„Terror – Ihr Urteil“WK Theater wählt brisanten Stoff für neue Spielzeit

Lesezeit 3 Minuten

Waldbröl – Plötzlich springt Peter Becker auf, mit flacher Hand schlägt er auf den Tisch vor sich. Brüchig klingt seine Stimme, die Kontrolle entgleitet ihm. Und die Worte überschlagen sich. „Die Zivilisten sind doch die Waffe der Terroristen!“, brüllt er schließlich. Thorsten Schmidt ist von der Leistung seines Schauspielers recht angetan. „Lass’ Dich nur mit viel Kraft auf den Stuhl zurückdrücken“, fordert Regisseur Schmidt. Der Stuhl ist die Anklagebank, auf der Peter Becker als einer der Hauptdarsteller Platz nehmen muss.

Knappe Mehrheit für den Freispruch

Der Themenabend der ARD am Montag startet um 20.15 Uhr mit der Erstausstrahlung der Verfilmung des von-Schirach-Stücks. Dieses sieht vor, dass die Theaterzuschauer während einer Pause nach den Plädoyers ein Urteil fällen über Schuld und Unschuld des Kampfpiloten Koch.

Auch die Fernsehzuschauer sind zur Abstimmung aufgerufen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz. Ab 21.40 Uhr moderiert Frank Plasberg eine Sondersendung von „Hart aber fair“: Dort wird auch das Zuschauerurteil diskutiert. Nach bisherigen Abstimmungen in Theatern plädierten in 90 Prozent der Aufführungen die Zuhörer für einen Freispruch. Dabei ist diese Entscheidung knapper als die Zahl aussagt: Pro Theater liegt die Freispruch-Quote fast regelmäßig bei 55 Prozent.

Am Freitag, 14. Oktober, ist der Film bereits in 100 Lichtspielhäusern zu sehen, darunter im Kölner Residenz-Kino am Kaiser-Wilhelm-Ring. (höh)

Im März kommenden Jahres bringt das Waldbröler WK Theater das Stück „Terror – Ihr Urteil“ des Juristen und Bestsellerautors Ferdinand von Schirach auf die Bühne. Und Becker spielt den Militärpiloten Lars Koch, der sich vor Gericht für den Tod von 164 Menschen verantworten muss.

Schauspieler agieren

in der Saalmitte

Diese sind Passagiere in einem entführten Flugzeug. Terroristen wollen es während eines Fußballspiels in das ausverkaufte Stadion stürzen lassen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten aber schießt der Kampfpilot Koch die gekaperte Maschine ab. Niemand überlebt den Absturz. Hat Koch die Insassen ermordet? Oder hat er vielen tausend Sportfans im Stadion das Leben gerettet?

Diese Frage ist bereits am Montag, 17. Oktober, Teil eines Themenabends der ARD. Aktueller könnte die Waldbröler Wahl eines neuen Stoffes also kaum sein. „Wir haben uns gefragt, ob wir das Stück trotzdem aufführen“, sagt Thorsten Schmidt, der nicht nur Regisseur ist, sondern das 1989 gegründete WK Theater seit 2005 auch leitet. 2013 wurde es mit dem Kulturförderpreises des Oberbergischen Kreises ausgezeichnet. „Unsere Antwort war klar: Wir machen es“, erzählt der 36-jährige Schmidt – von Beruf Richter am Waldbröler Amtsgericht und damit zusätzlich noch mit einer besonderen Beziehung zu diesem juristischen Stoff, wie er im unten stehenden Interview verrät. Seinem zehnköpfigen Ensemble hat Schmidt übrigens Fernsehverbot erteilt: „Die Gefahr ist zu groß, dass wir die echten Schauspieler kopieren.“ Die Rollen in „Terror – Ihr Urteil“ sind mit Florian David Fitz als Pilot Koch, Martina Gedeck als Staatsanwältin und Burghart Klaußner als Richter prominent besetzt (siehe „Knappe Mehrheit für den Freispruch“).

Nie zuvor hat das Waldbröler Schauspielhaus so früh sein Vorhaben für eine anstehende Spielzeit mit stets fünf Aufführungen bekanntgegeben. Das liege an der Brisanz des Themas, erklärt Schmidt, der 40 bis 60 Stücke liest, bevor das Theater eine Wahl trifft. „Zudem hat uns der Verlag des Bühnenstücks mitgeteilt, dass wir deutschlandweit das einzige Laienensemble sind, das dieses gefragte Stück spielen darf.“ Es sei sonst Profibühnen vorbehalten. Zehnmal haben die Waldbröler Schauspieler bisher geprobt. Die Bühne wollen sie jedoch verlassen: Eine Idee ist es, die Gerichtsverhandlung im Saal zu platzieren, sodass die Zuschauer als Schöffen noch dichter am Geschehen sind. Die Zeit, das zu proben, ist noch lang: Die Premiere in der Aula des Hollenberg-Gymnasiums in Waldbröl ist für den 25. März geplant.

Rundschau abonnieren