Schulkind auf Straße geworfenWiehlerin wird vor Gericht wegen akuter Psychose freigesprochen

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Ein Oberstaatsanwalt bindet einen Stapel Gerichtsakten zusammen.

Vor dem Landgericht in Köln stand eine Oberbergerin.

Unter anderem hatte die Frau im Dezember 2022 ein Schulkind vor ihrem Haus in Wiehl gepackt und auf die Straße geworfen.

Im Prozess gegen eine 53 Jahre alte Frau unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung ist am Donnerstagabend vor dem Kölner Landgericht ein Urteil ergangen. Die Frau, die aus Waldbröl stammt, wurde wegen Schuldunfähigkeit aufgrund einer zur Tatzeit akuten Psychose freigesprochen.

Unter anderem hatte die Frau im Dezember 2022 ein Schulkind vor ihrem Haus in Wiehl gepackt und auf die Straße geworfen. Das Kind wurde von einem Auto erfasst und brach sich den Arm. Dennoch hatte das Mädchen Glück im Unglück: Sie blieb, wie sie selbst als im Zeugenstand eindrucksvoll bekundete, von psychischen Folgen der Tat verschont.

Wiehl-Bielstein: Verletztes Mädchen denkt nicht mehr an den Vorfall 

Das Mädchen hatte ausgesagt, dass es nicht mehr an den Vorfall denke. Schon in der Antragsschrift war die Kölner Staatsanwaltschaft von einer Schuldunfähigkeit der Frau aufgrund einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie ausgegangen. Im Prozess hatte ein psychiatrischer Sachverständiger die Diagnose bestätigt. In seinem Gutachten, das ebenfalls am Donnerstag vorgestellt wurde, erhob der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ungewöhnlich schwere Vorwürfe gegen die Psychiatrie des Krankenhauses in Waldbröl, wo die Frau Ende 2022 behandelt worden war.

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Dort sei die akute Psychose der Beschuldigten nicht sach- und fachgerecht erkannt und die entsprechenden Medikamente abgesetzt worden. Stattdessen sei die Frau mit Antidepressiva behandelt worden, die die Psychose nur noch weiter getriggert hätten. Auslöser der akuten Psychose Ende 2022 sei der Tod des Vaters, dem wichtigsten Bezugsanker in ihrem Leben, gewesen.

Zwar sei auch in Zukunft nicht auszuschließen, dass die 54-Jährige, die keine Krankheitseinsicht hat und sich nur widerwillig mit Medikamenten behandeln lässt, weitere Straftaten begehen könnte. Da aber mit keinem so schwerwiegenden Einschnitt im Leben der 54-Jährigen mehr zu rechnen sei, wie ihn der Tod des Vaters darstellte, sei höchstens mit Bagatellen zu rechnen.

Angeklagte hat sich freiwillig einer Behandlung unterzogen

Das wiederum reiche aber nicht für eine so erhebliche Gefährlichkeitsprognose, wie sie der Bundesgerichtshof (BGH) als höchstes deutsches Strafgericht an die Voraussetzungen für eine dauerhafte Unterbringung stelle. Der BGH fordert eine Prognose hoher Wahrscheinlichkeit für Straftaten von erheblichem Gewicht.

Da die 54-Jährige sich derzeit trotz eines gewissen Widerwillens aber freiwillig einer Behandlung mit einer Depotmedikation gegen ihre psychische Krankheit unterziehe, sei sie seit langem stabil, hatte der psychiatrische Sachverständige weiter ausgeführt.

Das Gericht folgte mit seiner Entscheidung den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die jeweils auf Freispruch plädiert hatten. Trotz des Freispruchs kehrte die 54-Jährige am Donnerstag in die Psychiatrie im niederrheinischen Bedburg-Hau zurück.

Wo sie in Zukunft unterkommt – ob in einer Einrichtung zum betreuten Wohnen oder in einer eigenen Wohnung – das muss nun die gesetzliche Betreuerin der 54-Jährigen klären.

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