AtelierhausGute Stube der Kreativen besteht seit zehn Jahren im Technologiepark

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Bergisch Gladbach – In der Eingangshalle des Bergischen Hauses steht eine altmodische Schiefertafel mit mathematischen Formeln. Zum Beispiel: 1 + 1 = 3. Karsten Panzer grinst.

„Die habe ich aus dem Schulmuseum Katterbach ausgeliehen“, sagt der Künstler.

An jedem Tag der Ausstellung, die am Montag im Technologiepark Bensberg eröffnet wird, will Panzer neue Zahlenspiele auf der Tafel platzieren – die allesamt falsch sind. Das ist sein Beitrag zu Kunstprojekt „Unerhört“, das er mit seinen Kollegen aus dem Atelierhaus 24 erarbeitet hat.

Es ist mehr als eine Ausstellung, die in den beiden guten Stuben des Technologieparks zu sehen ist.

Es ist eine Art Geburtstagsparty der 33 Künstler, die seit zehn Jahren gemeinsam unter dem Dach des Atelierhauses zusammen arbeiten oder gearbeitet haben.

Karsten Panzer hatte als erster sein Atelier in dem schmucklosen Bau. „Der Rest stand leer“, erinnert er sich. „Und die Künstlerhäuser in Kürten und Rösrath waren gerade aufgegeben worden.“ Damals wie heute war die Parkverwaltung an seiner Seite, und so entstand mitten im Gewerbegebiet eine der spannendsten Kulturinstitutionen im Kreis.

Mehr als 50 große Ausstellungen hat Panzer als Kurator mittlerweile konzipiert, und unten in der Galerie 24 sind permanent Präsentationen des „Hauskünstler“, aber auch von Gästen zu sehen. Lesungen, Kino, Vorträge, Themenschauen , Offene Ateliers, Kultursonntage – das Programm ist anspruchsvoll und komplex.

Panzer sieht sich als Spiritus rector der Gruppe. „Ich halte die Fäden zusammen“, sagt er von sich selbst. „Der Künstler macht sein Ding“, weiß er. Schließlich ist er selbst einer. Doch Karsten Panzer hat es in den Jahren zu großer Virtuosität gebracht, wenn es ums Präsentieren, Organisieren und Netzwerken geht. Die Online-Kataloge zu den Ausstellungen etwa sind beispielhaft.

Gut erkennbar: Vergangenes Jahr haben die Künstler die Fassade ihres Atelierhauses mit Wandmalereien gestaltet.

Gut erkennbar: Vergangenes Jahr haben die Künstler die Fassade ihres Atelierhauses mit Wandmalereien gestaltet.

„Interaktionen, Diskurse entfachen, das macht mir Freude“, sagt er. Auch bei „Unerhört“ ist seine straffe Handschrift erkennbar. „Unerhört ist ja mehrdeutig: Es bedeutet einen Ausdruck von Empörung, aber auch einen Whow-Effekt oder die betrübliche Feststellung, dass man sich nicht gehört fühlt.“

Mehrheitliche pessimistisch sind die Auslegungen der Künstler ausgefallen. Christine Burlon hat Waffen „In den Warenkorb“ geworfen. Ingrid Snijders platziert die „Kinder von Aleppo“ in eine beklemmende Wüste aus Zeitungsausschnitten.

Beklemmend: Die Silvesternacht in Köln inspirierte Irene Ehlers zu ihrem Gemälde „Tausend fremde Hände“. Es ist im Foyergebäude des Technolgieparks zu sehen.

Beklemmend: Die Silvesternacht in Köln inspirierte Irene Ehlers zu ihrem Gemälde „Tausend fremde Hände“. Es ist im Foyergebäude des Technolgieparks zu sehen.

Manuele Klein lässt ein russisches Kind mit leerem Blick aus einem verrotteten Fenster blicken. Maria Schätzmüller-Lukas legt kleine Bleisärge ins Entrée. Tihana Biscan schreit mit einer riesige Leinwand ihre Empörung heraus, Mike Felten dominiert eine Reihe unerhörter Seestücke mit einem fein gestrichelten Fisch auf fetter Schlacke. Maijan Dadic hat ein dreiteiliges Altarbild aufgestellt.

Man kann nicht jedem Exponat gerecht werden, lässt sich also treiben durch die Schau, die offenkundig macht, wie fruchtbar solche Künstlergemeinschaften sind. „Sie disziplinieren“, sagt Manuele Klein, eine der ersten Bewohnerinnen des A 24, die jetzt ein Atelier im eigenen Haus hat. „Man ist oft konzentrierter und auch motiviert, wenn die anderen arbeiten.“

Die Ausstellung „Unerhört“ wird eröffnet am Montag, 24. Oktober, 19.30 Uhr, mit Bürgermeister Lutz Urbach und Parkverwalter Albert Hanseder-Schiessl. Geöffnet werktags 9 bis 18 Uhr. Online-Katalog.

www.tbg.de/onlinekatalog-unerhoert.de

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