Jetzt ist er wieder in der Trainerrolle

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In den letzten Wochen vor dem Aufstieg lief Jörg Lützelberger in der vergangenen Saison als Spieler für den TV Bittenfeld auf. (Foto: Imago)

In den letzten Wochen vor dem Aufstieg lief Jörg Lützelberger in der vergangenen Saison als Spieler für den TV Bittenfeld auf. (Foto: Imago)

Was erwartet den VfL Gummersbach morgen in Stuttgart?

Ein Aufsteiger, der in den ersten acht Spielen Chancen liegengelassen hat und daher mit nur zwei Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz steht, und es sich nicht leisten kann, noch mehr an Boden zu verlieren. Sie werden und müssen mit dem Messer zwischen den Zähnen auflaufen.

In den vergangenen Spielzeiten hat es keiner der Aufsteiger geschafft, die Bundesliga zu halten. Wie schätzen Sie die Situation für Stuttgart ein?

Der VfL Gummersbach tritt nun doch nicht morgen komplett beim TVB Stuttgart an. Linksaußen Christian Zufelde wird nicht nur morgen fehlen, sondern die nächsten sechs bis acht Wochen. Der Handballer wird am Montag von Dr. Walter Schäfer am Kreiskrankenhaus in Gummersbach am Sprunggelenk operiert. Das bestätigte gestern VfL-Mannschaftsarzt Dr. Jochen Viebahn.

Im Bundesligaspiel gegen den HSV Hamburg war Zufelde umgeknickt und hatte einen Bluterguss im Gelenk. Die Verletzung war auskuriert, und er stieg wieder ins Training ein. Doch die Schmerzen blieben. Eine Untersuchung zeigte, dass sich ein Gelenkkörper gelöst hatte und sich zwischen Fersen- und Sprungbein festgesetzt hat. Der wird bei der arthroskopischen Operation entfernt und gleichzeitig der Knorpel am Sprunggelenk geglättet. Der anschließende Heilungsprozess dauert dann einige Wochen. (ank)

Sie werden es sehr schwer haben, denn der Leistungsunterschied zwischen Zweiter und Erster Liga ist extrem groß. Bisher waren sie aber in fast jedem Spiel konkurrenzfähig, haben meist erst in den letzten zehn Spielminuten abreißen lassen. Gegen Wetzlar haben sie vier Sekunden vor Schluss das Tor zur 27:28-Niederlage kassiert. Sie haben also schon drei oder vier Situationen erlebt, bei denen es auch anders hätte ausgehen und sie hätten punkten können.

Was heißt das für die Partie gegen den VfL?

Sie werden unser Spiel gegen den Mitaufsteiger Leipzig gesehen haben. Das Unentschieden und unser Spiel wird in Stuttgart dazu führen, dass sie nach dem Motto jetzt erst recht, einen neuen Anlauf auf die Punkte nehmen. Zumal sie ja gegen Leipzig gewonnen haben.

Es ist noch nicht lange her, da sind Sie mit dem TV Bittenfeld, wie der Verein damals noch hieß, in die Erste Liga aufgestiegen.

Das war eine unglaubliche Erfahrung, die für mich sehr positiv war und mich sportlich und menschlich weitergebracht hat. Es war ein Rollentausch.

Wie meinen Sie das?

Als die Anfrage kam, war ich ja kein Spieler mehr, sondern als Trainer und Leiter der Handballakademie tätig. Nun war ich wieder Spieler, habe damit aber nicht aufgehört, Trainer zu sein, sondern das Spiel auch aus dieser Perspektive gesehen. Ich war komplett aus dem Alltagstrott heraus und gehörte einem aufstrebenden Zweitligisten an. Das ist schon etwas anderes, als bei einem Verein passiv zu hospitieren. Ich habe viele wertvolle Erfahrungen gesammelt.

Wie sind Sie aufgenommen worden?

Sehr positiv. Es ist eine unglaublich sympathische Mannschaft, und ich habe mit einigen Spielern auch noch Kontakt. Ich habe eine hohe Wertschätzung erfahren und habe mich unheimlich gefreut, meinen Teil dazu beigetragen zu haben, dass der Verein seine Vision vom Aufstieg in die Erste Liga, an der er seit Jahren gearbeitet hat, verwirklichen konnte. Es war ein unbezahlbar schönes Erlebnis.

Bittenfeld hatte Sie zum Ende der Saison verpflichtet, als im Aufstiegskampf beide Kreisläufer ausfielen. Auch beim VfL, wo sie Co-Trainer sind, waren in der Saison einmal beide Kreisläufer ausgefallen. Warum sind Sie da nicht eingesprungen?

Beim VfL war es im ersten Saisondrittel, und es war klar, dass beide nicht lange ausfallen würden. Damals hat sich niemand ernsthaft damit beschäftigt, dass ich wieder spielen sollte. Spieltechnisch wäre es möglich gewesen. Ich habe heute wieder Anfragen aus der Zweiten Liga. Ich wäre körperlich und mental auch besser auf so eine Aufgabe vorbereitet. Aber mein Job ist hier und ich habe andere Aufgaben. So eine Sache wie mit Bittenfeld geht, wenn überhaupt, nur am Ende der Saison.

Sie sind sportlicher Leiter der Handballakademie. Ist in den zwei Monaten, die Sie weg waren, nicht viel liegengeblieben?

Mein Team im Nachwuchsbereich hat vieles erledigt, und ich habe ja auch von Bittenfeld aus gearbeitet. Da ich danach auch noch Urlaub hatte, sind schon einige Dinge aufgelaufen, die unter normalen Umständen vielleicht anders gelaufen wären. Dazu gehört beispielsweise der Wechsel von Damian Toromanovic nach Dormagen, den ich sehr bedauere.

Die Saison läuft seit einigen Wochen. Wie sehen Sie die Handballakademie aufgestellt?

Wir stehen gut dar und können stolz darauf sein, was wir uns in den vergangenen drei Jahren erarbeitet haben. Jeweils zwei Teams spielen in der C- und der B-Jugend in den höchsten Klassen, dazu kommt eine A-Jugend, die in der Bundesliga sehr konkurrenzfähig ist. Sie bildet eine gute Einheit mit hoher individueller Qualität. Dabei schmerzt uns sehr, dass sich Eldar Starcevic sein operiertes Kreuzband zum zweiten Mal gerissen hat. Er war unser einziger Linkshänder im rechten Rückraum. Wir sind aber insgesamt in der Breite und in der Spitze gut aufgestellt. In den Jahrgängen 1998/99 haben wir vier Spieler auf der aktuellen DHB-Kaderliste. Da ist nur Magdeburg mit fünf Nominierungen besser als wir.

Was ist das Erfolgsrezept, nachdem es in den Jahren zuvor immer nur einzelne in die Nationalmannschaften geschafft haben?

Wir haben auf Qualität bei den Handballtrainern gesetzt gesetzt, dazu kommen mit Athletiktrainer David Höhfeld und Individualtrainer Hans Schneider, der mit den Spielern auch turnerisch arbeitet, zwei weitere Experten. Wir arbeiten im Team zusammen, haben eine gute Internatsstruktur und eine Philosophie der dualen Ausbildung, die alles zu einem ganzheitlichen Konzept macht. Wir sind wirklich gut aufgestellt. Ich habe mich richtig auf diese Saison gefreut.

Neu sind seit dieser Saison die Kooperationen mit dem TuS Ferndorf in der Zweiten Liga sowie mit Derschlag in der Dritten Liga, der Oberliga und der Landesliga.

Damit haben wir bei der Anschlussförderung einen großen Schritt gemacht und in dem riesigen Zwischenraum zwischen Jugendhandball und 1. Liga alle notwendigen Plattformen für jede Entwicklungsstufe geschaffen. Wir setzen Jugendliche bei den Herren ein und sie sehen, was es ihnen bringt. Ein Beispiel ist Fynn Herzig, der gerade 17 Jahre alt geworden ist, sich in der Jugend gut entwickelt hat und jetzt erste Erfahrungen in der Oberliga sammelt. Schon in seinem ersten Spiel hat er die Unterschiede zum Herrenhandball kennengelernt. Das hat ihm gezeigt, dass es ihn weiterbringt, im Männerbereich zu spielen. Es reicht nicht, den jungen Handballern so etwas zu erklären, sie müssen es erleben.

Sind Sie mit dem Start der Herrenmannschaften zufrieden?

Ja. Für Ferndorf lief es mit sechs Punkten bisher gut, ebenso wie für die HSG Derschlag, die auch schon vier Zähler hat. Es ist für beide Teams ein schweres Programm. Bisher haben sie die Punkte, die sie holen müssen, auch gewonnen. In der Oberliga sehen wir es entspannter, weil keine Mannschaft absteigen kann. Nach den bisherigen Ergebnissen wird es hier in dieser Saison vielleicht noch nicht für die Qualifikation zur Nordrheinliga reichen.

Zurück zum morgigen Spiel, das Sie wegen der bevorstehenden Geburt Ihres zweiten Sohnes wahrscheinlich nicht live verfolgen werden. Wie wird die Stimmung in Stuttgart sein?

Die Scharrena ist eine sehr schöne und stimmungsvolle Halle, untergebracht unter einer Tribüne der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart. Der Gegner und seine Fans werden, wie gesagt, hochmotiviert sein.

Wie beschreiben Sie die Stuttgarter Mannschaft?

Große spieltaktische Überraschungen oder Geheimnisse gibt es in dieser Liga eigentlich nicht mehr am 7. Spieltag. Ich denke, es wird wie gegen Leipzig sein, als die Gäste in der Abwehr sehr stark mannbezogen und offensiv gearbeitet haben. Mit Michael Spatz haben die Stuttgarter auf der Rechtsaußenposition neben Michael Schweikardt und Lars Friedrich einen weiteren bundesligaerfahrenen Spieler verpflichtet. Im Angriff macht Kreisläufer Simon Baumgarten aktuell einen guten Job. Nach der Verletzung von Dragan Jerkovic liegt die ganze Verantwortung jetzt auf dem türkischen Torhüter Yunus Özmusul. Mit Thomas König hat Stuttgart einen Trainer, der schon aus Friesenheim weiß, wie man eine Mannschaft im unteren Tabellendrittel führen muss.

Was muss der VfL der Begeisterung und dem Einsatzwillen entgegen setzen?

Wir müssen im Gegensatz zum Leipzig-Spiel besser und beweglicher im Angriff sein. Außerdem haben wir im Umschaltspiel viel zu wenig von unserer guten Abwehr profitiert.

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