Nur eine ÜbungFeuerwehr Lohmar probt den Ernstfall an Geisterhaus in Kreuznaaf

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Feuerwehrleute haben eine Leiter an ein Haus gestellt, aus dem Qualm kommt.

Die Menschenrettung aus verschiedenen Höhenlagen übte die Feuerwehr am Castell Steineck in Lohmar.

Blaulicht und Martinshorn hatten die Menschen in Lohmar am Samstagnachmittag glauben lassen, dass etwas Schlimmes passiert sei. Doch es handelt sich um eine Übung.

Martinshorn hallt am Samstagnachmittag durch Lohmar, dutzende Einsatzfahrzeuge fahren von aus beiden Richtungen der Bundesstraße 484 in Richtung Kreuznaaf. Doch es ist nichts Schlimmes passiert in dem kleinen Örtchen, wo der Naafbach in die Agger fließt. Es ist eine aufwendig geplante Übung der Feuerwehr mit geschminkten Verletzten-Darstellern und Spezialeffekten. Ort ist das Castell Steineck, ein ehemaliges Schulungszentrum, das über den Häusern in Kreuznaaf thront.

„Der Löschzug Wahlscheid wird zunächst wegen eines Kleinbrands gerufen. Nach und nach wird die Alarmstufe erhöht und Verstärkung alarmiert“, erklärt Florian Baier, stellvertretender Pressesprecher der Feuerwehr. „Der Ort der Übung war geheim, die Feuerwehrleute kannten ihn nicht.“

Feuerwehren aus Lohmar und Neunkirchen-Seelscheid mit Deutschem Roten Kreuz beteiligt

Ein bisschen herumgesprochen hat der „Einsatzort“ sich aber schon, denn die mehr als 150 Rettungskräfte werden von einem Rudel Fotografinnen und Fotografen empfangen, die auf Bilder der Feuerwehrfahrzeuge aus sind. Sie bekommen einiges geboten, denn an dem fiktiven Einsatz nehmen alle fünf Standorte der Lohmarer Feuerwehr teil, außerdem zwei Gruppen der Feuerwehr aus Neunkirchen-Seelscheid. Auch Notfallretter sind beteiligt, die DRK-Ortsverbände aus Hennef, Windeck, Lohmar und Niederkassel bauen mit Zelten eine Sammelstelle für Verletzte auf.

Stichflammen kommen aus einem Fenster.

Stichflammen kommen aus einem Fenster. Die Organisatoren haben die Übung aufwendig geplant.

Die Übung beginnt zunächst so: Die Helfer geben sich mit Spiritus und Feuerwerkskörpern besonders viel Mühe, einen Kleinbrand darzustellen. Dennoch rasen das Wahlscheider Hilfeleistungslöschfahrzeug und der Mannschaftstransporter zunächst vorbei. Als der Einsatzleiter nicht nur den Kleinbrand, sondern auch die um Hilfe rufenden Jugendlichen in der Ruine entdeckt, funkt er ohne Aufregung in der Stimme zu Übungsleitstelle: „Ich erhöhe auf B4.“ Es gilt nun die zweithöchste Alarmstufe. Die richtige Entscheidung, denn kurz darauf gibt es eine Stichflamme aus einem Flammenwerfer im zweiten Obergeschoss.

Verletzte werden so realistisch wie möglich geschminkt

Die Einsatzstelle ist unübersichtlich: In mehreren Stockwerken und Fenstern stehen Verletzte und rufen um Hilfe. Zwei Mädchen müssen aus einem Auto befreit werden, zwei junge Leute liegen verletzt auf einer Treppe, zwei im Steilhang. Die Hilferufe hören die Feuerwehrleute, die mit der Rettung der Verletzten auf der engen Treppe betraut sind, zunächst gar nicht.

Dabei sind die Verletzungen lebensbedrohlich, einer der Darsteller wurde von einem Pfahl durchbohrt. Die Höhenrettung muss ran, um die beiden nach unten abzuseilen. „Das Szenario ist, dass das Auto einige Feuertonnen umgestoßen hat, die dann den Brand und schließlich eine Explosion ausgelöst haben. Oben im Castell findet ein illegaler Rave statt. Insgesamt haben wir 30 Verletzten-Darsteller, die von unseren Einsatzkräften gerettet werden müssen.“

Die Darstellerinnen und Darsteller seien Angehörige der Jugendfeuerwehr, aber auch Kinder von Feuerwehrleuten. Rund eine Woche lang hätten die Verantwortlichen die Übung am Castell Steineck vorbereitet. Der seit Jahrzehnten leerstehende Gebäudekomplex sei gut geeignet, sagt Florian Baier.

„Hier kann man die Menschenrettung aus verschiedenen Räumen und Höhen üben. Das Gelände ist sehr weitläufig und verwinkelt, sodass viele unserer Fahrzeuge Platz finden, ihn sich aber erst suchen müssen.“ Die Jugendlichen nehmen ihre Rolle als Techno-Fans sehr ernst und haben merklich Spaß dabei. Der Bass wummert den Feuerwehrleuten, die unten Verletzte versorgen, entgegen. „Habt ihr 'nen Musikwunsch?“, ruft jemand von oben herunter.

Feuerwehrleute tragen eine verletzte Person durch ein Gebüsch.

Aufwendig ist die Rettung von Verletzten durch unwegsames Gelände.

Die zuerst eintreffende Einheit kümmert sich um die beiden jungen Frauen in dem Auto, von denen eine sich bewusstlos stellt. Sie wurden von dem Team Realistische Unfalldarstellung des Malteser Hilfsdiensts geschminkt, haben täuschend echt wirkende, schwere Wunden im Gesicht oder am Bein. Eine Nebelmaschine hüllt das Unfallauto ein, zwei Feuerschalen mit kokelndem Holz sorgen für einen leichten, aber unangenehmen Brandgeruch in der Nase.

Du willst doch nicht wirklich das Fenster einschlagen, hinter dem deine Patientin sitzt
Gruppenführer der Feuerwehr zu einem Teilnehmer

„Du willst doch nicht wirklich das Fenster einschlagen, hinter dem deine Patientin sitzt“, schimpft der Gruppenführer mit seinem Feuerwehrmann, als der übermotiviert mit dem Stemmeisen zu Werke gehen will. „So viel solltest du in der Ausbildung schon gelernt haben.“ Also schlägt der Neuling das Fenster auf der Rückbank ein, um zu der bewusstlosen Beifahrerin zu gelangen.

Die Fahrerin kreischt ängstlich, als es laut kracht. Der Gruppenführer, der während der ganzen Zeit bei ihr geblieben ist, spricht ihr beruhigend zu. Ein Einsatz ist es wichtig, die Patienten nicht alleine zu lassen.

Ein Feuerwehrmann hockt neben einer im Auto sitzenden Verletzten.

Die Verletzungen der Opfer wurden so realistisch wie möglich geschminkt.

Mit Steckleitern steigen unterdessen Feuerwehrleute zu den Rave-Besuchern in die zweite Etage hinauf. „Vier Betroffene: drei grün, davon zwei besoffen, einer gelb“, ruft ein Feuerwehrmann zu seinen Kameraden nach unten. Mit den Farben werden im Rettungswesen Verletzte sortiert – wer schwerer verletzt ist, benötigt dringender Hilfe.

Auch bei der Übung geht es um Geschwindigkeit

Das Team der Notärzte und Rettungssanitäter übernimmt. Nach der Sichtung kommen die Brand- und Unfallopfer mit ihren geschminkten Verletzungen in das Notfallzelt, wo sie normalerweise auf den Transport in die Krankenhäuser vorbereitet würden.

„Auch bei der Übung ist es wichtig, die Menschen möglichst schnell zu retten. Dennoch bietet sie immer wieder Platz für Erklärungen, was gerade für neue Kräfte wichtig ist. Da dürfen sie auch noch Fehler machen“, sagt Baier.

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