Wie aus einer anderen ZeitAuktionshaus Breker feiert 30-jähriges Jubiläum

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Eine kleine Figur vor einem Musikautomaten aus dem 19. Jahrhundert.

Eine kleine Figur vor einem Musikautomaten aus dem 19. Jahrhundert.

Köln – Das Faszinierendste ist vielleicht, dass wirklich alles funktioniert: Auf der Box, an dessen Kurbel Uwe H. Breker dreht, sitzt rittlings eine geschnitzte Holzfigur, ihr linker Arm reckt einen Krug in die Höhe. Im Inneren fangen die gelochten Messingscheiben mechanisch an, sich zu drehen. Eine Melodie erklingt. Metallisch, wie aus einer anderen Zeit. Mehr als 130 Jahre ist der Musikautomat alt, neben ihm stehen Dutzende ähnliche Geräte, die im 19. Jahrhundert in Gaststätten die Musikkapellen ersetzen sollten.

Dampfmaschine aus 1670 funktioniert heute noch

„Manche haben ein Klangvolumen wie ein großer Flügel“, sagt der Gründer des Auktionshauses Breker. Seit 30 Jahren versteigert er seltene historische Technik, aus Wissenschaft, Freizeit und Fotografie. Sinnbildlich für alles, was ihn an Technik fasziniert, hat er in den Eingangsbereich seines Auktionshauses eine Dampfmaschine gestellt, entwickelt 1670 von James Watt. Sie läuft heute mit einem Elektromotor.

Ein altes Grammophone.

Ein altes Grammophone.

Das Auktionshaus mitten im Industriegebiet Godorf, ein schlichter Betonbau zwischen Obi und Ikea, ist äußerlich weit entfernt von mondänen Schwestern wie Sotheby’s oder Christie’s. Dennoch fährt bei den jährlich vier Auktionen auch hier schon mal eine Limousine vor. So wie die von Brian May, Leadgitarrist von Queen. Er erweiterte in Köln seine Sammlung von Stereokameras. Zu prominenten Kunden gehören unter anderem Magier David Copperfield, der telefonisch eine „Magic Lantern“ ersteigerte, oder Microsoft-Mitgründer Paul Allen, der für 123 000 Euro nun eine „Schreibkugel“ sein Eigentum nennen darf, eine der ersten serienmäßig hergestellten Schreibmaschinen.

Uwe H. Breker stellt eine alte Druckpresse vor.

Uwe H. Breker stellt eine alte Druckpresse vor.

Wo sonst Gebote in Zehntausender-Schritten abgeben werden, stehen jetzt Kisten mit Klebestickern. „215 Kilo“: Diese wartet nach der letzten Auktion darauf, nach Hongkong verschickt zu werden. „Ein Grammophon“, erklärt der Hausherr. Mehr als 90 Prozent der Kunden des Kölner Auktionshauses sind Ausländer, geboten wird mittlerweile auch live über das Internet. Für die Versteigerung des „Apple 1“, das allererste Modell des Computerriesen, machte das „Auction Team Breker“ sogar Werbung auf einer Leuchtreklame des New Yorker Times Square. Für 110 000 Euro kam er im Mai unter den Hammer.

38 Experten kümmern sich um die Raritäten

Uwe H. Breker kennt sein Klientel. Er ist einer von ihnen. Der Sammler führt mit Hingabe durch das Haus, das mehr Museum ist, und kennt die Geschichte zu nahezu jedem Stück, die er bereitwillig erzählt. Wie die der allerersten Glühbirne von Thomas Edison (von 1880), die er stolz an und aus und wieder an knipst – in dem Wissen, dass sie durch ein „perfektes Vakuum“ nie kaputt gehe. Edison spielt in Brekers Leben eine große Rolle: „Ich verehre ihn“, sagt er schlicht. Mehr als 1000 Patente meldete der weltbekannte Erfinder zu Lebzeiten an. In der ersten Etage gibt es eine kleine Cafeteria, die Breker nach dem Genie benannt hat: der „Club Edison“. Auf der hölzernen Küchenbank können die Sammler hier auf das nächste Gebot warten. „Die Auktionen dauern immerhin oft zwischen sechs und acht Stunden“, erklärt Breker.

Ein weiterer Musikautomat aus dem 19. Jahrhundert.

Ein weiterer Musikautomat aus dem 19. Jahrhundert.

Zurück auf dem Flur klingen mechanische Melodien durch die Türen. Hier werden die Sammlerstücke repariert und dann katalogisiert. 38 Experten für unterschiedliche Gerätschaften, viele davon aus Polen, arbeiten für das Familienunternehmen, das in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum feiert. Seit zehn Jahren sitzt es in Godorf, vorher an der Bonner Straße. Dabei hatte Breker nie vor, ein Auktionshaus zu gründen, wie er sagt. Sein Vater hatte in Köln eine Druckerei, und auch Profisportler zu werden stand für Breker zur Debatte: Der ehemalige 100 Meter-Sprinter wurde insgesamt fünf Mal Deutscher Meister, lief in einer Staffel mit Klaus Ulonska, Johannes Kaiser und Manfred Germar. Dann kam ein sonniger Wintertag. Breker war 20 Jahre alt als er beim Schlittenfahren verunglückte. Ein halbes Jahr Krankenhaus, die Karriere als Profisportler war vorbei.

Zum Auktionshaus kam er schließlich über das eigene Sammeln. Sein erstes Stück: eine Mignon Schreibmaschine vom Flohmarkt für 200 Mark. Mit sechs anderen Sammlern stellte er 1986 zum Thema „Historische Bürowelt“ auf der Computermesse CeBIT aus. Ein voller Erfolg. Im nächsten Jahr gab es dort die erste Versteigerung: „Es gab so ein riesiges Gedränge, die Polizei wurde gerufen.“ So fing alles an.

Im ersten Stock öffnet Breker eine Tür. Alles, was dahinter ist, wird nicht versteigert. Zu seiner Sammlung gehören auch die mächtigen Druckerpressen im Keller. Aber die Dinge oben sind anders. „Kuriositäten haben mich immer besonders interessiert“, sagt Breker und zeigt Ventilatoren, die mit Wasserdruck arbeiten, ein Grammophon in einer Lampe, ein Telefon in einer Vase, einen elektrischen Stift von Edison. Daneben das erste automatische Feuerzeug, das erste Kopiergerät, das erste Fax-Gerät, das erste TV-Gerät, die erste Fernsehsendung auf Platte („Ein Mann dreht den Kopf von rechts nach links“). Man könnte ewig so weitermachen. Ein Raum ist gefüllt mit Schreibmaschinen, mechanische und elektrische, ein anderer mit säuberlich sortierten Unterlagen: das komplette Archiv amerikanischer Patente ab 1780. Woher genau die Stücke kommen, dazu schweigt Breker. Sein Netzwerk arbeitet überall auf der Welt, mittlerweile hat sein Auktionshaus so einen großen Bekanntheitsgrad, dass Erben oder Sammler selbst auf ihn zukommen.

Als wäre das noch nicht genug, reihen sich in Brekers Büro die Pokale auf den Schränken: Mit dem „ältesten Fahrzeug“ gewann er etliche Oldtimer Rallyes, mit einem Ford Model T von 1908 fuhr er durch die USA und Europa. „Mich interessieren nur die Anfänge“, sagt Breker. Es bleibt unklar, ob er nur die Autos oder nicht doch alle seine Schätze meint. Bald will er mit Computern, Handys und Co. einen Schritt in eine neue Richtung machen. Er habe sich lange dagegen gesträubt, sagt der 76-Jährige. Einen Prototyp vom ersten iPhone hat er für eine der nächsten Auktionen bereits organisiert. „Wenn man es genau nimmt, sind das ja auch alles Zeitzeugen der Menschheitsgeschichte. So wie alles hier.“ Breker wirft noch eine Münze in den Musikautomaten in seinem Büro – eine mechanische Melodie erklingt. Wie aus einer anderen Zeit.

Die nächsten Auktionen sind am 27. September sowie am 11. November.

www.breker.com

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