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Immer öfter in KölnWas Telekom-Mitarbeiter wirklich wollen, wenn sie an der Türe klingeln

Lesezeit 6 Minuten
Mann klingelt an einer Haustür

„Guten Tag, die Telekom.“ Wenn der Satz an der Haustür fällt, sind viele Verbraucher erst einmal überfordert.

Unangemeldet steht jemand von der Telekom an der Wohnungstür. Darüber häufen sich Beschwerden. Verbraucherschützer kritisieren das Vorgehen.

Es klingelt an der Tür. Ein junger Mann würde sich gerne über den Internetanschluss unterhalten. In der Hand hält er ein Tablet, auf dem Shirt prangt das große T der Telekom. In Köln kommt das aktuell häufiger vor. Wie seriös sind die Menschen, die sich so gerne mal über den Internetvertrag unterhalten möchten? Und sind sie überhaupt von der Telekom?

Die Antwort auf die zweite Frage lässt sich mit ja und nein beantworten. Direkt bei der Telekom angestellt sind die Direktvertriebler in der Regel nicht. Sondern bei einer externen Firma. Zum Beispiel einer namens Ranger, ein Unternehmen aus dem Vertriebsumfeld. Sprich: Hier sollen Produkte verkauft werden.

Trotzdem stimmt die Aussage: „Schönen guten Tag, wir kommen von der Telekom.“ Denn die Telekom hat Ranger damit beauftragt, Teile des Direktvertriebs zu übernehmen. Seit über 18 Jahren, so Ranger, sei die Firma „autorisierter Vertriebspartner der Deutschen Telekom und in der Regel- und Glasfaservermarktung tätig.“

Telekom: Hotline, um Mitarbeiter zu verifizieren

Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, dass es sich hier wirklich um einen seriösen Partner der Telekom handelt? „Die Mitarbeitenden führen Original-Telekom-Unterlagen bei sich. Außerdem können sich Kunden im Zweifelsfall an unsere kostenlose Hotline 0800/8266347 wenden“, erklärt die Telekom.

Ranger ergänzt: Die autorisierten Kundenberater würden „üblicherweise das Outfit der Deutschen Telekom“ tragen, dazu einen Ausweis – offen und in Brusthöhe sichtbar. Außerdem führen sie ein Autorisierungsschreiben der Deutschen Telekom mit sich.

Telekom: Mehr Beratung durch Glasfaserausbau

Früher ging es bei den Gesprächen an der Haustür oft um Anbieter- und Tarifwechsel. Mittlerweile gibt es aber besonders ein Thema: Glasfaser. Allein in Köln baue die Telekom aktuell für über 100.000 Haushalte eine direkte Glasfaseranbindung, so das Unternehmen. Parallel wurde der Direktvertrieb ausgebaut. „Während in den vergangenen Jahren eher die Beratung rund um bestehende Produkte und Tarife im Fokus stand, rückt nun der geplante Glasfaserausbau der Telekom in den Mittelpunkt der Beratung“, erklärt die Firma Ranger.

Neben dem Inhalt hat sich auch die Anzahl der Gespräche verändert. „Da, wo in Nordrhein-Westfalen Glasfaser ausgebaut wird, hat das stark zugenommen“, beobachtet Felix Flosbach. Er ist Telekommunikationsreferent bei der Verbraucherzentrale NRW. Ranger bestätigt das: Die Vor-Ort Beratung sei im Rahmen der Zunahme des Ausbaus „entsprechend angepasst“ worden. Genaue Zahlen nennt die Firma nicht.

In Zeiten des Internets und der Werbung in Sozialen Medien wirkt das etwas altbacken. Die Telekom erklärt das Vorgehen so: „Mit dem Einsatz der geschulten Vor-Ort-Berater kommt die Telekom dem Wunsch von Bürgerinnen und Bürgern nach, direkt dort über den Internet- und Telefonanschluss beraten zu werden, wo auch die Technik der Bewohner ist.“

Verbraucherzentrale kritisiert Haustürgeschäfte der Telekom

Wenn die Telekom und Ranger über ihre Aktivitäten an der Haustür berichten, fällt auffällig oft das Wort Beratung. Zu einem Vertrieb gehört aber auch der Verkauf, hier der Vertragsabschluss. Der Übergang von Beratung zu Verkauf ist oft fließend. Nicht umsonst haben die Berater einen unterschriftsreifen Vertrag dabei.

Solche Haustürgeschäfte sieht die Verbraucherzentrale kritisch. „Aus unserer Sicht ist es ein Problem, dass man rechtswirksame Verträge an Haustüren schließen kann“, sagt Felix Flosbach. Die Verbraucher würden meist überrascht werden, könnten sich nicht vorher selbst informieren. „Man wird mit einem Thema konfrontiert, in dem man in dem Moment gar nicht drin ist. Und dann wird oft ein Angebot gemacht“, so Flosbach. „Wir sehen diese Überrumpelung kritisch. Es gibt keine Zeit zum Nachdenken.“

Ist die Beratung der Telekom fair?

Das gelte auch für Telekom und Ranger. „Da sehen wir, dass die Beschwerdezahlen über Glasfaservertriebsleute an der Tür, auch über unlautere Methoden, stark steigen“, so Flosbach. Ziel der Angestellten sei es, dass die Verbraucher einen Vertrag unterschreiben. Ganz fair geht das seiner Erfahrung nach nicht immer zu. Teilweise würden unwahre Tatsachen behauptet werden. „Zum Beispiel, dass der alte Anschluss abgeschaltet wird, weil Glasfaser ausgebaut wird. Das ist in fast keinem Fall der Wahrheit entsprechend, Glasfaser kommt in den allermeisten Fällen zusätzlich ins Haus.“ Auch andere „absurde Begründungen“ würden manchmal herangezogen werden.

System hat das nach Flosbachs Erfahrungen allerdings nicht. „Es sieht für uns nicht wie eine gezielte Kampagne aus, dass alle jetzt mit den gleichen falschen Tatsachen um die Ecke kommen. Das ist von Vertreter zu Vertreter unterschiedlich. Die versuchen eben, Vertragsabschlüsse zu generieren.“

Wie hoch der Anteil der Fälle ist, in denen unlauter vorgegangen wird, ist je nach Blickwinkel unterschiedlich. Dass die Beschwerdezahlen bei der Verbraucherzentrale ansteigen, ist ein Indiz. Auch in Sozialen Medien und Internetforen wird immer wieder von schlechten Erfahrungen berichtet. 

Die Telekom schreibt, „das absolut überwiegende Feedback“ zu den Beratungen vor Ort sei „positiv.“ Man setze „einen sehr hohen Anspruch an die Qualität der Beratung, welche so auch vertraglich geregelt ist“, schreibt das Unternehmen. Für Vertriebspartner Ranger sind „Qualität und Qualitätskontrolle oberstes Gebot.“ Beschwerdefälle würden detailliert besprochen und gemeinsam mit der Telekom geahndet werden. Zahlen? „Nur einer von 1.000 Kundenkontakten wird als nicht in Ordnung gemeldet.“ Aber auch hier bleibt die Dunkelziffer. Denn längst nicht alle Kundenkontakte, die nicht in Ordnung sind, werden gemeldet.

In die Wohnung sollen Berater nicht

In einem sind sich Verbraucherzentrale und Telekom einig: Die Wohnung ist tabu. „Die beauftragten Vor-Ort-Berater sind angehalten, Wohnungen nur zu betreten, wenn sie dazu aufgefordert und eingeladen werden“, schreibt die Telekom. Daran hält sich anscheinend nicht jeder Beauftragte. „Teilweise möchten Vertreter ins Haus rein und sich den Router anschauen“, erzählt Felix Flosbach. Bei dieser Aussage solle man hellhörig werden. „Man muss niemanden ins Haus lassen.“

Hier ist es wichtig, zwischen Vertriebler und Techniker zu unterscheiden. Die Vertriebler wollen beraten und verkaufen, der Techniker klingelt, wenn es eine Störung gibt. „Aber die Techniker kommen in den wenigsten Fällen unangekündigt. Meistens hat man sie auch selbst beauftragt“, sagt Flosbach.

Keine Verträge an der Haustür abschließen

Anders ist es bei den Vertrieblern. Die kommen oft unangekündigt. Felix Flosbach rät dazu, an der Haustür generell keine Verträge abzuschließen. Informationen könne man sich natürlich einholen, aber „in den allermeisten Fällen hat man die Möglichkeit, den Vertrag auch beim Anbieter direkt abzuschließen. Man sollte sich in keinem Fall in Verträge reinreden lassen, wenn man nicht ganz genau weiß, was man da gerade abschließt.“

Wer einen Vertrag an der Haustür abschließt und es sich wenig später anders überlegt, kann vom Widerrufsrecht Gebrauch machen. Das gilt 14 Tage nach Vertragsschluss. Gründe müssen nicht angeführt werden, dafür muss der Widerruf in Textform erfolgen. Also per Brief oder E-Mail, „das steht auch auf der Widerrufsbelehrung, die man bei Vertragsabschluss bekommen haben muss“, erklärt Flosbach. Wichtig: Ein Anruf bei der Hotline reicht nicht aus. „Da kann man so etwas nicht rechtswirksam aussprechen“, erklärt der Experte der Verbraucherzentrale.

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