Köttgen in GladbachStudentin entdeckt Jugendstil-Pavillon hinter hässlichem Zweckbau

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Katja Pilot mit ihrem Entwurf: Der Jugendstilpavillon könnte benachbarten Unternehmen als Veranstaltungszentrum dienen.

Katja Pilot mit ihrem Entwurf: Der Jugendstilpavillon könnte benachbarten Unternehmen als Veranstaltungszentrum dienen.

Bergisch Gladbach – Manchmal lohnt ein zweiter Blick. Kaum jemand würde vermuten, dass sich hinter dem architektonisch wenig beeindruckenden Gebäude an der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße mehr verbirgt als ein billiger Zweckbau, der viele Jahre als Tanzlokal und Spielhalle genutzt worden ist. Doch hinter der auffallend gelb-rot-gestrichenen, mit Werbetafeln verzierten Fassade auf dem ehemaligen Köttgen-Gelände steckt ein Messepavillon mit filigranen Jugendstilelementen, der einst für die Industrie- und Gewerbeausstellung 1902 in Düsseldorf errichtet wurde.

Jugendstil im Dornröschenschlaf: Hinter dieser Fassade verbirgt sich der Messepavillon. Sein Erhaltungszustand wird geprüft.

Jugendstil im Dornröschenschlaf: Hinter dieser Fassade verbirgt sich der Messepavillon. Sein Erhaltungszustand wird geprüft.

Das jedenfalls ist die These von Katja Pilot, Architekturstudentin der Technischen Hochschule Köln. Die 28-Jährige hat sich in ihrer Masterarbeit mit dem Industriegelände im Bergisch Gladbacher Zentrum beschäftigt und ist der Frage nachgegangen, wie es städtebaulich entwickelt werden könnte.

Planspiel im Vorfeld der Bebauung

Die Examensarbeit der Studentin war ursprünglich als städtebauliches Planspiel gedacht. Hintergrund: Teile des alten Gießereigeländes, das sich in Händen von verschiedenen Eigentümern befindet, sollen demnächst bebaut werden. Anfang Juli hatte der Planungsausschuss dafür den Weg frei gemacht und einen neuen Bebauungsplan mit verbindlicher Bauleitplanung beschlossen.

Der Fund des alten Messe-Pavillons hat auch im Rathaus überrascht. Weil die Arbeit neue „Anhaltspunkte für die Beurteilung“ des Objektes geliefert habe, so Marion Linnenbrink, Sprecherin der Stadt, habe die Untere Denkmalbehörde beim Landschaftsverband Rheinland die Prüfung des Denkmalwertes beantragt. „Hierzu wird aber eine Innenbesichtigung nötig sein“, betont Linnenbrink. Bei Erstellung des Denkmalpflegeplans durch Prof. Michael Werling, der auch Gutachter der Masterthesis von Katja Pilot ist, war lediglich eine Begutachtung von außen erfolgt und der Bau als „erhaltenswertes Objekt“ eingestuft worden.

Im Pavillon präsentierte die Firma Köttgen bei der Messe 1902 in Düsseldorf ihre Produkte.

Im Pavillon präsentierte die Firma Köttgen bei der Messe 1902 in Düsseldorf ihre Produkte.

1902 präsentierte sich die damals namhafte Graugussgießerei Köttgen aus Bergisch Gladbach bei einer Gewerbe- und Industrieschau in Düsseldorf. Im eigens errichteten Jugendstilbau zeigte man Metallprodukte aus der eigenen Fertigung, wie Karren und Werkzeuge. „Nach dem Ende der Schau baute man den Pavillon in Düsseldorf ab, baute ihn auf dem Gießereigelände in Bergisch Gladbach wieder auf und brachte dort eine Schmiede unter“, erläutert Katja Pilot in ihrer Arbeit. Natürlich sei das Gebäude über die Jahrzehnte immer wieder verändert worden, „die wesentlichen Strukturen sind aber noch erhalten“, ist sie sich sicher, nachdem sie den Bau auch von innen besichtigen konnte.

„Es ist ein kleines, unentdecktes Schmuckstück, an dem man schnell achtlos vorbeilaufen kann“, sagt auch Michael Werling. Dass der Pavillon den Krieg unbeschädigt überstanden habe, sei großer Zufall: „In diesem Bereich sind sehr viele Bomben gefallen.“ Ob und wie es gelingen könnte, den Pavillon in aktuelle Planungen einzubeziehen, ist ungewiss. „Wir Studenten nehmen uns immer die Freiheit, dass wir planen, ohne die Kosten zu berechnen“, sagt Pilot. „Ein Investor würde sicher nicht so locker bebauen.“ In ihrem Entwurf dient der Pavillon umliegenden modernen Bürogebäuden als zentraler Veranstaltungsort. Dann allerdings in der rekonstruierten, repräsentativen Form des Jugendstils.

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