Interkultureller Rundgang in EitorfBlicke hinter die Fassade der Moschee

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Imam Ahmet Kadioglu und Gemeindevorsitzender Irfan Saral (von links) empfingen die Besucher in der Eitorfer Ditib-Moschee.

Imam Ahmet Kadioglu und Gemeindevorsitzender Irfan Saral (von links) empfingen die Besucher in der Eitorfer Ditib-Moschee.

Eitorf – Außen recht schmucklos, innen prächtig: Hinter die Fassade der Eitorfer Moschee zu schauen, das war für Doris Schröder und Karin Busch ein Erlebnis.

„Was aus einem solchen Lagerhaus werden kann“, staunten die Seniorinnen und ließen sich im Anschluss Schafskäse-Gebäck und zuckersüßen Blätterteig schmecken.

Die Stippvisite war ein Teil des ersten interkulturellen Rundgangs, der auf große Resonanz stieß. Knapp 50 Bürgerinnen und Bürger, darunter auch etliche Muslime, waren der Einladung gefolgt.

Erster Kontakt ohne heikle Themen

Dabei ging es erstmal darum, in Kontakt zu kommen, Informationen auszutauschen, sich zu beschnuppern. Heikle Themen und Integrationsprobleme wurden nicht angeschnitten.

Nur Thomas Nolden vom Jugendcafé sprach von der aktuell politisch angespannten Situation, ohne jedoch ins Detail zu gehen.

Er führte die große Gruppe durchs Jugendcafé, der ersten Station des vierstündigen Rundgangs, gab Einblicke in die Arbeit mit den Jugendlichen, darunter ein großer Teil Flüchtlinge. Viele kämen auch noch als Erwachsene, erhielten zum Beispiel Hilfe bei Behördenformularen und Bewerbungen, so Nolden: „Wir schicken keinen weg.“

Eitorf sei für viele zur Heimat geworden, führte Heimatforscher Engelbert Krips aus. Er machte mit der Gruppe auf dem Weg zur Moschee, zum Heimathaus und zum Türkischen Elternverein immer wieder Halt zum Beispiel am Theater im Park, in den 30er-Jahren gebaut als Schule für die Hitler-Jugend.

Seine Mappe mit historischen Fotos stieß beim gemeinsamen Teetrinken im Hof der Moschee auf großes Interesse. Eine gute Möglichkeit, den Ort, in dem man lebt, besser kennenzulernen, sagten Christine Stüter, US-Amerikanerin aus Salt Lake City, und Krystyna Schmitz, gebürtig in Polen, übereinstimmend.

Man spricht Türkisch

Beide engagieren sich in der Flüchtlingsarbeit, erzählten sie, „und wir unterrichten Deutsch, ohne Anspruch auf Perfektion“. In der Moschee ist die Hauptsprache allerdings Türkisch, gebetet wird auf Arabisch, was die älteren deutschen Zuhörer mit „Wie bei uns früher auf Latein“ kommentierten. Die Predigten werden nur freitags auch auf Deutsch übersetzt.

Die Imame blieben regulär nur fünf Jahre im Land, würden dann in die Türkei zurückbeordert, erläuterte der Gemeindevorsitzende Irfan Saral. Der Träger Ditib ist eine staatliche Organisation. Fragen der Pressevertreter am Rande nach Erdogan, sein Ansinnen, hier in Deutschland Wahlkampf zu machen, und seine Vorstellungen von Pressefreiheit, wurde zwar freundlich, aber deutlich beantwortet.

Sie habe nichts dagegen, dass auch deutsche Politiker in der Türkei sprechen, so die Öffentlichkeitsbeauftragte der Ditib-Moschee, Rukiye Bayram. Dass der Korrespondent der Welt, Denis Yücel, ohne Anklage und ohne Urteil in Haft sitze, sei für sie nachvollziehbar: „Sie wissen, dass er ein Spion ist.“

Diese Worte gebrauchte auch der Vorsitzende des Türkischen Elternvereins, Yahya Altin. Nach dem Verständnis des 46-Jährigen hätten die Türken in Deutschland eine eigene Kultur entwickelt, „mit dem Guten aus der türkischen und dem Guten aus der deutschen Kultur“.

Sein Verein biete Deutschkurse an und versuche, als Vermittler aufzutreten, auch bei Konflikten von sehr konservativen Mitgliedern mit der Schule zum Beispiel. Seine Töchter hätten alle Klassenfahrten mitgemacht, die Entscheidung, ein Kopftuch zu tragen, sei eine persönliche. Die Älteren, 19 und 15 Jahre alt, verhüllen sich, die Jüngste (13) nicht. Auch die Vorsitzende des Frauenausschusses der Moschee, Reyhan Saka, trägt ihr Haar unbedeckt: „Kein Problem.“ Der gemeinsame Schwimmunterricht jenseits der Pubertät sei aber ein Problem, räumte Elektrotechnik-Ingenieur Altin auf Nachfrage ein. Da habe die Freiheit Grenzen. In Sachen Integration sei nicht alles Friede, Freude, Baklava (türkisches Gebäck), weiß auch Lehrerin Ruth Deitenbach. Sie habe zwar selbst nur wenige Migrantenkinder in der Klasse, Kollegen sprachen aber von Problemen in der Fastenzeit. Den Verzicht auf Essen und Trinken auch bei großer Hitze feierte ein in der Moschee gezeigter Info-Film indes als „gesund für den Körper und den Geist“. Das blieb unwidersprochen.

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