MichaelsbergGlaubwürdigkeit ist oberstes Gebot – im Mai eröffnet das KSI

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Der Aufstieg auf den Michaelsberg führt nicht mehr zum Kloster, sondern zum Katholisch-Sozialen Institut.

Der Aufstieg auf den Michaelsberg führt nicht mehr zum Kloster, sondern zum Katholisch-Sozialen Institut.

Siegburg – Untrennbar ist Siegburg mit dem Namen Anno verbunden, jenem Kölner Erzbischof, auf den die Gründung der Abtei auf dem Michaelsberg zurückgeht.

Künftig wird man allerdings im Zusammenhang mit der Kreisstadt an einen überaus populären Amtsnachfolger Annos denken: an Kardinal Josef Frings, der vor genau 70 Jahren das Katholisch-Soziale Institut (KSI) mitbegründete, das jetzt hoch oben über der Kreisstadt beheimatet ist und am ersten Maiwochenende offiziell eröffnet wird.

„Christ sein heißt politisch sein“, sagt der Direktor Professor Dr. Ralph Bergold. Wer von einem menschenfreundlichen Gott spreche, müsse sich auch für eine menschenfreundliche Welt einsetzen.

Die den Armen und Notleidenden zugewandte Einstellung des Kardinals passt zum KSI, das sich als Bildungseinrichtung der katholischen Soziallehre verschrieben hat. „Was tut ihr als Kirche?“, auf die Frage muss es laut Bergold Antworten geben. Da gehe es um Glaubwürdigkeit.

Frings ist entsprechend ein Name, der schnell fällt, wenn man mit dem Direktor über Sinn und Zweck des Instituts spricht: Unvergessen ist die „Klüttenpredigt“ des Erzbischofs an Silvester 1946, in einem unerträglich kalten Winter, unter dem die geschundene Bevölkerung im zerbombten Köln besonders litt.

Frings rechtfertigte damals die Entwendung von Lebensmitteln und Brennstoff: In Zeit der Not dürfe der Einzelne nehmen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, kurz „fringsen“.

Zur Person

Ralph Bergold wurde 1958 in Schwetzingen geboren und studierte in Bochum und Münster Theologie, Biologie und Pädagogik. 1987 Promotion, 1990 zweite Staatsprüfung für das Lehramt. Nach Stationen als Referent und Lehrer 1996 Bundesgeschäftsführer des Europäischen Verbandes Katholischer Erwachsenenbildung, 2005 Direktor des KSI. Seit 2009 außerplanmäßiger Professor Uni Bamberg. Bergold ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Bonn. (ah)

Von einer Einordnung des Instituts in gängige Links- oder Rechtskategorien hält Bergold indes nicht viel. Wohl aber von einer klaren Positionierung: etwa gegen einen reinen Liberalismus, der nur nach ökonomischen Kriterien denkt. Oder gegen gängige populistische Stammtischparolen, die nach dem starken Führer rufen.

Denn Mündigkeit, das eigene Gewissen und die Persönlichkeitsbildung des Einzelnen sind zentrale Begriffe in der KSI-Bildungsarbeit. Einfache Modelle zur Lösung komplexer gesellschaftlicher Probleme sind Bergold verdächtig.

„Die Gesellschaft ist ein Lehrmeister der Kirche“, ist Bergold überzeugt, da habe mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962 ein Umdenken eingesetzt. Als Seismographen für gesellschaftliche Themen sieht Bergold seine sechs Fachreferenten; wichtige Anregungen kämen zudem aus dem 20-köpfigen Kuratorium des KSI mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Hilfreich sei die neue Lage des Instituts: „Wir merken, dass wir hier näher am Nerv der Menschen sitzen.“ Siegburg biete alle Prozesse eines urbanen Lebens, anders als das beschauliche Bad Honnef – und sicher werde man an Veranstaltungen arbeiten, die auch für Siegburger interessant sind. Mit unterstützen will Bergold die Arbeit von ortsansässigen Einrichtungen wie Caritas oder Kolpingsfamilie – ohne diesen aber Konkurrenz zu machen.

Am kommenden Montag wird der erzbischöfliche Rat auf dem Michaelsberg zusammenkommen – und mit Rainer Maria Kardinal Woelki ein Erzbischof vor Ort sein, der laut Bergold die „soziale Frage ganz nach oben auf die Agenda“ gesetzt hat. Mehr als gutnachbarschaftlich verspricht das Verhältnis zu den Karmeliten zu werden – einer von ihnen werde Hausgeistlicher des KSI. Gepflegt wird auch der Kontakt zur katholischen Kirchengemeinde.

Einen festen Lehrplan gebe es im KSI nicht, dafür aber immer neue Überlegungen. Vernetzung sei dabei wichtig und Kooperationspartner. „Wir können es uns nicht erlauben, hier oben nur Programm für uns zu machen.“

Die Themenreichweite ist groß und reicht von Veranstaltungen zur Soziallehre für Priester aus Lateinamerika bis zu Schulungen für Mitarbeitervertretungen. Mit Ministerien arbeitet das KSI ebenso zusammen wie mit dem China-Zentrum in Sankt Augustin.

In der Jahresplanung findet sich etwa eine Feier zu Ehren der Märtyrer Ugandas, ein Pilgerforum in Kooperation mit der Deutschen Jakobus-Gesellschaft, ein Symposion zum Thema „Fragen der Gerechtigkeit“ oder ein Seminar in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen, Bildungsveranstaltungen zu Digitalisierung, Medien und Wirtschaftsthemen.

Der Ansatz der Soziallehre hilft Bergold zufolge auch im interreligiösen Dialog, weil es das Gefühl für Gerechtigkeit auch in anderen Religionen gebe. „Da finden Sie sofort ein Miteinander.“ Hohen Stellenwert im KSI hat die Kultur, mit einer großen Kunstsammlung wie auch im Programm. Im Sommer etwa ist eine große Kunstakademie vorgesehen, bei der Teilnehmer mit Künstlern zusammenarbeiten und leben können.

Den allgemeinen Anspruch für formuliert Bergold für das KSI folgendermaßen: „Die Menschen sollen diesen Berg verändert verlassen, mit Ideen und Impulsen in die Gesellschaft hinein.“

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