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Große VeränderungenSteinfelder Klosteranlage wird in Barock umgestaltet

Lesezeit 5 Minuten
Eine verschnörkelte Orgel in einem Kloster

Die Orgel mit 29 Registern wurde von Balthasar König aus Bad Münstereifel 1727 vollendet.

In dieser Ausgabe zu der bewegten Geschichte der Steinfelder Klosteranlage geht es unter anderem um Napoleons Besetzung des Rheinlands.

Wohl kaum eine Epoche hat das Erscheinungsbild der Steinfelder Klosteranlage so verändert wie der Barock. Die romanische Klosterkirche bekommt ein neues Aussehen, mehrere neue Gebäude im Stil der Epoche werden errichtet. Doch kurz nach der Fertigstellung der letzten barocken Baumaßnahmen besetzen die Franzosen das Rheinland, enteignen Stifte, Abteien und Klöster. Auch Steinfeld bleibt von diesem Schicksal nicht verschont. Die Liegenschaften des Klosters werden verkauft, die Chorherren übernehmen die Seelsorge in Pfarreien in der Umgebung.

Die wechselvolle Geschichte der Anlage mit ihren unterschiedlichen Nutzungen, außergewöhnliche Ereignisse, die Schicksale einiger ihrer Bewohner und das Leben des in der Basilika beigesetzten heiligen Hermann-Josef werden in dieser Serie in loser Folge vorgestellt.

Ende des 17. Jahrhunderts wird die Klosterkirche umgestaltet

„Im Jahr 1660 beginnt die Barockisierung der Steinfelder Klosteranlage mit der Errichtung eines neuen Gebäudes“, erzählt Helmut J. Kirfel, der die Geschichte des Stifts intensiv erforscht hat. Erst gut 20 Jahre später wird mit der Umgestaltung der Klosterkirche begonnen. Der Hochaltar mit den Reliquienkästen und die vier Seitenaltäre werden eingebaut. Den Zuschlag für den Bau der neuen Orgel mit 29 Registern erhält wahrscheinlich Balthasar König aus Bad Münstereifel.

Ein Hochalter der Klosterkirche, der aus der Barockzeit stammt und dementsprechend prunkvoll verziert ist.

Goldene Pracht: der barocke Hochaltar in der Klosterkirche.

Aus der Zeit des Barock stammen auch der neue Sarkophag aus Urfter Marmor für den heiligen Hermann-Josef und die Liegeskulptur aus Alabaster, die 1732 fertiggestellt wurde. „Die Wände der Kirche wurden damals weiß gestrichen und selbst die spätgotischen Deckenmalereien überputzt und übermalt“, erzählt Kirfel. Erst 1930 wird der Putz wieder abgenommen. Die Motive in den Bögenausmalungen zu den Seitenschiffen stammen dagegen nach Angaben von Kirfel aus der Renaissance.

Darüber hinaus gibt es auf der Anlage eine rege Bautätigkeit. Zuerst entsteht 1660 ein Haus zur Beherbergung von Gästen, später alte Prälatur genannt. 1738 wird das Hauptgebäude der Drei-Flügel-Anlage fertigstellt, rund 30 Jahre später der letzte Trakt, die neue Prälatur. Zwischen 1768 und 1779 werden die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude errichtet. „Als letztes Bauvorhaben im Barockstil werden 1789 die Haupteingangstoranlage und die Umfassungsmauer fertiggestellt“, erklärt der Historiker. Außerdem vergrößert das Kloster in der Zeit auch seine Ländereien.

Anfang des 19. Jahrhunderts endet die Tradition des klösterlichen Lebens

1715 wird die Unterherrschaft Wildenburg für 40.000 Reichstaler gekauft. Der Steinfelder Abt ist dadurch Lehnsmann des Herzogs von Jülich. Die Klostergemeinschaft erlebt im 18. Jahrhundert ebenfalls eine Blüte. „Am 28. Oktober 1750 legten sechs neue Chorherren ihre Profess ab. Damit erreichte deren Zahl den Höchststand von 105“, weiß Kirfel.

„1794 tauchen dann die Franzosen zum ersten Mal in der Gegend auf. Abt Gilbert Surges flüchtet nach der Besetzung der Rheinlande mit 24 Chorherren auf die rechte Rheinseite“, berichtet der Historiker. Ein Jahr später erlauben die französischen Besatzer seine Rückkehr. 1802 heben die Franzosen die Klöster und Stifte mit wenigen Ausnahmen auf. Deren Mitglieder müssen ihre Einrichtungen verlassen. „Wenn sie vom rechten Rheinufer stammten, erhielten sie ein Reisegeld und wurden aus dem französischen Gebiet ausgewiesen. Wenn sie aus dem Linksrheinischen stammten, erhielten sie eine kleine Staatspension“, berichtet Kirfel.

Vogelperspektive auf die alte und neue Prälatur sowie das Hauptgebäude der Steinfelder Klosteranlage.

Das Ensemble mit der alten (r.) und neuen (l.) Prälatur sowie dem Hauptgebäude wurde in der Barockzeit errichtet.

Die meisten männlichen Ordensangehörigen übernahmen Stellen als Pfarrer in Kantonalpfarreien oder als Hilfspfarrer in Filialkirchen. In Steinfeld wird der Aufhebungsbeschluss am 26. Juli vollzogen. Zu der Zeit hat das Kloster noch mehr als 80 Chorherren. Damit endet vorerst eine jahrhundertealte Tradition klösterlichen Lebens an dem Ort.

In Steinfeld gab es fast nur Priester, von denen viele Seelsorgestellen in der Region übernahmen.
Helmut J. Kirfel, Erforscher der Steinfelder Klosteranlage

„In Steinfeld gab es fast nur Priester, von denen viele Seelsorgestellen in der Region übernahmen“, sagt Kirfel. Abt Surges kümmert sich bis 1805 als Pastor um die Kirchengemeinde St. Potentinus Steinfeld. Weil deren Gotteshaus, die kleine Kirche St. Andreas, heruntergekommen war, wird sie ab 1804 abgerissen und die Klosterkirche zur neuen Pfarrkirche.

Zwischen 1803 und 1807 werden die Klosterliegenschaften dann größtenteils an den Müller Hermann Josef Römer und seinen Bruder, den Landwirt und späteren Bürgermeister Michael Heinrich Römer, beide aus Urft, veräußert. Am 19. Februar 1807 erwirbt der Hüttenwerksangestellte Jakob Heinrich Mertens aus Dalbenden weitere Abteigebäude und 125 Hektar Land. Er handelt im Auftrag eines Käuferkonsortiums um den Steinfelder Thomas Klinkhammer und vier weitere Hüttenmeister, die auf dem Gelände ein Hüttenwerk bauen wollen.

Zwischen 1843 und 1846 erwirbt dann der preußische Staat die meisten ehemaligen Liegenschaften des Klosters und beginnt mit dem Umbau, um dort eine Erziehungsanstalt für Jungen und Mädchen einzurichten.


Tradition lebt wieder auf

Das 900-jährige Bestehen des Klosters wird beim Hermann-Josef-Fest am Samstag und Sonntag, 20./21. Mai, gefeiert. Am Samstag gibt es ab 17.30 Uhr eine Messe mit Erhebung des Reliquienschreins des heiligen Hermann-Josef. Um 15 Uhr wird Heimatministerin Ina Scharrenbach erwartet, die nach einem Grußwort Kloster und Gymnasium besuchen wird.

Von 19 bis 22.30 Uhr spielt „Rock on Wood“ Eigenkompositionen und Lieder bekannter Rockgrößen. Am Sonntag findet ab 10 Uhr ein Hochamt mit Dr. Ludwig Schick, dem emeritierten Erzbischof von Bamberg statt, in dem Chor und Orchester an der Basilika Steinfeld unter Leitung von Erik Arndt die „Missa Sancte Francisci Assiesensis“ von Damijan Mocnik aufführen.

Ab 11 Uhr gibt es ein Comeback für den Hermann-Josef-Markt. „Die Veranstaltung war bis in die 1950er-Jahre Tradition. Wir lassen sie wieder aufleben und wollen damit neue Gruppen wie junge Familien ansprechen“, so der Vorsitzende der Stiftung Kloster Steinfeld, Martin Reinicke. Es gibt mehr als 20 Aussteller und viele Angebote für Kinder. Drei Musikvereine sorgen für Unterhaltung. Die Andacht mit Prozession beginnt um 14 Uhr. (wki)