Wiedereingliederung von KindersoldatenWie Mädchen und Jungen zu Waffen werden

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Pater Rafael Bejerano (M.) im Gespräch mit den ehemaligen Kindersoldaten Catalina und Manuel. Beide schildern im Film „Alto el fuego“ („Waffenstillstand“) ihr Schicksal.

Pater Rafael Bejerano (M.) im Gespräch mit den ehemaligen Kindersoldaten Catalina und Manuel. Beide schildern im Film „Alto el fuego“ („Waffenstillstand“) ihr Schicksal.

Bonn – Beide haben extrem Schlimmes durchlebt und Erfahrungen gesammelt, auf die jeder Mensch verzichten kann. Als Kindersoldaten lernten Catalina und Manuel die dunkle Seite des Lebens kennen. Mord, Totschlag, sexuelle Übergriffe und vor allem Angst begegneten den beiden Kolumbianern.

Als sie es nicht mehr ertragen konnten, flüchteten die zwei Soldaten der Rebellen und fanden bei den Salesianern Don Boscos (SDB) nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch die Möglichkeit, ihr junges Leben in geregelte Bahnen zu lenken. Seit 15 Jahren helfen die Ordensmitglieder in Medellín den geflohenen Kindersoldaten bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

Zurück in die Gesellschaft hat es Catalina geschafft.

Zurück in die Gesellschaft hat es Catalina geschafft.

Catalina und Manuel haben es geschafft, sie wollen sich ein eigenes Leben aufbauen. Obwohl die beiden aufgrund ihrer Erlebnisse traumatisiert sind, schildern sie in einem 20-minütigen Film („Alto el fuego“, zu deutsch „Waffenstillstand“), den die SDB produziert haben, ihr Schicksal. Derzeit reisen die Zwei durch Europa, um auf die Geschehnisse in Kolumbien aufmerksam zu machen. Im vergangenen Jahr unterzeichneten Staat und Rebellen ein Friedensabkommen – nach 52 Jahren Bürgerkrieg.

ROTE HAND

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Claudia Lücking-Michel hat ein Zeichen gegen den Einsatz von Kindersoldaten gesetzt und sich an der Aktion „Rote Hand“ beteiligt. Die Handabdrücke in roter Farbe auf Papier erhielt die UN-Sonderbeauftragte für Kinder und bewaffnete Konflikte, Leila Zerrougui, als Signal des Deutschen Bundestages gegen den Einsatz von Kindersoldaten übersandt. (lh)

Als die politischen Unruhen zwischen Anhängern der Konservativen und der Liberalen am 27. Mai 1964 ausbrachen, waren Catalina und Manuel, deren Namen für den Film geändert wurden, noch gar nicht geboren. Was sie erlebt haben, klingt wie das Drehbuch eines Hollywood-Dramas. Mit ihren dunkelbraunen Augen schaut Catalina traurig in die Kamera: „Mein Stiefvater hat mich mit brennendem Holz geschlagen und wollte mich vergewaltigen. Das hat meine Mutter nicht geglaubt – dafür habe ich sie gehasst.“ Mit 13 Jahren flüchtete sie und schloss sich mit ihrem Freund den Farc-Rebellen an: „Du wirst zur Waffe und verlierst die Angst, jemandem das Leben zu nehmen.“ Als das Militär das Quartier der Farc bombardierte, erschoss es den mittlerweile Verlobten Catalinas, ihr gelang die Flucht.

Manuel war acht, als er mit seinem älteren Bruder die bettelarme Familie verließ und sich den Guerillas anschloss: „Mein Bruder hat wiederholt gegen die Regeln verstoßen, da haben sie ihn hingerichtet.“ Die Rebellen legten Wert auf einen Abschied der beiden, um Manuel einzuschüchtern. Die letzten Worte seines Bruders „Pass auf dich auf“ beherzigte der kleine Junge und trat die Flucht an.

Wer in jungen Jahren das Töten und Kämpfen lernt, bleibt für sein Leben gezeichnet. In der Ciudad („Stadt“) Don Bosco (CDB) begann für die Zwei ein neues Leben, fernab von Angst und Schrecken. Dank der psychosozialen Betreuung und der stark ausgeprägten Empathie der Salesianer, zu denen Psychologen, Pädagogen und Pastoren zählen, bewältigten 2300 Jugendliche, rund 85 Prozent der Betreuten ihre Vergangenheit: „Wir schaffen Vertrauen, geben Hoffnung und führen auch Familien wieder zusammen“, erklärt James Areiza, Koordinator der Schutzprogramme für ehemalige Kindersoldaten.

Bei Catalina hat es funktioniert. Sie hat sich mit ihrer Mutter ausgesöhnt und trifft sich wieder regelmäßig mit ihr: „Ich will studieren und mir dann ein Landhaus kaufen.“

www.strassenkinder.de

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