Bundestagskandidat im CheckRalph Lorenz (FDP): „Kämpfe für Kultur der zweiten Chance”

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Wenn er die Ruhe sucht, steigt Ralph Lorenz gern zur Windecker Burgruine hoch und genießt dort den Blick in die Weite.

Wenn er die Ruhe sucht, steigt Ralph Lorenz gern zur Windecker Burgruine hoch und genießt dort den Blick in die Weite.

Rhein-Sieg-Kreis – Ralph Lorenz erklärt seine politischen Ansichten am Frühstückstisch. Im Plauderton äußert sich der 47-Jährige in zwei Youtube-Videos, die auf seinem Balkon und im Garten in Altwindeck aufgenommen wurden. Er spricht über das Netzdurchsetzungsgesetz („ein Skandal“, weil Zensur durch Unternehmen stattfinde), über Bundestrojaner (die Regierung wolle damit strittige Geister kontrollieren) oder die Ehe für alle. „Ich bin durch und durch hetero“, bekennt er, „und manchmal vielleicht ein bisschen konservativ.“ Dass aber Leute die Ehe für alle, die sie gar nicht tangiere und die keinem schade, ablehnten, könne er nicht verstehen.

Seine politische Laufbahn startete der FDP-Bundestagskandidat auf kommunalem Terrain. Bei der Eitorfer Sensationswahl 2009 zählte Lorenz zu den Liberalen, die sämtliche Direktmandate im Eitorfer Gemeinderat holten. Im Rat fiel er auch dadurch auf, dass er mit seiner Meinung, die nicht immer die Meinung seiner Fraktion war, nicht hinterm Berg hielt. Verborgen hielt er hingegen, was damals sein berufliches Leben auf den Kopf stellte. „Ich wahrte den Schein“, sagt er im Rückblick auf den Niedergang seines Holz-Import-Export-Handels nach einem hohen Zahlungsausfall. „Ich bin gescheitert, habe als Kaufmann persönlich gehaftet und alles verloren“, outete er sich im November in seiner Kandidaten-Bewerbungsrede bei der Landeswahlversammlung der FDP.

Lorenz beweist Stehaufmännchen-Qualität

Lorenz macht im Gespräch mit dieser Zeitung keinen Hehl daraus, nicht alle Gläubigerforderungen bedienen zu können und möglicherweise den Weg in die Insolvenz antreten zu müssen. Und er beweist Stehaufmännchen-Qualität. „Ich fange unten wieder an.“ Er trug Zeitungen aus, arbeitete in einem Call-Center, verdingte sich in einem Kölner Brauhaus als Köbes. Mittlerweile kann er sich eine Rückkehr in die Selbstständigkeit vorstellen. Zwei Businesspläne liegen in der Schublade. „Ich kämpfe für eine Kultur der zweiten Chance.“ In seinem politischen Engagement ließ er sich selbst von einem Herzinfarkt nicht bremsen. „Mit meiner Kandidatur möchte ich auch anderen Menschen Mut machen“, sagt er. Das sei ihm sehr wichtig.

Mit Verve widmet sich der Neu-Windecker Umweltthemen, die er von den Grünen „ideologisch missbraucht“ sieht. Die Einbeziehung Eitorfs in das langfristige, mit Bundes- und Landesmitteln geförderte Naturschutzprojekt „Chance 7“ hat er als Ratsherr mit verhindert – „ich war der größte Gegner“. Als der Schutz des seltenen Ameisenbläulings 2013 ein Traditionsfußballturnier auf der Siegwiese in Eitorf-Harmonie in Frage stellte, organisierte er den Protest. „Schützen wir die Natur kaputt, ist die Nachhaltigkeit in Gefahr“, sagt Lorenz. Mit seinem Credo „Schützen durch Nützen“ hofft er, bei Landwirten, Waldbesitzern, Winzern, Jägern, Anglern und Imkern zu punkten. Als es darum ging, die Herkulesstaude im Siegtal zurückzudrängen, packte er selbst mit an.

„Man kann nicht alles haben”

Zu zwei Dauerstreitthemen im Wahlkreis bezieht Ralph Lorenz klar Stellung. Auf den Nachtflug am Köln/Bonner Flughafen könne nicht verzichtet werden. Daran hingen auch viele Arbeitsplätze. Wer die Nähe zur Großstadt und ihrer Infrastruktur suche, müsse sich auf Lärm einstellen. „Man kann nicht alles haben.“ Die Umgehung für Uckerath (B 8) solle man in der Nordvariante mit landschaftspflegerischem Begleitplan und Lärmschutz bauen. Die Uckerather Geschäftsleute müssten davor keine Angst haben, da ihr Ort so an Attraktivität und Lebensqualität gewinne.

Den zweigleisigen Ausbau der Bahntrasse im Siegtal lehnt Lorenz ab, da die Schranken dann noch öfter geschlossen seien, der Güterverkehr immer Vorrang vor dem Personennahverkehr habe und Lärmschutz an der Strecke nicht die Menschen auf den Anhöhen schütze. „Lieber sähe ich eine Güterverkehrsstrecke Troisdorf–Bischofsheim.“

In seiner Partei sieht sich Ralph Lorenz gut vernetzt und gut aufgehoben. „Der Liberalismus mit seinen vielen Facetten ist für mich die beste Gesellschaftsform, die man sich denken kann“, bekennt er. Freie Demokraten stünden dafür, dass der Mensch durch die eigene Leistung zu etwas komme. Für sich selbst, hofft er mit unerschütterlichem Optimismus, könne das der Einzug ins Parlament sein. Auch mit Platz 28 auf der FDP-Landesliste (die bei der Wahl 2009 bis Platz 20 zog) sieht Lorenz sich keineswegs nur als Zählkandidat und zeigt sich kämpferisch: „Das ist wie beim Fußball, wenn ich spiele, will ich gewinnen.“

Mitglied in Fachausschüssen seiner Partei

Geboren wurde Ralph Lorenz 1970 in Bergisch Gladbach, aufgewachsen ist er in Neunkirchen-Seelscheid. Er ist verheiratet, kinderlos und nach der Trennung von seiner Frau von Eitorf nach Altwindeck gezogen. Die Hobbys des ehemals selbstständigen Holzkaufmanns sind Wandern, Radfahren und das Lesen von Fachbüchern.

Der FDP ist Lorenz im Jahr 2001 in Hennef beigetreten. Zurzeit fungiert er als Geschäftsführer des FDP-Ortsverbandes Windeck sowie als 2. Vorsitzender des FDP-Landesfachausschusses für Umwelt, Natur, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Verbraucherschutz. Außerdem ist er Mitglied in zwei Bundesfachausschüssen der FDP.

Als Sachkundiger Bürger der FDP-Fraktion gehörte Lorenz in den Jahren 2004 bis 2009 dem Umweltausschuss des Eitorfer Gemeinderates an. Von 2009 bis 2014 gehörte er anschließend als direkt gewählter Gemeindevertreter dem Eitorfer Rat an. Auf der FDP-Landesliste für die Bundestagswahl am 24. September belegt er Platz 28. (kh)

Sieben Fragen an Ralph Lorenz

In welches Reiseabenteuer würden Sie sich stürzen, wenn Zeit und Geld dabei keine Rolle spielten?

In Südafrika im Kruger-Nationalpark die Wildnis live erleben.

Welche Begabung hätten Sie gern?

Ich bin mit dem zufrieden, was ich habe.

Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt?

„Heute ist mein bester Tag“ von Arthur Lassen ist seit fünf Jahren mein ständiger Begleiter. Carpe diem, nutze den Tag!

Ihre Lieblingssehenswürdigkeit im Rhein-Sieg-Kreis?

Das Siebengebirge, weil ich mit dem Blick darauf groß geworden bin.

Über was haben Sie zuletzt herzlich gelacht?

Über die Antwort von Hermann Grupe bei unserer Veranstaltung „Schützen durch Nützen“ auf die Frage, als was er, außer als Mensch, wiedergeboren werden wolle. Grupe, der Landwirt ist, meinte: „Kuh wäre eine Alternative.“

Was war Ihr bisher bestes Karnevalskostüm?

Im Karneval bin ich meist individuell unterwegs, ich ziehe mir etwas Rot-Weißes über, rote Nase, und setze mir mein buntes Regenschirmhütchen auf.

Was würden Sie Donald Trump gern einmal twittern?

Unser FDP-Leitbild. Das müsste er sich mal angucken.

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