VergnügungssteuerOverath entgeht eine Million Euro durch fehlerhafte Steuerbescheide

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Symbolbild

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Overath – Die Stadt Overath hat in den vergangenen Jahren vermutlich mindestens eine Million Euro Vergnügungssteuer zu wenig eingenommen, weil die entsprechenden Steuerbescheide falsch ausgestellt worden sind. Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte der Overather Beigeordnete Bernd Sassenhof (FDP) die Fehler bei den Steuerbescheiden. Sassenhof ist in dieser Woche Chef im Rathaus. Er vertritt Bürgermeister Jörg Weigt (SPD).

Laut Sassenhof läuft seit mehreren Wochen bei der Stadt eine interne Überprüfung der alten Steuerbescheide. Der Bürgermeister habe dies nach einer Besprechung im Verwaltungsvorstand vor etwa drei Wochen in Auftrag gegeben. Bei der Überprüfung gehe es auch darum, zu sehen, ob und wie viel von den zunächst entgangenen Steuern nachträglich noch zu holen seien.

Fehler fiel erst Jahre später auf

Bei den falschen Steuerbescheiden geht es laut Sassenhof darum, dass in Overath eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von Februar 2009 zur Besteuerung von Spielautomaten jahrelang nicht berücksichtigt worden sei. Das höchste deutsche Gericht hatte am 4. Februar 2009 entschieden, dass eine Besteuerung von Spielautomaten rein nach ihrer Stückzahl statt nach ihrem Ertrag verfassungswidrig ist.

Diese Vorschrift stand im Hamburgischen Spielgerätesteuergesetz, und darüber mussten die Verfassungsrichter nach einer Vorlage des Finanzgerichtes Hamburg entscheiden. Wörtlich schrieb Karlsruhe damals: „Die vorgelegte Norm verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil der Stückzahlmaßstab sich als untauglich für die Erhebung der Spielgerätesteuer erwiesen hat und so die Aufsteller in nicht zu rechtfertigender Weise ungleich belastet.“

Die strikte Beachtung Karlsruher Richtersprüche im Verwaltungsalltag ist eigentlich eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Im Overath ist das im vorliegenden Fall aber zum Vorteil der Automatenaufsteller nicht geschehen und den Ausführungen Sassenhofs zufolge auch erst jetzt, mehr als sechs Jahre nach der Entscheidung, aufgefallen.

Wie viele Steuerbescheide betroffen?

Kämmerin Cordula Ahlers hat ihre Stelle in Overath im Oktober 2011 angetreten, also mehr als zweieinhalb Jahre nach der Gerichtsentscheidung. In ihren ersten Jahren war Ahlers – so erklärte sie mehrfach – zunächst intensiv mit der Erstellung der Bilanzen und anderen grundsätzlichen Aufgaben beschäftigt. Sassenhof sagte dieser Zeitung weiter, dass die derzeit laufende Überprüfung der alten Steuerbescheide von Rathausmitarbeitern vorgenommen werde, die an ihrer vorherigen Erstellung nicht beteiligt gewesen seien. Die Anzahl der fehlerhaften Steuerbescheide könne er aktuell nicht beziffern.

Die Stadtverwaltung arbeite gegenwärtig intensiv an der Aufarbeitung der Angelegenheit, damit sie den Stadtrat bald umfassend informieren könne. Sassenhof sagte weiter, dass ihm bislang nur Fehler bei der Vergnügungssteuer bekannt seien, nicht aber Fälle von falscher Veranlagung bei der Hunde-, Grund- oder einer anderen Steuer.

In seiner jüngsten Sitzung hatte der Rat auf Vorschlag der Verwaltung einstimmig die Vergnügungssteuersatzung geändert. Dabei wurde rückwirkend die Höhe der Steuer für Geldspielautomaten in Gastwirtschaften halbiert: Von 20 auf zehn Prozent des Einspielergebnisses. Dies sei nötig, um „Nachbesteuerungstatbestände rechtssicher veranlagen zu können“, hieß es von Seiten der Verwaltung zur Begründung.

Inhaltlich diskutiert wurde der Punkt im Stadtrat nicht. Wie sich jetzt zeigt, wurde er offenbar zur Vorbereitung der Nachforderungen für die Spielautomaten-Betreiber beschlossen. In der dem Rat vorgeschalteten Sitzung des Hauptausschusses war aber bereits die Forderung laut geworden, die Steuersätze für Spielautomaten nächstes Jahr deutlich zu erhöhen.

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