Tecklenburg-InsolvenzKeine Lösung für Pallotti-Baustelle in Rheinbach

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Das Pallotti in Rheinbach liegt auf Eis

Das Pallotti in Rheinbach liegt auf Eis

Das Insolvenzverfahren für Baufirma des Kinder- und Jugendmedizinischen Zentrums „Pallotti“ lässt keine Lösung für den Rohbau in Rheinbach erkennen.

Für die seit etlichen Monaten still stehende Baustelle des Kinder- und Jugendmedizinischen Zentrums „Pallotti“ in Rheinbach gibt es derzeit keine Hoffnung: Das Amtsgericht in Kleve hat am 1. April das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Tecklenburg GmbH, die das Projekt gestartet hatte, eröffnet. Es hat dabei den Rechtsanwalt Dr. Markus Kier von der Kanzlei Piepenburg Rechtsanwälte zum Insolvenzverwalter der Gesellschaft bestellt. Dies teilte am Dienstag Thomas Feldmann als Sprecher von Kier der Rundschau auf Anfrage mit.

Wegen der finanziellen Schieflage des Traditionsbauunternehmens aus Straelen - gegründet im Jahr 1878 - waren vor Monaten plötzlich auf der Rheinbacher Baustelle keine Arbeiter mehr zu sehen. Den Sommer über und bis in den Winter hinein blieb das Bild unverändert. Im November deutete der bei Tecklenburg Bau für den Vertrieb zuständige Wolfram Klein der Rundschau gegenüber „Probleme auf dem Immobilienmarkt und mit der Zinsentwicklung“ an. Zur Jahreswende kam dann die schlechte Nachricht für das ambitionierte Projekt, in dem ein Kinderarzt und etliche andere medizinisch ausgerichtete Angebote für junge Menschen angesiedelt werden sollten: Der Insolvenzantrag wurde gestellt.

Der Düsseldorfer Sanierungsexperte Markus Kier hat sich seitdem einen Überblick über die wirtschaftliche Ausgangslage der familiengeführten Unternehmensgruppe verschafft und intensive Gespräche mit allen wesentlichen Beteiligten aufgenommen. Doch eine Lösung für die unfertigen Baustellen scheint es nur für Projekte in Düsseldorf und Ratingen zu geben. Dort geht auch die Vermarktung weiter, die war aber in Rheinbach gescheitert; der Hauptinteressent hatte sich nach Rundschauinformationen entsetzt und mit schmerzlichen finanziellen Verlusten zurückgezogen.

Aufgeben ist aber nicht angesagt. Der Sprecher von Kier teilte mit: „Für die weiteren Projekte der Tecklenburg GmbH sind die Gespräche mit den Beteiligten noch nicht abgeschlossen; deren Fertigstellung ist weiterhin im Klärungsprozess, sodass derzeit noch keine Aussage dazu getroffen werden kann. Ziel ist es weiterhin, die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten zu finden.“

Die aktuelle Entwicklung bedeutet für 32 der 92 Tecklenburg-Mitarbeiter die Kündigung. Sie wurden bereits informiert und freigestellt. Inzwischen hat laut Feldmann auch Hermann Tecklenburg Antrag auf Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens gestellt. Dieses laufe jedoch unabhängig von den anderen Verfahren. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter sei ebenfalls Rechtsanwalt Dr. Markus Kier bestellt worden.

Bauunternehmer verweist auf Politik, Zinsen und Inflation

Auf seiner Internetseite begründete das Unternehmen seinen „Liquiditätsengpass“ so: „Die Auswirkungen vergangener und aktueller Krisen haben zu erheblichen Belastungen in der Immobilienwirtschaft geführt – dabei sind die allgemeinen Entwicklungen in der Bauindustrie, mangelnde Planbarkeit und Zuverlässigkeit auf politischer Seite, die sowohl institutionelle als auch private Investoren und Kunden von Investitionen abhält, neben der Investitionszurückhaltung aufgrund gestiegener Zinsen, die zunehmende Verteuerung von Baumaterialien, abgerissene Lieferketten und Materialengpässe, mangelnde staatliche Förderung sowie bürokratische Herausforderungen, die Bauprojekte in die Länge ziehen, als wesentliche Ursachen anzuführen.“

Das „Pallotti“, wie das Projekt bei Tecklenburg Bau hieß, ist freilich nicht das einzige Bauprojekt im Umfeld der ehemaligen Pallottikirche in Rheinbach. Während hier auf dem mehr als 2000 Quadratmeter großen Areal der ehemaligen Pallottiner-Gärtnerei ein Kinder- und Jugendmedizinisches Zentrum angekündigt war, mit Praxen für verschiedene Ärzte und Therapeuten für Kinder- und Jugendmedizin, hatte ein anderer Investor für den Bereich Richtung Stadtpark ebenfalls großes angekündigt. In mehreren Bauphasen sollen dort 17 Reihenhäuser und drei Stadtvillen samt 31 Eigentumswohnungen entstehen. Auf dem 5,3 Hektar großen Gelände im Umfeld der entwidmeten Kirche sollte Platz für 285 Wohneinheiten sein, die etwa 600 Menschen ein Zuhause geben können. Für den zur Schützenstraße hin gelegenen Abschnitt soll es „Wohnen im Grünen“ geben - oberirdisch ohne Straßen und Autos, aber mit einer großen Tiefgarage, die Aufzüge in die Wohnungen hat.

Allerdings gelten auch für dieses Bauvorhaben die Regeln der Konjunktur. Noch sind erst Teile gebaut. Angeblich hatte der Investor dieser Vorhaben, die Bouwfonds Property Development (BPD), Interesse, das Pallotti-Projekt der Tecklenburg Bau fortzusetzen. Doch das erwies sich binnen kürzester Zeit als Wunschtraum einzelner Rheinbacher: BPD dementierte. 

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