Bonn MarathonDie kuriosen Geschichten der Sportler

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Bonn – Um kurz nach 9 Uhr herrscht noch Ruhe in der City – gemächlich trottet ein Paar hinter dem Münster über die Straße. Doch Vorsicht! Platz da! Da kommen schon die ersten Handbiker und Inlineskater herangeflitzt, das Ziel auf dem Markt fest im Visier. Zu dem Zeitpunkt schnuppern die Teilnehmer am Halbmarathon gerade erst Beueler Luft , das Ziel ist noch sooo weit weg.

Über tatkräftige Unterstützung brauchen sich die 13 000 Läuferinnen und Läufer nicht zu beklagen. Wie immer herrscht auf der Kennedybrücke und unterhalb am Alten Zoll besonders dichtes „Fan-Gedränge“. Vier Bornheimer Familien feuern ihre vier Familienväter an, ein Steppke reißt ein Pappplakat hoch: „Du rockst das, Papa!“ Ein uriger „Pseudo-Schweizer“ lässt die Kuhglocken läuten und fordert die Läufer auf: „Touch for Power“.

Die Laacher Laufgemeinschaft beteiligt sich schon im 15. Jahr beim Deutsche Post Bonn Marathon. Die Eifeler senden gleich 37 Läufer nach Bonn, von einem Damenseptett am Wegesrand kräftig unterstützt. Drei kleine Mädchen entrollen, angeleitet von ihrer Mutter, ein Banner, auf dem zu lesen ist: „Auch wenn Schalke pennt, Papa rennt!“ Da werden die echten Schalke-Fans wieder meckern: „Das können nur die gelben Kartoffelkäfer aus Dortmund geschrieben haben.“ Immerhin hatten die königsblauen Knappen einen Tag zuvor einen Punkt im Ruhr-Klassiker gegen den BVB geholt.

VERPFLEGUNG

Wer 21 oder 42 Kilometer hinter sich gebracht hat, braucht Speis' und Trank, um wieder zu Kräften zu kommen. Dafür war beim 17. Bonn Marathon reichlich gesorgt. Zahlen gefällig? 98 000 Liter Wasser, 7500 Liter Cola, 3500 Liter Apfelschorle, 3340 Liter Bier (alkoholfrei!), 25 000 Bananen, 5000 Stück sonstiges Obst, 2000 Schmalzbrote, 500 Würste, 7000 Schokoriegel, 120 Kilogramm Nüsse, 22 000 Stück Traubenzucker und 1000 Liter warmer Brühe.

Für „süße Fans“ gab es zum Beispiel Quarkbällchen oder Blechkuchen, für die Freunde herzhafter Kost standen Fleischwurst, Blutwurst (für Kölner: „Flönz“), Remouladeneier oder schlichte saure Gürkchen zur Verfügung. (al)

Vielleicht hatte sich der „rennende Papa“ am Morgen den „Segen von oben“ bei der schon traditionellen ökumenischen Andacht in der Schlosskirche abgeholt. Sie hat sich zum Selbstläufer gemausert. Joachim Gerhardt, Pfarrer der Lutherkirche, war perplex. „Um 8 Uhr füllten etwa 150 Marathon-Teilnehmer die Schlosskirche, das hat es noch nie gegeben!“ Der „Geistliche Startschuss“ stand unter dem Motto: „Wahre Ziele – auf der Spur bleiben!“ Überrascht zeigte sich Pfarrer Gerhardt auch über den großen Zuspruch der evangelischen „Sonderstaffel“, die im Luther-Jubiläumsjahr 30 Langläuferinnen und Langläufer anlockte. Wie im Vorjahr lautete der Slogan: „Evangelisch in Bonn – da läuft was.“

Der Schulmarathon verzeichnete in diesem Jahr wieder mit gut 2000 Läufern einen Top-Zuspruch. Die Ergebnisse der Schulstaffeln aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis können sich durchaus sehen lassen. So belegte das St. Joseph-Gymnasium aus Rheinbach den zweiten Platz, gefolgt von der Staffel des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums Bornheim. Das Kardinal-Frings-Gymnasium Bonn kam auf den 6. Platz, direkt dahinter platzierte sich die Otto-Kühne-Schule aus Bad Godesberg, den achten Platz belegte das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium Bonn.

Natürlich verdienen auch die Erstplatzierten des Inline- und Handbiker-Halbmarathon-Wettbewerbs Erwähnung. Bei den Männern in der Inline-Disziplin siegte Michael Puderbach aus Adenau vor Stephan Siepker aus Salzbergen und Christoph Röhr aus Köln, der übrigens schon im Vorjahr auf dem Siegertreppchen stand. Bei den Frauen hatte Claudia Henneken vom SSC Köln die Nase vorn, vor ihrer Vereinskameradin Theresa Ricke. Dritte wurde hier Silke Röhr. Bei den Handbikern siegte bei den Männern Jörg Pieper aus Nendorf vor Armin Berger aus Windeck. Bei den Frauen gab es einen Bonner Sieg. Annika Zeyen von den SSF Bonn durfte sich ganz oben auf dem „Stockerl“ sonnen.

Wer die Halbdistanz von 21 Kilometern oder die vollen 42,195 Kilometer absolviert hatte, bekam auf dem Markt im Schatten des Rathauses als Lohn der Mühen eine Bronzemedaille ausgehändigt und konnte dann zum Hofgarten trotten, um sich im abgetrennten Verpflegungsbereich zu stärken oder einfach den Puls wieder auf „Normal“ zu drücken. So sitzt Alexi, Startnummer 9285, ganz entspannt auf dem Hosenboden und süffelt ein (alkoholfreies) Bierchen.

Daneben entspannt sich Christian Kopitz mit Startnummer 4081. Der Bonner ist „so ziemlich zufrieden“ mit seiner Zeit beim Halbmarathon: 1 Stunde, 25 Minuten und 25 Sekunden. „Richtig zufrieden“ wäre er mit einer Zeit unter 1 Stunde, 25 Minuten gewesen. „Macht nix, ich kann mich ja noch steigern.“ Vielleicht in einer Woche, wenn Christian Kopitz mit seinen Freunden von einem Kölner Lauftreff an die Seine aufbricht, um am Paris Marathon teilzunehmen. Da wird Kopitz über die volle Distanz laufen: 3 Stunden, 15 Minuten peilt er an.

„Richtig zufrieden“ ist Rundschau-Redakteur Marcus Bierlein, der die Halbdistanz in einer 1 Stunde 34 Minuten und 57 Sekunden zurücklegte. Dafür einen Tusch vom Kollegenteam!

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