Zwei Klangkörper im Wechsel: Die Big Band und das Sinfonieorchester des WDR waren im Silvesterkonzert unter der Leitung von Cristian Macelaru in der Kölner Philharmonie zu hören.
SilvesterkonzertBig Band und Sinfonieorchester begleiten ins neue Jahr
Zwei Welten der Musik trafen jetzt im Silvesterkonzert aufeinander. Das WDR Sinfonieorchester und die WDR Big Band saßen dicht gestaffelt gemeinsam auf der philharmonischen Bühne. Chefdirigent Cristian Macelaru hatte sich den Wunsch erfüllt, amerikanische und europäische Musikgeschichte in Jazz-inspirierten Kompositionen von sinfonischem Ausmaß zum Jahreswechsel zu präsentieren. Das klang nicht immer spritzig wie Sekt, erweiterte aber garantiert die Repertoire-Kenntnis der Besucher.
Crossover von Jazz und Klassik
Gemeinsam mit vorwiegend amerikanischen Orchestern beteiligte sich der WDR an einem Kompositionsauftrag eines Orchesterstücks für den amerikanischen Jazzstar Wynton Marsalis. Dieser gilt sowohl als konservativer Bewahrer historischer Jazzklänge als auch Fachkraft für Crossover von Jazz und Klassik: In beiden Sparten wurde der Spitzentrompeter mit einem Grammy ausgezeichnet.
Mit einem Trommelwirbel kam seine jetzt in Deutschland erstaufgeführte Fanfare für Blechblasinstrumente und Schlagwerk nach einigen sanften Liegetönen in Fahrt, archaische Signalmotive stapelte Marsalis übereinander. Der Jazz gähnte in einigen Posaunen-Glissandi und starken rhythmischen Impulsen hervor – eine gediegene Auftragserfüllung.
Es folgte ein Satz aus der Blues Symphony von Marsalis, ein lustiges Spiel mit dem Ragtime, akademisch dekonstruiert und wiederbelebt – zickiger Jazz für Klassikfreunde.
Igor Strawinsky leistete 1945 ebenfalls einen spartenübergreifenden Dialog in seinem „Ebony Concerto“ für Klarinette und Jazzband. Dafür trat jetzt die Big Band des WDR hinzu, allen voran der Band-eigene Klarinettensolist Johan Hörlén. Strawinsky bastelte hier eine zeitgemäße melosfeindlich stotternde Partitur in klassisch dreisätziger Form – gut gespielt, aber einen Bassklarinetten-Ton zu düster für ein Festkonzert.
Nussknacker-Ballett-Suite
Glänzen konnte der auf der Klarinette geprüfte schwedische Musiker Johan Hörlén am Altsaxophon in Rolf Liebermanns „Concerto“ für Jazzband und Sinfonieorchester in einer bluesigen Improvisation. Der Komponist transferierte in seinem Stück aus dem Jahre 1954 Modetänze wie Jump, Boogie-Woogie mit Klaviersolo von Billy Test und sehr markant einem Mambo, einem Feuerwerk der Perkussionsabteilung – geistige Überleitung zur Nussknacker-Ballett-Suite von Tschaikowsky.
Die musizierten die Klangkörper im Wechsel, mal original sinfonisch, mal im Big-Band-Kostüm der Arrangeure Duke Ellington und Billy Strayhorn. Dieser populäre Teil wärmte die Herzen der Gäste im vollen Haus, besonders der „Waltz of the flowers“ – das klang beinahe schon nach Neujahr.