Einsturz Kölner StadtarchivTaucher finden dicken Stein und eine Lücke

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Köln – Taucher haben bei der Beweissicherung am Waidmarkt in 25 Metern Tiefe einen mächtigen Steinbrocken entdeckt. Er könnte entscheidend zum Einsturz des Historischen Archivs und zweier Nachbarhäuser beigetragen haben, bei dem am 3. März 2009 zwei Menschen starben. Der Stein liegt ziemlich genau dort, wo es bei der Herstellung der Schlitzwände für die KVB-Baugrube ein nicht zu beseitigendes Hindernis zwischen Lamelle 10 und 11 gab.

Ob der Stein aber schon damals an dieser Stelle lag oder ob er erst durch Erdbewegungen beim Einsturz dort hin gelangte, muss noch untersucht werden. Lag der Brocken allerdings bereits während der Bauarbeiten im Weg, kann an dieser Stelle keine Armierung eingebaut worden sein – auch nicht unterhalb. Denn die Stahlkörbe für die Stabilisierung der Betonlamellen wurden von oben in die aufgebaggerten Schlitze hinabgelassen.

Großer Findling mit runden Kanten

Die Gutachter suchen mit Hilfe von Tauchern im Grundwasser unter dem Waidmarkt vor allem den Weg, auf dem im März 2009 innerhalb weniger Minuten etwa 5000 Kubikmeter Kies unter dem Archiv wegrutschten und in die Baugrube strömten. Ein Loch in der Schlitzwand, um diese Menge Kies in dieser kurzen Zeit hindurchzulassen, müsste vier Quadratmeter groß sein. Und der nun gefundene Stein ist groß genug, um die Theorie von einem 60 Zentimeter breiten Spalt zwischen zwei Lamellen zu nähren: Es handelt sich um einen Findling mit runden Kanten, also keinen Stein von einem Gebäude. Er ist 60 Zentimeter breit und wohl 50 Zentimeter hoch. Er sitzt fest an seiner Position. Wie dick der Natursteinbrocken ist und ob er die Wand auf gesamter Breite unterbricht, konnte noch nicht ermittelt werden.

Dass es zwischen den Lamellen 10 und 11 eine Lücke gibt, ließen schon die Bauprotokolle und Aussagen von Zeugen vermuten. Denn wegen eines Hindernisses ist im September 2005 der Bau der Schlitzwand zunächst unterbrochen, dann aber mit einer 60 Zentimeter schmaleren Baggerschaufel fortgesetzt worden. Die Armierung für die Lamelle soll entsprechend gekappt worden sein, damit sie an dem Hindernis vorbeipasste. Das Protokoll zum Einfüllen des Betons bestätigt, was logisch ist: Es kam viel weniger Beton in den Schlitz als berechnet.

Wie kann der Stein geborgen werden?

Unter den Gutachtern und den Verfahrensbeteiligten wird derzeit diskutiert, ob der Stein am Stück oder in Einzelteilen geborgen werden soll. Schon jetzt sei aber klar, sagte ein Prozessbeteiligter der Rundschau, dass sich auch unter dem Stein nicht das befindet, was in einer Schlitzwand sein sollte: Eisenarmierung und Beton fehlen auch dort. Wie Stadt und KVB gestern mitteilten, ist die Fuge zwischen den Lamellen 10 und 11 mit quartären Sanden und Kiesen gefüllt – also genau dem Material, auf dem die Nachbarhäuser standen.

Ist das das fehlende Puzzlestück?

Für die Frage, ob mit dem Stein und dem fehlenden Stück in Lamelle 11 die Unglücksursache gefunden ist, ist entscheidend, wie tief die Lücke noch hinunterreicht. Erst wenn die Bergung des Findlings beendet ist, können Taucher in dem Besichtigungsbauwerk weiter im Grundwasser ausschachten und so noch mehr von der Außenseite der Schlitzwand freilegen. Sie sollen unter der Regie des vom Landgericht bestellten Gutachters noch einige Meter tiefer graben. Dies dauert jedoch noch Monate.

Die Untersuchung der Einsturzstelle samt der Sicherung von Beweisen wird auch noch das komplette nächste Jahr in Anspruch nehmen. Sanierung und Fertigstellung des Gleiswechselbauwerks am Waidmarkt dauern vier bis fünf Jahre. Sie können erst beginnen, wenn das Gericht die Unglücksstelle an Stadt und KVB zurückgibt.

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