USA-ReiseWüst unterwegs im Namen des „Nordrhein-Westfalen-Speed“ – auch bei Rüstungsfirma

Lesezeit 4 Minuten
Palmdale: Mike Schmidt (l-r, CEO Rheinmetall Aviation Services GmbH), Glenn Masukawa (Vice President and F-35 Program Manager), Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen) und Tom Jones (Corporate Vice President & Sector President, Aeronautics Systems) stehen bei einem Besuch des Produktionswerks des Rüstungsunternehmens Northrop Grumman in einer Halle.

Palmdale: Mike Schmidt (l-r, CEO Rheinmetall Aviation Services GmbH), Glenn Masukawa (Vice President and F-35 Program Manager), Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen) und Tom Jones (Corporate Vice President & Sector President, Aeronautics Systems) stehen bei einem Besuch des Produktionswerks des Rüstungsunternehmens Northrop Grumman in einer Halle.

Auf seiner USA-Reise besuchte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst die Rüstungsfirma Northrop Grumann und eine Nasa-Labor. Er plädiert für rasche Innovation.

Die Zeitenwende in der Reiseplanung eines deutschen Ministerpräsidenten wird in den Wüstenausläufern von Palmdale, Kalifornien, so richtig greifbar. Hendrik Wüst steht in einer 50000 Quadratmeter großen Kampfjet-Fabrik des Rüstungsriesen Northrop Grumann, schaut auf ein US-Banner und zitiert John F. Kennedy: „Wer Demokratien entwaffnet, macht Recht und Freiheit schutzlos.“

Früher machten Politiker auf PR-Tour einen Bogen um Waffenschmieden. Jetzt sagt Wüst, der selbst einst ausgemustert wurde: „Ich freue mich über jeden Bundeswehrstandort, der in NRW ist und wächst.“ Northrop Grumann hat gerade mit der Schulung deutscher Ingenieure des Rheinmetall-Konzerns begonnen. Sie werden ab Sommer 2025 in einer neuen Gemeinschaftsfertigung am niederrheinischen Flughafen Weeze das Rumpfmittelteil für den F-35A Lightning II bauen.

„Nordrhein-Westfalen-Speed“

Dabei handelt handelt es sich um ein Nato-Wunderflugzeug, das für gegnerischen Radar schwer zu erkennen und für den Transport von Atombomben zertifiziert ist. Rheinmetall-Manager Mike Schmidt lobt Wüsts „Leadership“ und den „Nordrhein-Westfalen-Speed“ bei der Genehmigung der Produktionsstätte in Weeze. Wüst lächelt zufrieden. „Dieses Projekt ist der Anfang von mehr“, verspricht er.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Zeitenwende, Innovation, Modernität, „groß denken“ – das scheinen die Leitmotive der einwöchigen Reise des NRW-Regierungschefs an die amerikanische Westküste zu sein. Im Schlepptau hat er eine große Delegation aus Vertretern von Wirtschaft und Wissenschaft, der Film- und Medienbranche, der Justiz sowie der Luft- und Raumfahrt.

Es wirkt wie die Alltagsflucht eines Ambitionierten. Los Angeles, San Francisco, Seattle. Keine Politiker-Gespräche oder Wirtschaftsabkommen, dafür viele Hightech-Termine und ein bisschen Foto-Safari. Militär, Elektromobilität, Künstliche Intelligenz. Google und Microsoft, Hollywood und Stanford University.

NRW als „Schlusslicht-Land“

NRW hat sich in bundesweiten Ranglisten wieder bedenklich Richtung „Schlusslicht-Land“ entwickelt. Auch im Rennen um die Kanzlerkandidatur scheinen sich vor dem CDU-Bundesparteitag Anfang Mai die Dinge klar hin zu Parteichef Friedrich Merz zu entwickeln. Wüst schafft es trotzdem, sich als modernen Politikertypus zu vermitteln, der mit amerikanischer Zukunftslust über solchem NRW-Kleinklein wie Unterrichtsausfall und kommunaler Finanzkrise schwebt.

Im „Jet Propulsion Laboratory“ der Nasa in Pasadena schaut er ferner in die Zukunft, als es in Legislaturperioden denkende Politiker gemeinhin tun. Das führende Zentrum für die Erkundung des Sonnensystems mit Robotern zeigt dem Gast aus Germany die Arbeiten am „Europa Clipper“, einer Raumsonde, die in die Umlaufbahn des Jupiter geschossen wird. Dort soll sie den eisigen Jupitermond Europa untersuchen. Gibt es unter der eisigen Kruste Wasser, die Bedingung für Leben?

Wüst, der als Kind nie Astronaut werden wollte und die legendären Mars-Rover-Missionen auch nur aus dem Fernsehen kennt, verkleidet sich gar nicht erst als „Rocketman“ aus Rhede. Kein Raumanzug, nicht mal eine Nasa-Kappe fürs Foto. Da ist er weniger schmerzfrei als sein alter Spannmann Markus Söder, der schon mal in Top-Gun-Kluft posiert und in China Pandas knutscht. Staunend lässt Wüst sich Labore zeigen und knabbert im dunklen Raumfahrtkontrollraum höflich Erdnüsse, weil das bei der ersten Mondfahrt Glück gebracht haben soll.

Der NRW-Regierungschef wird hier offenbar als eine Art Abgesandter der in Bonn ansässigen Deutschen Raumfahrtagentur und des Europäischen Astronautenzentrums in Köln wahrgenommen. Die Reserve-Astronautin Amelie Schoenenwald begleitet ihn. Sie hofft auf eine ESA-Mission. Es werden Satelliten-Messungen an die Wand geworfen, die das bedrohliche Abschmelzen der Polkappen zeigen.

Wüst, der sich in der wieder konservativeren Union inzwischen als „Grünen-Versteher“ bespötteln lassen muss, sagt hinterher: Es sei wichtig, „dass man sich mal vor Augen führt, welche Entwicklung wir da auf der Welt erleben und – Stichwort Hochwasser – erleiden“. Als Nasa-Geschenk bekommt er ein kleines Spielzeug-Raumschiff für die dreijährige Tochter zuhause.

Es ist eine Reise mit bisweilen rasanten Kulissenwechseln. Wüst war nie ein „Salonlöwe“, der sich bevorzugt auf Stehempfängen herumdrückt. Er ist eher ein Effizienzversprechen von westfälischer Nüchternheit. Das muss vorausgeschickt werden, wenn man seine neue Parkettsicherheit in der „Villa Aurora“ bestaunt. Die 100 Jahre alte Künstlerresidenz in den Hügeln Hollywoods ist ein magischer Ort. Hier fanden Kunstschaffende während der Nazi-Zeit ein Exil, Thomas Mann wohnte um die Ecke. Draußen Palmen und Pazifikblick, drinnen Büsten und Bücher. Hier findet jedes Jahr der deutsche Oscar-Empfang mit vielen Filmstars statt.

Wüst stellt hier einen Dokumentarfilm über den früheren Leichtathleten Edwin Moses vor, den NRW mitfinanziert hat. Er posiert mit Schauspielerin Veronica Ferres für Fotos auf dem Balkon und plaudert mit dem deutschen NBA-Basketballer Daniel Theis. Auch ohne Übersetzer wirbt Wüst bei den Bossen großer US-Filmkonzerne für den Standort Köln, dem er mehr internationale Produktionen verschaffen will. Und in einer kleinen Ansprache sagt er: „Hollywood ist ein Traumziel für Menschen auf der ganzen Welt.“ Seines liegt wohl eher in Berlin.

Rundschau abonnieren