Gummersbach steht in der WüsteZukunft des Flugzeugs ist unklar

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Der Stolz der Kreisstadt am Boden: Dieses Foto von der in Teruel abgestellten „Gummersbach“ hat ein spanischer Flugzeugfan aufgenommen. Die Triebwerke und Fenster sind mit Folie abgeklebt.

Der Stolz der Kreisstadt am Boden: Dieses Foto von der in Teruel abgestellten „Gummersbach“ hat ein spanischer Flugzeugfan aufgenommen. Die Triebwerke und Fenster sind mit Folie abgeklebt.

Gummersbach – Nach tausenden Flügen rund um den Erdball hat die Lufthansa ihren Langstreckenjet „Gummersbach“ in die Wüste geschickt. Der Airbus mit dem Namen der Kreisstadt steht auf dem spanischen Flugplatz Teruel, in einer abgelegenen Halbwüste östlich von Madrid. Dieser Airport ist mitnichten ein Verkehrsdrehkreuz – er erinnert eher an einen Flugzeugfriedhof. Tatsächlich ist unklar, ob die Maschine jemals wieder für die Lufthansa abheben wird.

Auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet die Lufthansa, dass sie die Gummersbach in Teruel „temporär geparkt“ habe. Das sei kein ungewöhnlicher Vorgang, erläutert Florian Gränzdörffer aus der Pressestelle der Fluggesellschaft: „Derzeit stehen in Teruel zwei weitere Lufthansa-Maschinen, ebenfalls vom Typ A340-600.“ Sie würden bei der momentanen Flottenauslastung nicht benötigt. Denn im Winter würden „Kapazitäten angepasst“, erklärt Gränzdörffer. Heißt: Weil es für die vielen Lufthansa-Maschinen nicht genug Flüge gibt, werden manche vorübergehend stillgelegt. Indes: Die Gummersbach steht bereits seit Mai auf dem ehemaligen Militärflughafen Teruel.

Vorerst eingemottet: Die D-AIHN – so lautet die Registrierung des Jets – hat 4725 Flüge absolviert, 44 516 Stunden war sie in der Luft.

Vorerst eingemottet: Die D-AIHN – so lautet die Registrierung des Jets – hat 4725 Flüge absolviert, 44 516 Stunden war sie in der Luft.

Außer einer 2850 Meter langen Piste und einem riesigen Abstellareal gibt es in Teruel nicht viel. Doch das warme Klima dort sei optimal, um Flugzeuge zu parken, betont der Lufthansa-Sprecher. Die meiste Zeit scheint die Sonne, es regnet kaum – so sei Korrosion kein Thema, anders als im feuchten Mitteleuropa. Eine Tochterfirma von Airbus hat sich darauf spezialisiert, vorübergehend oder endgültig ausrangierte Flugzeuge zu warten, lagern und recyceln.

Ob auch die Gummersbach schon bald in ihre Einzelteile zerlegt wird? Oder verkauft? Gränzdörffer sagt: „Es ist noch nicht entschieden, wie es mit dieser Maschine weitergeht.“ Es sei durchaus möglich, dass der Passagierjet in die aktive Flotte zurückkehrt. Deswegen werde die Maschine in einem Zustand gehalten, der eine Wiederinbetriebnahme ermögliche: Die Triebwerke der Gummersbach wurden staubsicher verhüllt, empfindliche Technik vorübergehend ausgebaut, und wichtige Teile werden regelmäßig gefettet.

Die Lufthansa besitzt 24 Maschinen des Airbus-Typs A340-600. Die Gummersbach ist Baujahr 2006 – es gibt Schwestermaschinen, die haben mehr Jahre auf dem Buckel. Dass nun ausgerechnet die Gummersbach in der Halbwüste steht und nicht ein älterer A340-600, liege an vielen Faktoren. Gränzdörffer: „Das hängt etwa von der Triebwerksleistung ab.“ Als alt gelte der Langstreckenjet Gummersbach aber nicht: 4725 Mal startete er, meist zu Interkontinentalflügen, und war dabei 44 516 Stunden in der Luft.

Derzeit erneuert die Lufthansa ihre Langstrecken-Flotte. Sie hat 25 Airbus des Typs A350 bestellt – das ist das Nachfolgemodell des A340-600. In Luftfahrtkreisen ist bekannt: Der A350 soll in den kommenden Jahren den A340-600 ersetzen. Kurz vor Weihnachten nahm die Lufthansa den ersten A350 in Empfang. Florian Gränzdörffer: „Selbst wenn die Gummersbach ausgemustert wird, endet die Patenschaft mit der Stadt Gummersbach ja nicht. Dann bekommt eine neue Lufthansa-Maschine den Namen.“ Das allerdings könnte Jahre dauern.

Auf und Ab der Gummersbach

Bereits im Jahr 1988 hatte der damalige Gummersbacher Bürgermeister Hubert Sülzer bei der Lufthansa beantragt, eine Maschine auf den Namen der Kreisstadt zu taufen. Erst 14 Jahre später kam die Zusage. Die Taufe der ersten „Gummersbach“ – einem vierstrahligen A340-300 – fand am 9. September 2002 statt. Doch die Höhenflüge dauerten gerade mal neun Jahre: 2011 verkaufte die Lufthansa ihren Jet an die Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums in Köln-Wahn. Der Name Gummersbach musste weichen, seitdem ist der Jet als „Theodor Heuss“ unterwegs, mit den deutschen Farben am Rumpf und Kanzlerin, Ministern oder Bundespräsident an Bord.

Namenpatenschaften enden nicht

Die Namenpatenschaften der Lufthansa mit deutschen Städten enden nie. Deswegen wurde im Oktober 2013 auf ein anderes Flugzeug der Name Gummersbach lackiert – nämlich auf den damals schon sieben Jahre alten A340-600, der nun bis auf weiteres geparkt ist. Die sogenannte Namensübertragung wurde im Gummersbacher Rathaus gefeiert, die Zeremonie glich einem Staatsakt. Flankiert von einem Fähnchen mit dem Lufthansa-Kranich auf der einen Tischseite und einem Fähnchen mit dem Stadtwappen auf der anderen unterzeichneten Bürgermeister Frank Helmenstein und ein Lufthansa-Vertreter die Patenschaftsurkunde in vierfacher Ausfertigung. Anschließend nahm der Rathauschef ein Modell der Maschine entgegen.

Während der Fußball-WM 2014 in Brasilien kam die Gummersbach zu Ruhm und Ehre: Sie wurde umlackiert – aus dem Schriftzug „Lufthansa“ wurde „Fanhansa“. Unter der Flugnummer LH2014 startete die A340-600 am 7. Juni 2014 in Frankfurt, um die Nationalmannschaft um Bundestrainer Joachim Löw nach Salvador da Bahia zu fliegen. Später wurde Deutschland Weltmeister.

Nach nur drei Jahren mit dem Namen Gummersbach im Dienst fliegt die Maschine bereits seit Mai nicht mehr. (ag)

Interview mit Flugbegleiter Lorenz Brüning

Lorenz Brüning (30) stammt aus Gummeroth und betreut seit 2011 First-Class-Passagiere der Lufthansa bei ihren Flugreisen. Arnd Gaudich sprach mit dem Flugbegleiter.

Wie oft waren Sie schon mit der „Gummersbach“ in der Luft?

Bei vier Langstreckenflügen war ich auf der Maschine eingesetzt, unter anderem von München nach New York. Als ich im vergangenen Jahr vom Lufthansa-Standort München nach Frankfurt gewechselt bin, hatte ich meinen letzten Flug mit der Gummersbach, von Shanghai nach München. Das war ein sehr schöner Zufall.

Wie fühlt es sich an, in der Maschine zu fliegen, die den Namen der Heimatstadt trägt?

Das ist immer etwas Besonderes. Denn wir Flugbegleiter sind ja laufend in anderen Maschinen in der Welt unterwegs – da ist es tatsächlich ein bisschen Heimat, wenn ich zufällig in der Gummersbach arbeiten darf.

Was genau ist Ihre Aufgabe in der First Class?

Ich heiße unsere Gäste willkommen, serviere Getränke und Essen und versuche, ihnen während des Flugs jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Denn in jedem Lufthansa-Jet gibt es nur acht Plätze in der First Class. Es ist also ein besonders umfangreicher Service, den wir dort bieten. Und das Schöne ist: Ich darf über den Wolken meinen Traumberuf ausüben.

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