TH in GummersbachDekan Averkamp zur Bedeutung des Campus für den Wirtschaftsstandort

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Kräftig gewachsen ist der Campus Gummersbach der TH Köln. Für die Zukunft wünscht sich der Dekan ein eigenes Promotionsrecht.

Kräftig gewachsen ist der Campus Gummersbach der TH Köln. Für die Zukunft wünscht sich der Dekan ein eigenes Promotionsrecht.

Gummersbach – Gemeinsam mit der TH Köln plant diese Zeitung am Campus Gummersbach am 6. Mai eine Live-Sendung zur Landtagswahl. Frank Klemmer sprach mit dem Dekan, Prof. Dr.-Ing. Christian Averkamp, über die Bedeutung der Digitalisierung sowie der Politik für den Betrieb der TH Köln.

Eines der Themen, die auch die Menschen und die Wirtschaft in Oberberg gerade besonders beschäftigen, ist die Digitalisierung. Inwiefern betrifft Sie das als TH?

Es ist eine Entwicklung, die unsere ganze Lern- und Lehrkultur verändert. Wir haben inzwischen zum Beispiel den „Flipped Class Room“: Da können unsere Studenten Vorlesungsinhalte oder auch spezielle Übungen zu Hause übers Netz verfolgen – zu jeder Tages- und Nachtzeit, am Wochenende oder auch an Feiertagen.

Was bedeutet Digitalisierung aus Ihrer Sicht für die heimische Wirtschaft?

Es ist eine riesige Herausforderung, vor allem in einer Region wie Oberberg, wo mehr als 40 Prozent der Arbeitsplätze in der Industrie angesiedelt sind. Da wird es schnell zum Hindernis im Wettbewerb, wenn wir in vielen Bereichen der Ausbau der Netze noch nicht weit genug vorangekommen ist.

Wie lässt sich das ändern?

Wir brauchen da eine konzertierte Aktion. Alle müssen an einem Strang ziehen. Es ist eine der großen Zukunftsfragen für die Wirtschaft vor Ort, ob der Sprung in die Digitalisierung gelingt.

Kann die TH den Unternehmen dabei helfen?

Natürlich, denn wir haben in der Informatik das Know-how zur Verfügung. Und wir haben beste Kontakte zur Wirtschaft in der Region. Das Resultat dieser Vernetzung sind schon jetzt zahlreiche Bachelor- und Masterarbeiten, die unsere Studenten in Kooperation mit Unternehmen schreiben. Wobei wir uns zwar regional verpflichtet fühlen, aber überregional denken. Insgesamt haben wir im Jahr mehr als 500 Arbeiten in Kooperation mit Firmen. Und jedes Jahr werden es mehr.

Kann jede Uni oder Fachhochschule so mit der Wirtschaft kooperieren? Oder ist Ihr Portfolio mit Informatik und Ingenieurwissenschaften von Vorteil?

Natürlich kann das eine philosophische Fakultät nicht so machen wie wir, das stimmt. Doch ich glaube schon, dass die Art und Weise, wir uns hier vernetzen, beispielhaft für andere ist. Über gemeinsame Initiativen wie „Fachkraftwerk Oberberg“ oder unseren Förderverein sind nah an den Themen der Wirtschaft und wir haben einen ganz kurzen Draht zur Politik, davon können andere – sicherlich auch Köln – noch lernen.

Abseits von der Parteipolitik, die vor einer Wahl wie der am 14. Mai ja manche Debatte prägt: Wie beurteilen Sie als TH die aktuelle Bildungspolitik?

Ich kann hier nur aus Sicht des Campus Gummersbach sprechen. Und da kann ich feststellen, dass sich mit dem landesweiten Hochschulpakt beim Forschungs- und Wissenstransfer viel bewegt hat. Ich selbst lebe in Wiesbaden und weiß deshalb: Das ist nicht in allen Bundesländern so. Speziell die TH hier am Standort ist ein großer Profiteur der Mittelverteilung des Landes: Wir bekommen dadurch noch einmal die gleiche Summe hinzu, die uns als Grundbudget zur Verfügung steht. Nur deshalb ist es uns möglich, unsere Arbeit so zu machen, wie wir es tun – mit fast 200 wissenschaftlichen Mitarbeiter und einer gezielten und schnellen Anpassung der Infrastruktur an die hohen Studierendenzahlen. Und nur so lassen sich die Aufgaben bewältigen, die durch den in den vergangenen Jahren durch den Anstieg der Studentenzahl von 2500 auf 5500 entstehen.

Gibt es auch Dinge, die Sie von der Politik in Zukunft noch erwarten?

Da gibt es vor allem die Forderung nach einem eigenen Promotionsrecht für die angewandten Wissenschaften, wie es das zum Beispiel schon in Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg gibt. Bisher können unsere Studenten nur promovieren, wenn wir mit Universitäten kooperieren.

Wie kommt das?

Es gibt immer noch ein altes Schwarz-Weiß-Denken, was unsere Ausbildung an der Hochschule betrifft. In der Vergangenheit wurden wir nur an der Zahl der Ingenieure gemessen, die wir hervorbringen. Dieses Bild prägt bis heute das Promotionsrecht. Dabei übersieht man aber, dass wir längst nicht mehr nur ausbilden, sondern auch forschen und dadurch allein für unsere Fakultät, also für den Campus in Gummersbach, 1,5 bis zwei Millionen Euro an Drittmitteln hereinholen. Die Wertschöpfung, die sich daraus für die Wirtschaft ergibt, ist immens und wird von Jahr zu Jahr mehr.

Zurück nach Oberberg: Wie beurteilen Sie die Entwicklung am TH-Standort in Gummersbach?

Es ist schon erstaunlich, was sich hier in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat. Nachdem wir mit der TH im November 2007 hier auf dem Steinmüller-Gelände angekommen waren, saß ich erstmal drei Jahre lang in einer großen Staubwolke. Heute ist es eine attraktive, city-nahe Fläche in einem modernen städtebaulichen Outfit und mit Campus-Charakter. Im Dialog mit dem Bürgermeister haben wir es frühzeitig geschafft, dass in unmittelbarer Nähe eine Kita entsteht – später auch ein Studentenwohnheim und ein neues Polymerlabor. Ich bin fest davon überzeugt: Nur so lassen sich schon im Studium Fach- und Führungskräfte in die Region locken, die dann auch bleiben.

Welche Rolle spielt dabei die Verkehrsanbindung?

Sie ist immens wichtig, vor allem für die Pendler unter unseren Studenten und Mitarbeitern. Umso wichtiger wäre auch, dass es endlich eine kürzere Taktung für die Regionalbahn gibt.

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