Geschäftsaufgabe in SiegburgFriseur Hans Gau schloss seinen Salon an der Katharinenstraße

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Friseurmeister Hans-Dieter Gau in seinem Salon.

Friseurmeister Hans-Dieter Gau in seinem Salon.

Rhein-Sieg – Kaffee und Kekse gibt’ s gratis dazu – um die Wartezeit zu genießen. Die kann sich nämlich hinziehen. „Ohne Anmeldung reinkommen, drankommen, rausgehen“ lautet das Geschäftsmodell von Hans Gau, das freilich dazu führte, dass er im Laufe der Jahre „eine halbe Kaffeeplantage“ verbraucht habe, witzelt der Friseurmeister: Seit 54 Jahren ist er im Beruf, seit 45 Jahren führt er den Damen/Herren-Salon an der Katharinenstraße in Siegburg, den sein Vater 1948 gegründet hat. Am Mittwoch hatte der Barbier von der Zange seinen letzten Arbeitstag.

„Die Zange stirbt, ich mache das Licht aus“, sagt der 77-Jährige mit etwas melancholischem Blick auf die Läden und Gaststätten, die im Veedel der Reihe nach das Handtuch warfen. Der Salon Gau war der letzte alteingesessene Betrieb im Stadtteil. Der Friseursalon hat sich über Jahrzehnte behauptet, was weniger am Kaffee als am Chef lag. „Ich muss nix erklären, der Gau weiß, was ich will“, begründet Björn Ernst, warum er sich seit 18 Jahren bei Hans Gau die Haare schneiden lässt, obschon er doch in Hennef wohnt. Kennengelernt hat er den Figaro als Soldat beim Wachbataillon.

Ironische Kommentare

Den Gardesoldaten hat Gau, bis sie nach Berlin umsiedelten, „den deutschen Schliff“ verpasst, sagt er selbst und fügt hinzu: „Das war ein Witz.“ Seinen Stammkunden muss er seinen Humor nicht erklären. Sie kennen seine ironischen Kommentare zu Fußball und Weltpolitik, die sich stets unter das Klappern der Schere mischten. Seinen speziellen Charme wussten auch die Soldaten zu schätzen: „Den Top-Friseur Herrn Gau erkennt man daran, er spricht die Soldaten persönlich an“, steht auf einer Urkunde, die ihm das Wachbataillon samt Foto vom Großen Zapfenstreich auf dem Siegburger Markt zum Abschied schenkte.

Kein Wunder, dass manche ehemals Uniformierten ihm auch als Zivilisten die Treue hielten. Einer, erzählt Gau, kam regelmäßig sogar aus Duisburg in seinen Salon. „90 Prozent meiner Stammkunden kommen aus der Peripherie“, sagt der Figaro und meint damit nahezu das ganze Rheinland. „Der ist halt ein Weltfriseur“, übertreibt Björn Ernst ein bisschen. Er muss sich jetzt einen neuen Hairdresser suchen.

„Das wird schwer werden“, seufzt er, zumal Gau auf die Bitte, doch wenigstens noch ein paar Hausbesuche zu machen, mit „muss nicht sein“ antwortet. Früher hat er das gemacht und gehbehinderte Kundinnen und Kunden mit seinem Auto zu Hause abgeholt und frisch gelockt und frisiert wieder zurückgefahren.

Klar: Urlaub war da so gut wie nie drin. Seinen letzten Urlaub datiert er auf das Jahr 1986. Als der Atomreaktor in die Luft ging, sei er mit dem Flugzeug über Tschernobyl geflogen und habe dann auf der Krim Urlaub gemacht. Ansonsten hat er sich mit „viel Bewegung“, mit Radfahren und Joggen fit gehalten. Jetzt steht ein ganz langer Urlaub an. Was er vorhat mit seinem Ruhestand?

„Es werden ja überall große Posten in Politik und Sport frei“, meint er. Das war natürlich wieder ein Witz. Aber der Stammkundschaft ist das Lachen vergangen. Für sie und für die Zange ist das Ende des Salons Gau ein „Super-Gau“. So nennen sie mit freilich anderen Vorzeichen auch ihren Figaro. Auf einer Karikatur, die im Salon an der Wand hängt, hebt „Super-Gau“ im Kostüm von Superman zum Senkrechtstart ab.

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