Die Kleiderkammer im Keller des Bürgerzentrums ist seit drei Jahren geöffnet. Sie ist längst nicht mehr nur für Menschen aus der Ukraine da.
Anlaufstelle für BedürftigeKleider und Kaffee gibt es im Bürgerzentrum Ehrenfeld umsonst

Ehrenamtler in der Kleiderkammer mit Jonathan Sieger (2.v.l.) und Lilly Schäfer (4.v.l.)
Copyright: Hans-Willi Hermans
Das aufgemalte, blau-gelbe Fähnchen an der Treppe zum Untergeschoss des Ehrenfelder Bürgerzentrums (Büze) ist schon ein wenig verblasst, der Hinweis „Zur Kleiderkammer“ auf Deutsch und Ukrainisch auch. Aber die Frau kennt den Weg, sie trägt drei große Tüten mit Kamelle vom jüngsten Veedelszoch hinunter. Als sie in dem Kellerraum angekommen ist, wo Damen-, Herren – und Kinderkleidung sowie Schuhe in allen Größen und Farben kostenlos zu haben sind, fragt sie: „Könnt ihr das gebrauchen?“ in die Runde und wird mit Begeisterung empfangen.
Heute Morgen hat sich Viktoria Tyshkovska schon nach geeigneten Kleidungsstücken umgesehen, und sie nimmt auch gern einen Teil der Süßigkeiten mit. Tyshkovska gehört einem Verein von Exil-Ukrainern an, dessen Name auf Deutsch so viel wie „Nur mit Liebe“ bedeutet. Die Mitglieder betreuen ehrenamtlich schwer verwundete Landsleute, Soldaten etwa, die in deutschen Krankenhäusern behandelt werden. „Wir nähen zum Beispiel Jacken und Hosen um, wenn jemand einen Gips trägt oder wenn ein Arm oder ein Bein amputiert werden musste“, erklärt Viktoria Tyshkovska. „In die Taschen stecken wir gern etwas Süßes, darüber freuen sich die Patienten.“
Umsonst-Laden im Bürgerzentrum Ehrenfeld besteht seit Kriegsbeginn
Sie ist noch nicht lange in Deutschland, hat aber eine Übersetzungs-App auf dem Handy, die gesprochene Sprache ins Ukrainische überträgt. Das Deutsch von Olha Fadiejeva, die schon seit langem zum Team des ehrenamtlich geführten „Umsonst-Ladens“ im Büze gehört, dagegen ist schon sehr gut. „Wenn nichts hilft, haben wir noch das hier“, sagt sie und holt einige Seiten mit Skizzen von Anoraks, Pullovern, Stiefeln, aber auch beispielsweise von einer Schule oder einem Basketball hervor. Die Bedeutung steht jeweils auf Deutsch und Ukrainisch unter den Bildern, so können sich auch ältere Menschen ohne App verständigen.

Sharin Awwad und Luisa Rund (v.l.) gehören zu den jüngsten im Ehrenamtler-Team des Umsonst-Cafés.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Vor drei Jahren, Anfang März 2022, kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, wurde im Büze der „Umsonst-Laden“ für die Geflüchteten eröffnet. Schnell sei klar gewesen, dass viele Ukrainer kommen würden, erzählt Büze-Leiter Jonathan Sieger. „Dann rief mich ein Freund an, der in der Ukraine gelebt hatte. Er teilte mir mit, dass ein 7,5-Tonner des Vereins Blau-Gelbes Kreuz mit Kleidung unterwegs sei, die sollten wir verteilen.“ Wegen der Corona-Pandemie wurde draußen ein Zelt für die Kleiderausgabe aufgestellt, für die Ankömmlinge gab’s außerdem Kaffee und Croissants. Ein „Umsonst-Café“ also, das später ebenfalls ins Kellergeschoss des Büze umzog.
Vier Besucher können gleichzeitig in der Kleiderkammer Sachen ansehen
„Der Andrang war anfangs riesig“, berichtet Ruheständlerin Doris Ruch, die zu den ersten Ehrenamtlerinnen vor Ort zählte. Das Büze wurde zu einem der frühen Anlaufpunkte für die in Köln ankommenden Ukrainer, hier traf man sich zum Informationsaustausch, auch Sim-Karten der Telekom für kostenlose Anrufe in die Heimat wurden hier ausgegeben.
Längst ist die Lage übersichtlicher geworden, und während „Umsonst-Laden“ und „Umsonst-Café“ in der Anfangszeit täglich geöffnet waren, ist dies heute nur noch am Mittwoch- und am Samstagmorgen von 10 bis 12.30 Uhr der Fall. „Aber immer noch stammen 60 bis 70 Prozent der Besucher aus der Ukraine“, schätzt Ruch. Wer eintrifft, meldet sich zunächst im Café an: Damit es in der Kleiderkammer nicht zu eng wird, werden jeweils vier Besucher namentlich aufgerufen und in die Kammer gebeten. Dort können sie in Ruhe nach etwas Passendem suchen, eine Umkleidekabine gibt es auch.
„Die Kleidung kommt schon lange nicht mehr vom Blau-Gelben Kreuz, das wird alles von Privatpersonen abgegeben, manchmal sind es ganze Nachlässe“ erklärt Doris Ruch. „Wir legen aber Wert darauf, dass die Sachen keine Löcher haben oder fleckig sind“, sagt Lilly Schäfer, die beim Büze für die Koordination der Ehrenamtler zuständig ist. Das Team umfasst rund 20 Menschen, häufig sind es Ruheständler, einige Studenten sind auch dabei.
Derzeit wird auch über eine Anpassung des Konzepts von „Umsonst-Laden“ und „Umsonst-Café“ nachgedacht. „Wir haben schon am Anfang nie nach dem Pass gefragt, wer sich bedürftig fühlte, war willkommen“, sagt Jonathan Sieger. Doch nun sollen bestimmte Gruppen gezielt angesprochen werden: „Obdachlose, Studenten, Azubis, alleinerziehende Mütter – alle, die nicht so viel Geld haben, sollen hier einen Ort der Begegnung haben“, sagt Schäfer. Das entspreche auch einer allgemeinen Stimmung: „In Zeiten politischer Unsicherheit wächst auch der Wunsch nach gegenseitiger Hilfe und Unterstützung.“ Möglicherweise sind Laden und Café künftig auch mal nachmittags geöffnet, über eine geringe finanzielle Beteiligung der Besucher diskutiert das Team ebenfalls, schon wegen der nötigen Wertschätzung für die Kleidung: „Aber ein 1-Euro-Laden wird das hier ganz sicher nicht“, stellt Lilly Schäfer lachend klar.