen „gesunde“ Brotzeitdosen mit in die Schule zu geben, backe also eigenes Brot, packe immer Obst und Gemüse mit ein und verzichte inzwischen darauf, ihnen Süßkram zuzustecken.

In der ersten Woche habe ich komplett für mich alleine gekocht, in der zweiten Woche haben wir uns wieder angenähert. Ich habe Rezepte ausprobiert, die eventuell allen schmecken und nach adäquatem Nudelersatz gesucht. Aber langfristig ist das keine Sache, die mit meiner Familie vereinbar ist. Ich glaube, da sind wir auch ein bisschen zu festgefahren, was unsere Essensvorlieben angeht. Ein Leben ohne die Pasta meines Mannes? Nicht möglich!

Zucker spendet ja auch Energie, gilt nicht umsonst als „Droge“. Was ist eure Ersatzdroge in diesen Wochen?

Leonie: Ich esse viele Mandeln und nun zum Frühstück mehr Beeren. Avocados gehören auch zu meinen Lieblingen und sind zusammen mit den Mandeln eine Art Ersatzdroge geworden. In der ersten Woche hatte ich zu wenig gutes Obst gegessen, weil ich der Meinung war, den Körper erst gar nicht mit Fructose anzutriggern. Langfristig allerdings ist das nichts für mich.

Dani: Meine Ersatzdroge war und ist Käse und ich habe Paranüsse in rauen Mengen zu Hause. Die haben auch einen sehr geringen Zuckeranteil. Joghurt mit Zimt steht auch sehr häufig auf dem Speiseplan. Und wenn ich es etwas süßer brauche, trinke ich Früchtetee, der rettet mich.

Welche Veränderungen stellt ihr an euch fest?

Leonie: Ich bin müde und häufiger schlapp und auf die Augenringe könnte ich gerne verzichten. Ich denke, mein Körper braucht noch ein paar Tage, bis das Glücksgefühl einsetzt. Nach Woche eins hatte ich direkt einen prompten Gewichtsverlust von zwei Kilos. Da hat sich jetzt nicht mehr verändert, sorgt aber trotzdem für mehr Wohlgefühl. Toll ist: Die Haut ist samtig weich. Überhaupt wird alles straffer, einfach so!

Dani: In der ersten Woche war ich müde ohne Ende, in der zweiten Woche hatte ich höllische Kopfschmerzen. Jetzt, in der dritten Woche, bin ich nur noch fürchterlich gereizt und meine Familie hat unter meiner Gereiztheit sehr zu leiden. Toll war – wie bei Leo auch – der Gewichtsverlust und das ich generell finde, dass sich alles „verschönert“. Die Haut ist nicht mehr so blass und fahl und zudem total weich. Mein Bauch ist quasi weg. Und ich fühle mich einfach besser.

Könntet ihr euch langfristig ein zuckerfreies Leben vorstellen?

Leonie: Nein. Ich werde aus der Erfahrung viel mitnehmen. Ich werde viele Dinge in meinem Kochverhalten unbedingt weiter optimieren. Aber ich werde auch wieder mehr Obst essen, mehr Tomaten, und hier und da auch was Süßes. Ich war schon immer ein Genussmensch, das soll auch so bleiben. Dennoch werde ich in Zukunft mehr darauf achten, wie und in welchen Massen ich was genieße. Gesund Kochen, aber weniger dogmatisch.

Dani: Jein. Ich hätte kein Problem damit, abends auf Kohlehydrate zu verzichten. Auch Weißmehl fehlt mir nicht. Aber grundsätzlich keinen Kuchen mit „normalem“ Zucker mehr zu essen, ständig drauf zu achten, was ist da eigentlich drin und getrennt von meiner Family zu essen? Nein, das wäre nichts für mich und so funktioniert Familienleben ja auch nicht. Aber meine Nahrungsmittel filtern und ein paar alte Gewohnheiten aus meinem Leben zu streichen (Morgens mit Nutella anzufangen, Mittags Schokolade zu essen, abends die Chips), das stört mich nicht.

Gab es Unterschiede zwischen Woche 1 und Woche 2?

Leonie: Unbedingt. In Woche eins war ich wahnsinnig motiviert. Ich habe jeden Tag sogar zwei Mal gekocht, weil ich so viel ausprobieren wollte. Ich fühlte mich gut, fit und wohl. In Woche zwei kam der Einbruch, die Müdigkeit. Meine Motivation sank, ich kochte nur Bewährtes, hatte keine Energie, neue Rezepte zu testen und war froh, wenn die Tage irgendwie geschafft waren.

Dani: Wie Leo sagt, die Motivation hat uns beflügelt. Aber die hat in Woche zwei auch bei mir nachgelassen, stattdessen kamen die Kopfschmerzen. Und Woche drei ist jetzt irgendwie nur noch: Durchziehen und dann endlich einen einigermaßen normalen Weg finden. Quasi dieses: Ich bin froh, wenn es vorbei ist!

Welche Tipps gebt ihr Menschen, die Ähnliches vorhaben?

Leonie: Information ist alles. In erster Linie würde ich mal die Produkte umdrehen, die zuhause im Kühl- oder Vorratsschrank stehen. Überall ist der Zuckergehalt ausgewiesen. Wenn dieser mehr als 5 Gramm pro 100 Gramm ausmacht, würde ich dieses Lebensmittel eher sparsam genießen.

Auf was freust Du Dich nach diesen drei Wochen am meisten?

Leonie: Kaugummis!

Dani: Schokobons und einen großer Schluck Coke Zero, aus der Flasche!

Die Fragen stellte Lisa Harmann.

Das könnte Sie auch interessieren:

Rundschau abonnieren