KulturkonferenzSparen? Nicht bei uns!

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Dichtes Gedränge gab es bei der Ersten Kulturkonferenz des Kulturausschusses im Ratssaal sowie in der Stadthauskantine, wo vier Arbeitsforen tagten. (Fotos:Meike Böschemeyer/2/ Stadt Bonn/2)

Dichtes Gedränge gab es bei der Ersten Kulturkonferenz des Kulturausschusses im Ratssaal sowie in der Stadthauskantine, wo vier Arbeitsforen tagten. (Fotos:Meike Böschemeyer/2/ Stadt Bonn/2)

Bonn – Selten hat man den Ratssaal so voll gesehen wie bei der Ersten Kulturkonferenz des Kulturausschusses. Rund 250 Personen von Bonner Kulturinstitutionen und -vereinen waren eingeladen worden. Es ging es am Freitag aber auch um viel. Angesichts des drückenden Schuldenberges der Stadt Bonn (aktuell rund 1,7 Milliarden Euro) stehen alle Ausgaben der Stadt Bonn auf dem Prüfstand. Rund 48 Millionen Euro will die Stadt in den kommenden Jahren einsparen – auch in der Kultur. Zwar machen die Kulturausgaben der Bundesstadt (rund 60 Millionen Euro) lediglich sechs Prozent des Gesamthaushaltes aus, „wir brauchen aber jeden kleinen Beitrag“, erklärte Kämmerer Ludger Sander und ergänzte: „Wir müssen uns bemühen, durch eigene Haushaltskonsolidierungen die Selbstbestimmung zu erhalten.“

Falls Stadtkämmerer Ludger Sander und Kulturdezernent Martin Schumacher auf Verständnis für ihre Sparvorschläge bei den städtischen und freien Kulturträgern gehofft hatten, wurden sie enttäuscht. Wie vorauszusehen war, wurden die Vorschläge von den Betroffenen in Gänze abgelehnt. Tenor war: Wenn traditionsreiche Einrichtungen wie das Euro Theater Central einmal geschlossen sind, werden sie nie mehr öffnen – rheinisch salopp ausgedrückt: „Wat fott is, is fott“.

Die Diskussionen in den vier Arbeitsforen der Kulturkonferenz machten deutlich, dass alle Institutionen und Vereine den Schulterschluss üben. „Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren“, erklärte Frank Heuel vom „fringe ensemble“ in Endenich, Generalmusikdirektor Stefan Blunier ergänzte. „Eine Kannibalisierung wird es nicht geben.“

Die Ergebnisse der vier Arbeitsforen wurden anschließend im Plenum vorgestellt:

Theater

Generalintendant Bernhard Helmich machte klar, dass bei einer weiteren Kürzung der städtischen Zuschüsse für das Theater Bonn in Höhe von acht Millionen Euro ab 2022, wie dies die Verwaltung vorschlägt, eine Sparte geschlossen werden müsste (also Schauspiel oder Oper). Kulturdezernent Martin Schumacher sieht das aber anders. Helmich äußerte im Namen der „Theaterszene“ auch Kritik an der „Verhältnismäßigkeit“ der Sparvorschläge. Die Streichung der Zuschüsse in Höhe von 140 000 Euro seien ein Klacks, würden aber das Aus des Euro Theater Central bedeuten. Gleiches gelte auch für das Kleine Theater in Bad Godesberg. Für das große Beethoven-Jubiläum 2020 müsste für Theater und Musik ein gemeinsames Konzept erarbeitet werden. Das fordert auch der Direktor des Beethoven-Hauses, Malte Boecker. Er mahnt ein Konzept für „Beethoven 2020“ an, sonst bestünde die „Gefahr des Versagens“ mit einer Imageschädigung der Stadt Bonn. Malte Boecker fordert: „Die Stadt muss sich klar werden, wie sie die Rolle einer ,Beethovenstadt’ definiert.“

Musik

Im Arbeitsforum „Musik“ ging es weitgehend um die Rolle und Größe des Beethoven Orchesters Bonn und der Streichung der städtischen Konzerte mit externen Kammermusik-Ensembles im Beethoven-Haus, Redoute und Schumannhaus. Generalmusikdirektor Stefan Blunier lehnt sowohl die Kappung von sechs Planstellen beim Orchester (bringt ab 2018 bis 2020 und folgende Jahre eine sukzessive Ersparnis von 180 000 Euro auf 297 000 Euro) und die Streichung der Kammermusikkonzerte, die ab 2017 eine Ersparnis von rund 134 000 Euro erbringen soll. „Der Abbau von sechs Planstellen im Beethoven Orchester und der Wegfall der externen Kammermusikkonzerte sind für das große Beethoven-Jubiläum im Jahre 2020 ein komplett falsches Signal,“ sagte GMD Stefan Blunier. Das Beethoven Orchester könne mit dem Wegfall von sechs Planstellen nicht mehr sein umfassendes Aufgabengebiet bestreiten. Als da wären: zusätzliche Operndienste wie von der Verwaltung gewünscht, die Erhaltung des hoch gelobten Education-Programms, für das das Beethoven Orchester einen „Echo“-Preis erhielt, Konzerttourneen sowie CD-Aufnahmen. Der Wegfall der externen Kammermusik konzerte ist für Generalmusikdirektor Blunier „eine Verödung und Verarmung“ des Musiklebens.

Der Direktor des Beethoven Orchesters, Michael Horn, erklärte dazu: „Wir hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera,um den von uns geforderten Sparvorschlag umzusetzen. Ein weiterer Abbau der Planstellen im Orchester hielten wir für weitaus schädlicher als den Wegfall der Auftritte externer Kammermusik-Ensembles. Wir wollen künftig weiter Kammermusik mit eigenen Kräften in Bonn anbieten. Das zu organisieren, wird Aufgabe des kommenden Generalmusikdirektors sein.“

Holger Jan Schmidt, der früher maßgeblich an der Durchführung des Festivals „Rheinkultur“ beteiligt war, sprach für den Bereich Rock- und Pop. „Das große Kulturkonzept der Stadt Bonn sah vor einigen Jahren ein Drei-Säulen-Modell für die Musik vor: Klassik, Jazz/Worldmusic und Rock/Pop. Ich habe große Zweifel an der Umsetzung dieses Modells, der Bereich Rock/Pop ist ausgebremst worden, die Stadt sollte sich dazu noch mal äußern.“

Bildende Kunst/Museen

Die Direktorin des August-Macke-Hauses, Klara Drenkler-Nagels, und der Intendant des Kunstmuseums, Stephan Berg, fassten die Ergebnisse des Forums „Bildende Kunst/Museen zusammen. Das geplante Aus für das Frauenmuseum und das Deutsche Museum wäre ein Kahlschlag für die Kulturstadt Bonn. Das Frauenmuseum, weltweit erstes Museum dieser Art, sei „unverzichtbar“ auch im Hinblick der Rolle Bonns als UN-Stadt, und das Deutsche Museum Bonn locke jedes Jahr 80 000 Besucher an und sei eine tragende Säule des Wissenschaftsstandortes Bonn. Beide Direktoren richteten einen Appell an die Stadt, die Museumslandschaft zu erhalten.

Bibliotheken/Literatur

Im Arbeitsforum Bibliotheken/Literatur ging es hoch her. Die (ehrenamtlichen) Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den vier von der Schließung betroffenen Stadtteilbibliotheken (Ersparnis ab 2016 475 000 Euro) äußerten erneut heftige Kritik an der Stadt. Sie sehen das Haus der Bildung in der City, das im Sommer seine Pforten öffnet, als „Luxusobjekt“, dem die vier Stadtteilbibliotheken zum Opfer fielen.

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