Jakob SteinkuhlVom Leben und Sterben in Osttimor

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Gut integriert: Jakob Steinkuhl (r.)  wurde von den Einheimischen voller Neugier aufgenommen. Wenn er von Köln erzählte, war das  Staunen groß.

Gut integriert: Jakob Steinkuhl (r.)  wurde von den Einheimischen voller Neugier aufgenommen. Wenn er von Köln erzählte, war das  Staunen groß.

Köln – Sofortige Kühlung, Bandagen zur Stabilisierung und sechs bis acht Wochen Ruhezeit – mit diesen gängigen Maßnahmen wird hierzulande ein Bänderriss behandelt. Bei Jakob Steinkuhl sah die Therapie ein wenig anders aus: Nach einer Verletzung bei einem Fußballspiel massierte eine alte Heilerin seinen Knöchel zweimal täglich mit einem selbst hergestellten Öl – nach einer Woche stand er wieder auf dem Fußballplatz.

Mit derartigen medizinischen Behandlungen und Kräutern statt Medikamenten ist der 21-jährige Kölner mittlerweile vertraut. Ein Jahr lang hat er in Venilale im südostasiatischen Osttimor gelebt, wo er seinen internationalen Freiwilligendienst bei der „Don Bosco Mission“ ableistete.

Seit August ist er wieder zurück in Deutschland.

„Ich wollte schon immer ein Auslandsjahr nach dem Abitur machen“, erklärt Jakob. „Am liebsten in einem Land, in dem noch nicht so viele Ehrenamtliche von Hilfsorganisationen waren.“

So bot sich der kleine Inselstaat Osttimor mit nur einer Million Einwohner an, der erst 2002 von Indonesien unabhängig wurde. Der Kölner war der erste Freiwillige des Projekts in dem Jungen-Internat und lernte in den zwölf Monaten nicht nur, die Amtssprache Tetum fließend zu sprechen. Auch in die alltäglichen Aufgaben wie das Jagen im Dschungel oder das Holzhacken für die Feuerstelle war er eingebunden. „Ich habe jeden einzelnen Schritt mitgemacht“, erklärt er. „Vom Töten der Tiere über das Abziehen des Fells bis zum Arbeiten im Reisfeld – ich wollte mittendrin in dieser Kultur sein. Nur so kann man wirklich akzeptiert werden.“

Aber auch für die Einheimischen war die Begegnung mit dem jungen Deutschen eine neue Erfahrung. Steinkuhl hat die Aufmerksamkeit, die er erregte, jedoch immer als positiv empfunden, Anfeindungen oder Misstrauen gab es nicht. „Vor allem die Kinder waren immer neugierig und begeistert von den Haaren auf meinen Armen oder meiner weißen Haut und wollten sie immer anfassen“, erinnert er sich. Wenn er von seinem Leben in Deutschland erzählte, saßen alle um ihn herum und konnten sich nicht vorstellen, wie etwa die Kölner Straßenbahn funktioniert, dass Menschen Hunde an Leinen führen und sie sogar mit Futter versorgen oder dass es Häuser mit mehr als zwei Stockwerken gibt.

Der 21-Jährige wurde auch mit schwierigen Erfahrungen konfrontiert: Er musste den Malaria-Tod eines kleinen Jungen aus seinem Projekt miterleben. Zusammen mit dem Pater brachte er den 13-Jährigen in das Kilometer entfernte Krankenhaus. Auf einen Arzt trafen sie dort jedoch nicht, und auch der Krankenpfleger vor Ort war nicht entsprechend ausgebildet. Am nächsten Morgen erhielten sie die Nachricht vom Tod des Jungen.

„Das Jahr hat viel verändert“, stellt Steinkuhl fest. Seinen Wunsch, Pilot zu werden, hat er mittlerweile aufgegeben. „So viele Kinder dort sterben einfach an Husten, weil die medizinischen Mittel nicht vorhanden sind. Ich habe die ganzen kleinen Särge gesehen.“

Nach seiner Rückkehr nach Köln hat er deswegen erst einmal mit der Ausbildung zum Krankenpfleger begonnen. „Ich habe meinen Freunden in Osttimor gesagt, dass ich als Arzt zurückkehren werde.“

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