Kunden genervtKVB fährt wegen „Umsetzungsstau“ jenseits der Kapazitätsgrenzen

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Genervte Kunden am Neumarkt: Dort fährt die KVB jenseits der Kapazitätsgrenze.

Genervte Kunden am Neumarkt: Dort fährt die KVB jenseits der Kapazitätsgrenze.

Köln – Stau. Es geht kaum noch etwas, wenn es in Köln um die Stadtbahn geht. Bei den Fahrgästen, weil die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) ihre Kapazitäten nicht mehr erhöhen kann. Beim Modal Split – der Verkehrsträgeranteile – weil die Fahrgastzahlen der KVB seit Jahren nur noch leicht ansteigen können.

Und warum beschließt der Kölner Rat nicht, dass die KVB ihr Netz ausbauen kann? Hat er. „Wir haben aber keinen Mangel an Beschlüssen, wir haben einen Umsetzungsstau“, sagt KVB-Chef Jürgen Fenske. So ist in 2016 passiert, was unter diesen Umständen zu erwarten war: Die Fahrgastzahlen der KVB haben sich nur leicht erhöht.

Wie viele fuhren 2016 mit Bus und Bahn?

Das Angebot der KVB nutzten im vergangenen Jahr 277,7 Millionen Fahrgäste. Im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 0,5 Prozent. „Ganz ordentlich“, sagt Fenske dazu. Was seinen „Jubel“ ein wenig bremst. Die Kurve der Fahrgastzahlen steigt seit 2011 nur noch leicht an. Die Kapazitätsgrenze eben. „Am Knotenpunkt Neumarkt ist die schon längst überschritten“, sagt Fenske frustriert.

Wann steigen neue Fahrgäste zu?

Im Berufsverkehr geht nichts mehr. Bahnen und Busse sind in den Morgen- und Abendstunden dicht. „Da haben wir kein Potenzial mehr. Aber der Einkaufsverkehr wächst“, sagt Gunther Höhn, Betriebsleiter Nahverkehrsmanagement. Vor allem die Stadtbahnlinie 1 nach Weiden zum dortigen Einkaufszentrum profitiert davon. Nicht zuletzt auf dieser Strecke kommen die 0,5 Prozent mehr an Fahrgästen zustande.

Ist Schwarzfahren noch Volkssport?

Nein. Die Zahl der Schwarzfahrer nimmt seit Jahren kontinuierlich ab. Sie lag 2016 nur noch bei zwei Prozent. Das liegt nicht zuletzt daran, dass seit 2014 alle KVB-Mitarbeiter Fahrscheine kontrollieren und nicht mehr nur die Service-Kräfte, oder wie der Volksmund sagt, die Kontrolleure.

„Zudem haben wir aber die Zahl der Service-Kräfte nochmals um 20 erhöht“, sagt Fenske. Das alles schafft Abschreckung, die sich nunmehr in Zahlen niederschlägt. Errechnet wird die Schwarzfahrerquote, indem die Zahl der erwischten Schwarzfahrer ins Verhältnis zu den kontrollierten Fahrgästen gesetzt wird.

Welches ist das erfolgreichste Ticket?

Mehr Fahrgäste und weniger Schwarzfahrer – es werden also mehr Tickets verkauft. Die Hitliste führt dabei das Handy-Ticket an. 111 100 gingen in 2016 über die virtuelle Schaltertheke. Ein Zuwachs von 18 Prozent zu 2015. Und in dieser Größenordnung findet das Handyticket seit 2013 Absatz. Also hat der Verkehrsverbund Rhein-Sieg doch recht, wenn er das Papier-Ticket wie beispielsweise das 4er-Fahrschein mittelfristig abschaffen will? „So etwas muss langsam geschehen, mit Blick auf Fahrgastgenerationen“, sagt Fenske auf Nachfrage der Rundschau. Die Zahl der Stammkunden – also der Fahrgäste mit Abo-Ticket – ist hingegen seit 2014 nahezu konstant und lag 2016 bei 304 500.

Was bringt die Zukunft für KVB-Kunden?

Die Linie 17 hat nur noch in Stoßzeiten zwei Wagen. Die prognostizierte Fahrgastzahl ist auch nach über einem Jahr nicht erreicht. Dennoch ist ihre Bedeutung für die KVB groß.

Die Linie 17 hat nur noch in Stoßzeiten zwei Wagen. Die prognostizierte Fahrgastzahl ist auch nach über einem Jahr nicht erreicht. Dennoch ist ihre Bedeutung für die KVB groß.

Bei allen Plänen muss der „Umsetzungsstau“ mitgedacht werden: Anbindung von Stammheim und Flittard, Weiterführung der Nord-Süd-Stadtbahn nach Rondorf/Mechenich, Anbindung von Widdersdorf, Verlängerung der linksrheinischen Gürtelstrecke, rechtsrheinische Verlängerung der Linie 7 und Anbindung von Neubrück.

Und dann die Ost-West-Achse mit Tunnel von Heumarkt bis Neumarkt und längeren Zügen. Dabei denkt die KVB nicht mehr an die Dreifachtraktion, also an Fahrten mit drei Wagen, sondern an einen Langzug mit einem zusätzlichen Wagen. Zeithorizont für alles (ohne Umsetzungsstau): 2030. Investitionsvolumen 1,1 Milliarde Euro. „Das geht nur, wenn Land und Bund Fördergelder geben“, sagt Fenske. Und ergänzt sogleich, dass er den vom Bund mit 333 Millionen Euro pro Jahr gefüllten Fördertopf für alle Projekte bundesweit für viel zu klein hält. „Der wurde seit 1997 nicht mehr aufgestockt.“

Was machen die neuen Fahrscheinautomaten?

Auch hier: Stau. Eigentlich sollten alle 944 neuen Automaten an Bahnsteigen und in Fahrzeugen bis Ende 2017 stehen. Nun wird es wohl Mitte 2018 werden. Softwareanpassungen lassen das Projekt mal wieder stocken.

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