Stadt informiert sich in RotterdamWie könnte das Wasserbus-System in Köln aussehen?

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Der „Waterbus“ verbindet über acht Linien Rotterdam mit den Vororten. 

Der „Waterbus“ verbindet über acht Linien Rotterdam mit den Vororten. 

Köln/Rotterdam – Alle Straßen zur Rushhour dicht: So wie es heute in Köln aussieht, so ging es bereits Ende der 90er Jahre in Rotterdam zu. Um für Entlastung zu sorgen, wurde dort ein Wasserbussystem aufgebaut. Das will nun auch Köln. Der Rat hat es beschlossen. Darum fuhr eine Delegation zum Wasserbus nach Rotterdam. Mit dabei war Rundschau-Redakteur Ingo Schmitz.

Das Netz

„Wir haben unser System Stück für Stück aufgebaut“, sagt Gerbrand Schutten, Direktor des Unternehmens Waterbus. „Immer am Bedarf orientiert.“ Heute werden entlang der Rheinmündungen über acht Linien und 19 Haltestellen die Vororte mit Rotterdam verbunden. An drei Haltestellen gibt es die Möglichkeit, auf die Bahn umzusteigen. An weiteren fünf Haltestellen gibt es einen P+R-Parkplatz. „Bus und Bahn haben bei uns nicht eine so hohe Bedeutung. Wir fahren vor allem mit dem Fahrrad“, sagt Schutten. Jeder Wasserbus hat am Heck Stellflächen und Ständer für Zweiräder.

Geschwindigkeit

Die Wasserbus-Schiffe sind Katamarane, ein Schiff auf zwei Kufen. „Wir müssen bei der Strömung von rund sechs Stundenkilometern den Widerstand so gering wie möglich halten“, sagt Schutten. Zurzeit lässt das Unternehmen „Waterbus“ ein Schiff bauen, bei dem zu diesem Zweck Luftblasen unter den Bug geblasen werden. Angetrieben werden die Katamarane von zwei schweren Dieselmotoren. Sie bringen es auf eine Spitzengeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern. So kann die längste Strecke im Netz von Dordrecht nach Rotterdam (rund 26 Kilometer) in 57 Minuten bewältigt werden. Mit dem Auto ist man dafür rund 30 Minuten unterwegs. Aber nicht zu den Hauptverkehrszeiten, dann benötigt der Autofahrer auch schon mal bis zu 90 Minuten. „Unser Ziel ist es, mit dem Wasserbus maximal dreimal so lang für eine Strecke zu brauchen wie mit dem Auto . Zudem wollen wir die psychologische Grenze von einer Stunde nicht überschreiten“, sagt Schutten.

Der Innenraum der Wasserbusse in Rotterdam hat für 150 Fahrgäste Sitzplätze. 

Der Innenraum der Wasserbusse in Rotterdam hat für 150 Fahrgäste Sitzplätze. 

Ticketpreise

Die Tageskarte für das Wasserbusnetz kostet 13 Euro. Das Ticket für Teststrecke der Kölner Delegation von Dordrecht nach Rotterdam kostet 6 Euro. Für die Nutzung des gesamten Nahverkehrsnetzes in Rotterdam gibt es einen elektronischen Chip. Beim Einsteigen in den Wasserbus wird es an einem Automaten eingelesen und erst beim Aussteigen aus dem zuletzt genutzten Verkehrsmittel – beispielsweise der Bahn – ausgelesen.

Fahrgastzahlen

Die Fahrgastzahlen des Wasserbusses sind seit der Einführung 1999 stetig gestiegen und jetzt bei rund zwei Millionen Nutzern pro Jahr. Rotterdam hat rund 630 000 Einwohner. 80 Prozent der Fahrgäste sind von einem anderen Verkehrsmittel auf den Wasserbus umgestiegen, 20 Prozent sind Neukunden. Von diesen 20 Prozent sind rund die Hälfte Touristen.

Kosten

Ein dieselbetriebener Katamaran kostet rund eine Million Euro. Eine Haltestation mit digitaler Fahrgastinformation und mit auf Ponton gelagertem Übergang kostet rund 250 000 Euro. Die jährlichen Betriebskosten liegen zwischen acht und neun Millionen Euro. 44 Prozent dieser Kosten erwirtschaftet das Unternehmen „Waterbus“ aus den Ticketverkauf. 56 Prozent beträgt die Förderquote aus dem kommunalen Haushalt. Um die Dieselkosten senken zu können, lässt Waterbus ein Schiff entwickeln, das mit Strom betrieben und mit Solarzellen bestückt ist. Rik Janssen, Minister für Umwelt und Wassertransport in der Region Süd-Holland, sagt: „Der Wasserbus ist nicht mehr wegzudenken aus unserem Nahverkehrsangebot. Wir haben die Vertragslaufzeit bis zum Jahr 2022 verlängert.“

Das Kölner Konzept

Laut Ratsbeschluss soll langfristig ein Wasserbusangebot von Leverkusen bis nach Bonn entstehen. Denkbar wäre in einem ersten Schritt eine Strecke von Mülheim bis in den Kölner Süden. Die Wasserbusse würden in einer Zick-Zack-Route Haltestellen an beiden Rheinseiten anfahren. Die Stadt Bonn hatte ein Gutachten für ein Wasserbussystem in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse nun vorliegen. Demnach lohnt sich aus wirtschaftlichen Gründen ein solches Angebot für die Bundesstadt nicht.

 Die meisten Pendler nehmen ihr Fahrrad mit, um von der Haltestelle beispielsweise zum Arbeitsplatz zu kommen. 

 Die meisten Pendler nehmen ihr Fahrrad mit, um von der Haltestelle beispielsweise zum Arbeitsplatz zu kommen. 

Kölner Stimmen

Franz-Josef Höing, Dezernent für Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr: „Mir ist es wichtig, diese Diskussion nun noch auf den Weg zu bringen. Aufgrund dessen, was wir in Rotterdam gesehen haben, werden wir nun ein Konzept erarbeiten und dem Rat vorlegen.“ Ab Januar tritt Höing seine Aufgabe an die neue Verkehrsdezernentin ab .

Dirk Michel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU: „Der Wasserbus ist eine Option für Köln, und das Beispiel Rotterdam ist Motivation.“

Norbert Reinkober, Geschäftsführer des Nahverkehr Rheinland und der Verkehrsverbundes Rhein-Sieg, sowie Peter Hofmann, KVB-Vorstandsmitglied, sind sich einig: Wichtig sei vor allem, wie ein Wasserbussystem in das ÖPNV-Netz in Köln eingebunden wird. „Wir müssen an den Haltestellen am Rheinufer Umsteigemöglichkeiten haben auf Bus, Bahn und Leihfahrrad“, sagt Hofmann.

Lino Hammer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen: „Ein Wasserbussystem hätte keine große Bedeutung für die innerstädtischen Strecken. Aber es ist ein interessantes Zusatzangebot zur Anbindung des Umlandes.“

Dietmar Ciesla-Baier, für die SPD im Verkehrsausschuss: „Es kommt jetzt darauf an, was uns die Verwaltung vorschlägt. „Wir brauchen eine ordentliche Untersuchung.“

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