Bahnhof Belvedere in MüngersdorfPlatane soll für Renovierung weichen – Fällung vertagt

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Die Wurzel des Übels aus Sicht der Denkmalschützer entspringt aus der Platane gleich nebenan. (Foto: Meisenberg)

Die Wurzel des Übels aus Sicht der Denkmalschützer entspringt aus der Platane gleich nebenan. (Foto: Meisenberg)

Köln – Es ist die Konstellation eines klassischen Dramas. Da stehen zwei, eng umschlungen wie Liebende, miteinander verwoben, 100 Jahre einträchtig nebeneinander. Und jetzt muss einer sein Leben lassen, damit der andere weiter existieren kann. Eine gemeinsame Zukunft scheint ausgeschlossen, obwohl beide unter Schutz stehen. Die Rede ist vom Bahnhof Belvedere in Müngersdorf und einer benachbarten 100 Jahre alten Platane. Der Bahnhof ist dringend sanierungsbedürftig, für die Arbeiten soll der Baum gefällt werden, die Untere Landschaftsbehörde will das verhindern, wenn es denn irgendwie geht.

Gebäude bei Sturm gefährdet

„Alle Experten haben uns gesagt, dass es nicht geht“, betont Elisabeth Spiegel vom Förderkreis des Bahnhofs. „Wir konnten eine Wurzel nachweisen, die senkrecht unter dem Wintergarten nach oben wächst. Wenn es stürmt, bewegt sich das ganze Gebäude.“ Und das sei nicht so standsicher wie es aussieht, versichert Spiegel. Die Wände des Wintergartens etwa sind aus Fachwerk, das mit dünnen Ziegeln versehen ist. „Gibt es einen Sturm wie Xaver“, warnt Spiegel, „dann könnte das Gebäude großen Schaden nehmen.“

Ein Denkmal „von nationaler Bedeutung“

Und das ist nicht irgendein alter Bahnhof, sondern der älteste erhaltene in Europa. Das „höchstgeförderte“ Denkmal Deutschlands „von nationaler Bedeutung“, sagt die stellvertretende Stadtkonservatorin Marion Grams-Thieme. Die Fördersumme von über einer Million Euro speist sich aus Töpfen von Land und Bund. Nach der Sanierung soll das Gebäude der Öffentlichkeit für Veranstaltungen dienen.

Da steht jedoch die Fällgenehmigung der Unteren Landschaftsbehörde dazwischen. Genauer gesagt, der in beratender Funktion tagende Beirat. „Der hat ein so großes Interesse gezeigt, eine Lösung für das Problem zu finden, dass ich das Thema Fällung vertagt habe“, sagt der Leiter der Behörde, Florian Distelrath. Das war Anfang Dezember. Jetzt sollen weitere Informationen eingeholt werden.

Noch 20 Jahre könnte der Baum überleben

Der Baum sei vital und überlebe mindestens noch 20 Jahre, sagt Distelrath. Vielleicht gebe es Möglichkeiten, mit speziellen Fundamenttechniken den Baum zu retten. Eine aktuelle Mitteilung der Verwaltung spricht indes eine andere Sprache: „Wenn der Baum/die Bäume erhalten werden müssen, ist eine dauerhafte Sicherung und Erhaltung des Baudenkmals fraglich“, steht dort.

Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass eine entfernt stehende Platane ebenfalls ihre Wurzeln bis unter das Gebäude ausgestreckt hat. „Wir können das nicht so genau untersuchen, weil das Gebäude so fragil ist“, sagt Spiegel. Sie spricht von einer Abwägung. Zwar sei der gesetzliche Schutz gleichwertig, doch seien die Bäume einst zur Überdachung der Außengastronomie gepflanzt worden. Sie sagt: „Normalerweise kümmert sich ein Eigentümer durch Baumpflege darum, dass eine solche Ausbreitung nicht passiert.“ Eigentümer ist seit 100 Jahren die Stadt. Bis 2010 bewohnten Künstler das Haus, die zum Erhalt „getan haben, was sie konnten“, sagt Spiegel.

Landschaftsschützer Distelrath sagt, wenn es „hart auf hart kommt, wird der Baum natürlich gefällt“. Bleibt zu hoffen, dass bis dahin kein Sturm kommt, der die Geschichte tragisch enden lässt.

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