Prozess in BonnMutter und Sohn wegen Drogenhandels im großen Stil vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten

Bonn/Euskirchen – Die Mutter fasst sich immer wieder an die Stirn, schüttelt den Kopf und weint. Wenige Minuten vor Prozessbeginn hält die 50-Jährige ihre Anspannung kaum noch aus. Die angeklagte Heilpädagogin kann kaum glauben, dass sie in „so eine Sache reingerutscht“ ist. Nun muss sie sich wegen Drogenhandels in großem Stil vor dem Bonner Landgericht verantworten.

„Ich wollte meinem Sohn helfen“

Dann öffnet sich eine der Saaltüren. Ihr Sohn wird von zwei Wachtmeistern in Handschellen hereingebracht. Die Mutter strahlt, sie hat ihn seit seiner Verhaftung am 4. Dezember 2015 nicht mehr gesehen. Die beiden, die im Euskirchener Stadtgebiet leben, fallen sich um den Hals.

Als der Bonner Staatsanwalt die Anklage verliest, sitzen Mutter und Sohn nebeneinander. Dem 26-Jährigen wird der gewerbsmäßige Handel mit mindestens neun Kilo Marihuana im Wert von 54 000 Euro vorgeworfen. Und seine Mutter, die viele Jahre in einem Kindergarten gearbeitet hat, soll ihn dabei unterstützt haben.

Zunächst soll sie ihrem Sohn, der laut Staatsanwalt regelmäßig auf einem Euskirchener Supermarkt-Parkplatz seine illegalen Geschäfte abgewickelt hat, Nachschub gebracht haben, als ihm der Stoff ausgegangen war.

„Warum haben Sie das gemacht“, fragt der Kammervorsitzende die 50-Jährige: „Ich habe mich hinreißen lassen. Ich wollte meinem Sohn helfen. Er kam durch die Drogen, die er auch konsumiert hat, immer mehr unter Druck. Er wurde immer aggressiver“, erzählt sie und bricht erneut in Tränen aus: „Dabei bin ich total gegen Drogen.“ Auch als sie von der Kindheit des Sohnes erzählt, den sie alleine aufgezogen hat, schluchzt sie: „Ich wollte ihn immer schützen, da habe ich alles für ihn geregelt – und ihm wohl die Luft zum Atmen genommen.“

Mutter organisierte Kauf von vier Kilo Marihuana

Sie habe ihn überall hingefahren, weil er keinen Führerschein hat – und überwacht: „Ich war im Prinzip sein Chauffeur.“ Dann der Superdeal: Die Mutter organisierte telefonisch den Kauf von vier Kilo Marihuana bei einer holländischen Händlerin. Angeblich, so der Sohn, weil er nur ein Prepaid-Handy hatte, mit dem er nicht ins Ausland telefonieren konnte. Dieses letzte große Geschäft jedoch flog am 3. Dezember 2015 auf, da die Mutter bei der Bestellung der Drogen bereits überwacht wurde. Die Polizei stoppte ihren Sohn auf dem Rückweg von Kerkrade auf einem Autobahn-Rastplatz bei Weilerswist. Ein 24-jähriger Freund, der ihn diesmal chauffiert hatte, sitzt seit Freitag ebenfalls auf der Anklagebank.

Der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff kann das Verhalten der Mutter überhaupt nicht verstehen: „Das ist eine Dimension, die mir fremd ist. Wenn sie Dinge passiv dulden, weil es ihr Kind ist, kann ich es noch begreifen. Aber aktiv mithandeln und ihm auch noch den Stoff bringen, geht überhaupt nicht.“ Auch dem geständigen Sohn macht Reinhoff Vorwürfe: „Hier sitzt Ihre Mutter neben Ihnen und heult, weil Sie ihr Leben nicht gebacken kriegen.“

Der Prozess wird fortgesetzt.

Rundschau abonnieren