Bürgergespräch in BornheimSechtemer zeigen sich mit vielem unzufrieden

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Den Kreuzungsbereich Bahnhofstraße/L190 in Sechtem sehen viele Bürger als gefährlich und unübersichtlich an. Zudem sei die Grünphase der Ampel für Fußgänger zu kurz geschaltet, meinte ein Bürger.

Den Kreuzungsbereich Bahnhofstraße/L190 in Sechtem halten viele Bürger für unübersichtlich und gefährlich. Zudem sei die Grünphase der Ampel für Fußgänger zu kurz geschaltet

Bürgermeister Christoph Becker setzte die Reihe seiner Gespräche in den Bornheimer Ortschaften in Sechtem fort.

Ortsvorsteher Rainer Züge sprach von einem „bunten Potpourri an Themen“, dass es zu diskutieren gelte, als er die äußerst zahlreich erschienenen Gäste im katholischen Pfarrheim in Sechtem begrüßte. Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) besuchte am Mittwochabend mit Vertretern der Stadtverwaltung im Rahmen seiner Dialogreihe vor Ort diesmal Sechtem.

Vor allem der Verkehr war ein großes Thema

Zu Beginn der Versammlung bekam Christoph Becker zu hören, dass sich einige Themen wie ein roter Faden durch alle Ortschaften ziehen: Der desolate Zustand der Fahrbahndecken, zugeparkte Gehwege und Straßen, eine schlechte Infrastruktur für den Radverkehr und eine mangelhafte Anbindung an den Öffentlichen Personnennahverkehr. So kritisierte Astrid Costard von den „Parents for Future“ ebenso wie eine Mutter aus Sechtem-Süd, dass die Wege zur Wendelinus-Grundschule und zu den Kindergärten sehr unsicher seien, was wiederum dazu führe, dass viele Väter und Mütter ihre Kinder lieber mit dem Auto dorthin bringen, als sie selbstständig mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu schicken.

Unebene Straßen, Schlaglöcher, der für Autofahrer nur schwer einsehbare Zebrastreifen an Sechtems Durchgangsstraße, der Willmuthstraße, den viele Kinder passieren müssen, oder Bürgersteige, die aufgrund der historischen Bebauung einfach aufhören, sorgen dafür, dass Kinder, aber auch Ältere oder Behinderte mit Rollstühlen oder Rollatoren auf die Fahrbahn wechseln müssen, was gefährlich ist.

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Bürgermeister Becker verwies zunächst auf die problematische Situation der Verwaltung. Wie hinlänglich bekannt, fehle es sowohl an den finanziellen als auch den personellen Ressourcen. Daher mahnte er auch wie bereits in den anderen Ortschaften die Solidarität der Bürger an: „Ich bin leider kein Zauberer, ich kann nur an alle Bürger appellieren, aufeinander Rücksicht zu nehmen, wir als Stadt können nicht alles leisten.“ Gerade einmal zwei Außendienstmitarbeiter habe das Ordnungsamt und die dürften auch nur gemeinsam fahren, erläuterte Becker. Ein grundsätzliches Problem in der ganzen Stadt sei es, dass es viel zu viele Autos gebe, von denen auch viele nicht in den dafür vorgesehen Garagen oder Hofeinfahrten abgestellt würden.

Sechtem soll barrierefreier werden

Auch das Thema Barrierefreiheit kam zur Sprache. Ein Bürger forderte die Ampelschaltung an der Ecke Bahnhofstraße/L190 zu optimieren. Dort sei die Grünphase für Fußgänger zu kurz. Guido Broich, Leiter des Tiefbauamtes, sicherte zu, dies zu überprüfen. Gefordert wurden auch öffentliche Toiletten in Sechtem und ein barrierefreier Ausbau der Straßen. „Sie haben vollkommen recht, von einer barrierefreien, inklusiven Stadt sind wir noch weit entfernt“, räumte Becker ein, versprach, sich auch vor Ort in Sechtem neuralgische Punkte zeigen zu lassen. Keine Chance sieht der Bürgermeister auf eine öffentliche Toilette in Sechtem: „Das müssten wir dann auch für die anderen 13 Ortschaften machen, das können wir finanziell nicht leisten, da die Toiletten ja auch unterhalten werden müssen.“

Kritisiert wurde auch, dass es keine sicheren Radwege von Sechtem zu den weiterführenden Schulen nach Bornheim oder nach Hersel gebe und keine Busverbindung von Sechtem ins benachbarte Wesseling, um etwa das dortige Dreifalitgkeitskrankenhaus zu erreichen. „Diese Probleme sind uns alle bekannt“, meinte Erll, Gespräche mit der Nachbarkommune würden laufen. Um die Infrastruktur für den Radverkehr zu verbessern, habe die Stadt unlängst den Radwegemanager Matthias Kropsch eingestellt, der aber, so Becker, viele Projekte vor der Brust habe, unter anderem die Fertigstellung der Radpendlerroute zwischen Bornheim und Bonn. Derzeit hakt es dort, dass die Stadt die erforderlichen Grundstücke nicht bekommt.

Warten auf den Spatenstich fürs Neubaugebiet in Sechtem

Planungsprozesse dauern in Deutschland bekanntlich ziemlich lange, das gilt auch für die Vorgebirgskommune. Für Sechtem bedeutet dies, dass immer noch nicht der erste Spatenstich für das Neubaugebiet Se 21 gesetzt ist und auch der neuen Bolzplatz am Ortsrand am Bundesbahnhof auf sich warten lässt, wie eine Gruppe Jugendlicher Nachfrage von Jugendamtsleiter Maruan Azrak erfuhr. Bornheims Pressesprecher Christoph Lüttgen erklärte Ende 2022 dieser Zeitung, dass mit den Arbeiten für den Bolzplatz noch in diesem Jahr begonnen werden könne. Danach sieht es derzeit aber nicht aus, da laut Azrak erst im Herbst die ersten Entwürfe im Jugendhilfeausschuss präsentiert werden. Es gab Probleme mit dem Grundstückserwerb. Auf jeden Fall sicherte Azrak den Jugendlichen zu, dass sie sich an dem Planungsprozess beteiligen dürfen: „Jedes Produkt ist nur so gut, wie Sie sich daran beteiligen.“ Möglicherweise könnten auf dem Areal auch Basketballkörbe angebracht werden.

Die ersten politischen Diskussionen über das Neubaugebiet sind schon mehr als zehn Jahre alt. Die öffentliche Auslegung für den Bebauungsplan Se21 war bereits 2020 erfolgt, die Änderungen der Bürger wurden eingeben, betroffen seien über hundert Eigentümer, mit denen verhandelt werden müsse. Hinzu kommen Abstimmungen mit dem Landesbetrieb Straßen wegen der Verlegung der l90. „Bis Ende 2024, vielleicht auch bis Anfang 2025 brauchen wir noch, bis wir uns mit allen Akteuren abgestimmt haben“, sagte Erll.

Auch die geplante Konzentrationszone bei Sechtem für die Windkraftanlagen beschäftigte die Bürger. Bei der Offenlage seien laut Erll rund 1000 Eingaben erfolgt, die nun ausgewertet und den Gremien vorgelegt werden. Zusichern konnte Erll den Sechtemern, dass der Abstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung auf jeden Fall eingehalten werde, das gelte auch für Se21.

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