PersonalmangelAuslaufmodell freiwillige Feuerwehr?

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Bergneustadt – Ziemlich ratlos verließen die Mitglieder des Bergneustädter Feuerwehrausschusses die Sitzung. Nicht anders erging es Stadtbrandinspektor Michael Stricker. Der Feuerwehrchef hatte den Lokalpolitikern  in einer minutiös ausgearbeiteten Präsentation dargelegt, wie viele Aktive der Wehr derzeit schon fehlen. Und was passieren kann, wenn gegen den  sich weiter verschärfenden Personalmangel nicht schnellstens etwas unternommen wird.

Zu den wichtigsten Planungsmerkmalen eines Feuerwehreinsatzes gehört die Hilfsfrist, die im Brandschutzbedarfsplan jeder Kommune festgeschrieben ist. Als Beispiel dient ein normaler Brandeinsatz: Bis ein Feuer bemerkt und die Rettungsleitstelle informiert wird, vergehen statistisch gesehen 3,5 Minuten. Weitere 1,5 Minuten vergehen für das Gespräch mit dem Disponenten der Leitstelle und dessen Entscheidung, welche Rettungskräfte er alarmiert. Nach weiteren fünf Minuten sollen die ersten Einsatzkräfte ihre Feuerwache erreicht und sich einsatzbereit gemacht haben. Weitere drei Minuten bleiben für das Erreichen jedes denkbaren Einsatzortes im Stadtgebiet. Nicht mehr als 13 Minuten sollen bis zur Ankunft am Einsatzort vergangen sein. Nach weiteren vier Minuten sollen die ersten Löschmaßnahmen Wirkung zeigen. Genauso lange, nämlich 17 Minuten, beträgt die Frist innerhalb der ein dem Brandrauch ausgesetzter Mensch überhaupt noch reanimiert werden kann. (kn)

Um es vorweg zu nehmen: Die zündende Idee hatte niemand in der Runde.

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125 aktive Mitglieder hat die Feuerwehr Bergneustadt derzeit in ihrem fünf technischen Einheiten. Das rechnerische Soll beträgt 183.

Besonders prekär ist die Lage im Stadtzentrum beim Löschzug I.  Auf 31 Aktive kann Stricker hier zurückgreifen, 50 müssten es sein. Die Einsatzbelastung ist hier besonders hoch, denn die Einheit muss mit der Drehleiter, die zu Einsätzen im gesamten Stadtgebiet fährt,  und einem Rüstwagen, der auch zu Einsätzen auf der Autobahn ausrückt, gleich zwei Sonderfahrzeuge besetzen.

Wie bei anderen Feuerwehren auch, ist in Bergneustadt nicht nur die sinkende Zahl der einsetzbaren Mitglieder ein Problem, sondern auch deren   Tagesverfügbarkeit. Schon jetzt werden in Bergneustadt bei jedem Einsatz gleich zwei Löschzüge alarmiert. Liegt der Einsatzort auf dem Hackenberg mit seinen Hochhäusern, rücken sogar gleich drei Einheiten aus.  Probleme am Arbeitsplatz, wenn tagsüber alarmiert  wird, oder ein Arbeitsplatz außerhalb Bergneustadts führen dazu, dass die Wehr tagsüber kaum im erforderlichen Tempo mit der notwendigen Mannschaftsstärke ausrücken kann Aber gerade tagsüber fallen die meisten Einsätze an. Gerade einmal 20 Einsatzkräfte melden sich fünf Minuten nach der Alarmierung im gesamten Stadtgebiet, hat Stricker ermittelt.

Was sind die Alternativen? Eine rund um die Uhr mit sechs Mitarbeitern hauptamtlich besetzte Feuerwache, die dann  freiwillige Einsatzkräfte verstärken,  würde die Stadt mindestens 1,35 Millionen Euro jährlich kosten – keine gute Idee, wenn man wie Bergneustadt im Stärkungspakt Stadtfinanzen steckt.

Bei Jugendlichen oder potenziellen Quereinsteigern für den ehrenamtlichen Dienst in der Feuerwehr zu werben, ist vielfach versucht worden – ohne Erfolg. Vor allem junge Leute fragten als erstes nach der Entlohnung, berichteten mehrere Feuerwehrmitglieder resigniert.

Mehr Werbung an Schulen und übers Internet machen, lauteten weitere Vorschläge, die jedoch am Montagabend nicht weiter konkretisiert wurden.

Die Furcht geht um, die Freiwillige Feuerwehr könnte ein Auslaufmodell werden. Bürgermeister Halbe bestätigte Überlegungen im Bund,  Feuerwehren und Technisches Hilfswerk zusammenzulegen.

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