„Aktion Leselust“Mit dem Bundespräsidenten über die Bedeutung des Lesens sprechen

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Über die Bedeutung des Lesens sprachen Steinmeier und seine Frau mit Kindern des Amos-Comenius-Gymnasiums.

Über die Bedeutung des Lesens sprachen Steinmeier und seine Frau mit Kindern des Amos-Comenius-Gymnasiums.

Bonn – Keine Bürger, die Spalier standen und klatschten, stattdessen vorbeihastende Passanten und lautes Bohren und Sägen auf der Baustelle nebenan: Die Visite von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender im Haus der Bildung hatte zunächst wenig präsidiales.

Immerhin schwiegen die Maschinen der Bauarbeiter, als die Präsidentenlimousine schließlich vorfuhr. Ganz anders war die Situation, als Steinmeier später durch die Stadt zum Beethovenhaus marschierte. Jetzt standen Menschen mit Handys und Kompaktkameras bereit, um Erinnerungsbilder zu schießen. Nur einen älteren Mann, der zufällig vorbeikam, ließ die Sache kalt. Als er hörte, dass der Besuch des Bundespräsidenten der Grund für den Auflauf von Polizei und Presse war, meinte er trocken: „Ach, so ein Besuch war früher normal.“

Schnappschüsse des prominenten Gastes machten viele Passanten, als Steinmeier und Begleiter durch die Stadt gingen.

Schnappschüsse des prominenten Gastes machten viele Passanten, als Steinmeier und Begleiter durch die Stadt gingen.

Von der Leiterin der Stadtbibliothek, Helga Albrecht, erfuhr das Staatsoberhaupt, wie sie vor allem Kindern und Jugendlichen Lust aufs Lesen machen will. Anschließend meinte der Bundespräsidenten, der auch Schirmherr der Stiftung Lesen ist: „Wer hier durch die Räume geht, sieht, wie viel Spaß Kinder und Jugendliche am Lesen haben. Ich freue mich, dass sie trotz Smartphone und I-Pad noch ein Buch in die Hand nehmen.“ Auch die Volkshochschule ist in Sachen Leseförderung aktiv, wie ihre Leiterin Dr. Ingrid Schöll ausführte. Seit 2006 gibt es die „Aktion Leselust“.

Rund 50 Lesepaten stehen bereit

Rund 50 Lesepaten stehen bereit, um in Bonner Kindergärten einmal wöchentlich vorzulesen. Viele von ihnen sind in Einrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund tätig.

Im Großen Saal trafen die Gäste dann auf Käpt’n Book vom gleichnamigen Lesefest, Darsteller Hanno Friedrich und 21 Kinder der August-Macke-Gemeinschaftshauptschule sowie des Amos-Comenius-Gymnasiums, sprachen mit dem Staatsoberhaupt über die Bedeutung des Lesens. „Es ist die einzige Medizin gegen Dummheit und Verdummung“, erklärt Steinmeier. Außerdem mache es Spaß. Er lese auf seinen Reisen nicht nur politische Bücher, sondern auch Romane.

„Zurzeit befasse ich mich mit dem neuen Buch von Sten Nadolny ,Das Glück des Zauberers’“, berichtete das Staatsoberhaupt. Darin schreibe ein Opa seiner Enkelin 14 Briefe, die diese aber erst nach dessen Tod lesen dürfe. Eines seiner Lieblingsbücher sei der Roman „100 Jahre Einsamkeit“ von Gabriel García Márquez.

Beethoven-Freunde: Elke Büdenbender, Frank-Walter Steinmeier, Ashok Sridharan und Petra Sridharan-Fendel.

Beethoven-Freunde: Elke Büdenbender, Frank-Walter Steinmeier, Ashok Sridharan und Petra Sridharan-Fendel.

Ehefrau Elke Büdenbender verriet, dass sie momentan das Buch „Kommt ein Pferd an die Bar“ von David Grossmann lese. „Was lest ihr denn so?“ wollte der Bundespräsident schließlich von den Kindern wissen und staunte, als ein Mädchen erzählte, dass sie gerne Märchen liest. Vorgestellt wurde auch die Arbeit der Stiftung Run & Ride for Reading, die mit Leseclubs an Schulen im Großraum Köln-Bonn die Lern- und Lesefähigkeit von Kindern und Jugendlichen fördert . „64 Clubs haben wir bereits gegründet. Rund 150 benötigt die Region“, erläuterte Mitbegründer Oliver Gritz.

Projektleiterin Cornelia Kothe stellte anschließend das Lesefest Käpt'n Book vor, die 2003 in Bonn entstandene Veranstaltungsreihe. „In zwei Wochen erreichen wir rund 40.000 Kinder und Jugendliche“, sagte Kothe. Viele von ihnen würden auch danach weiter Bibliotheken besuchen. „Eine tolle Einrichtung“, lobte der Bundespräsident.

„Ich habe Beethoven schon überall in der Welt gehört“

Am Beethoven-Haus begrüßten Michael Kranz, der Vorstandsvorsitzenden des Vereins Beethoven-Haus, und Direktor Malte Boecker den Bundespräsidenten und seine Frau. „Ich habe Beethoven schon überall in der Welt gehört“, sagte Steinmeier. Gelegentlich tue er dies auch privat. „In diesen Zeiten, in denen es Europa nicht einfach hat, freue ich mich, wenn ich die ,Ode an die Freude höre.“

Nach einer Führung durch das Museum zeigte Kustos Michael Ladenburger herausragende Manuskripte aus der Sammlung des Hauses, die Beethovens Verhältnis zu Napoleon zum Gegenstand haben. Im Kammermusiksaal erlebte der Bundespräsident zum Abschluss dann noch ein kurzes Konzert. Der jordanische Pianist Karim Said, Mentee des Beethoven-Hauses, spielte die 15 Variationen mit einer Fuge für Klavier (Es-Dur) op. 35 von Beethoven. Nach einem Mittagessen mit Vertretern der Nationalen Anti-Doping-Agentur Deutschland (NADA) in der Villa Hammerschmidt traf der Bundespräsident Vertreter der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und besuchte mit Oberbürgermeister Sridharan den High-Tech Gründerfonds.

Am Dienstag wird Steinmeier unter anderem einen Kranz am Gedenkkreuz für den 1997 entführten und ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und seine ebenfalls getöteten vier Begleiter niederlegen.

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