Kann die Weltgemeinschaft bei der kommenden UN-Konferenz im Winter in Dubai beim Thema doch noch Schritte nach vorne machen?
Rundschau-Debatte des TagesIst das Klima überhaupt noch zu retten?

Kein Ausstieg in Sicht: Noch immer fließt mehr als eine Billion US-Dollar weltweit in fossile Energieträger – wie hier in Kohle für das polnische Kraftwerk
Copyright: dpa
Dürre, Hitze, Waldbrände: Auch in Deutschland sind die Folgen der Erderwärmung schon jetzt deutlich spürbar. Gleichzeitig steigt der weltweite Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weiter an.
In Dubai wollen die Staaten der Welt Ende des Jahres bei der UN-Klimakonferenz miteinander darum ringen, wie die verschärfte Krise bekämpft werden kann. Bei den Vorverhandlungen dieser Tage in Bonn zeichneten sich scharfe Konfliktlinien zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ab. Ein Überblick über die großen Knackpunkte.
Trend zum Ausstieg aus fossilen Energien ist eher gegenläufig
Die Bundesregierung, die Vereinten Nationen sowie Umweltschützer hoffen darauf, dass die zweiwöchige UN-Konferenz in Dubai, die Ende November startet, einen zügigen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas beschließt – doch der Trend geht eher in die Gegenrichtung.
Die weltweiten Investitionen in Öl, Gas und Kohle steigen seit Jahren – auf inzwischen mehr als eine Billion US-Dollar in diesem Jahr, wie die Internationale Energie-Agentur schätzt. Immerhin: Mehr Geld, nämlich 1,7 Billionen, fließt in die Erneuerbaren.
Viele Staaten subventionieren weiter fossile Energieträger
Die Experten des New Climate Institute, die das Analysewerkzeug Climate Action Tracker betreiben, rügen, dass selbst hoch entwickelte Staaten wie die USA, Norwegen, Kanada und Australien ihre Produktion und Exporte von fossilen Energieträgern ausweiten – und weiter hohe Subventionen in diesen Sektor pumpen. So hätten etwa die USA seit 2010 ihre Öl-Produktion mehr als verdoppelt, und die von Gas um 60 Prozent gesteigert.
„Die Staaten, die vom Export von Öl und Gas leben, haben so viel verdient wie noch nie zuvor. Und viele von ihnen kämpfen darum, dieses Geschäftsmodell nun zu verlängern. Sie setzen darauf, dass die COP in einem der wichtigsten Ölländer dafür den Weg bahnt“, sagt Klima-Experte Christoph Bals von Germanwatch mit Blick auf den Gastgeber der COP28, die Vereinigten Arabischen Emirate.
Einige Staaten klammern sich immer noch an die Vergangenheit, während andere sich sorgen, ob ihre Zukunft nachhaltiger und gerechter aussieht – mit günstigerer Energie, die neue Jobs schafft.
Der Golf-Kooperationsrat, zu dem auch die Emirate gehören, ließ verlauten: Die Energiewende dürfe die Energiesicherheit und den Wohlstand auf der Welt nicht gefährden. Übersetzt heißt das: Ohne fossile Energien geht es bislang noch nicht – weshalb die Golfstaaten auch keinen Interessenkonflikt darin sehen, dass mit Sultan Ahmed al-Dschaber ausgerechnet ein Top-Manager der Ölindustrie Präsident der COP28 werden soll.
Die Empörung darüber will das Gastgeberland nicht gelten lassen. Der von Al-Dschaber geleitete staatliche Ölkonzern Adnoc investiere etliche Milliarden Dollar in erneuerbare Energien, hielten die Emirate der Kritik aus dem Westen entgegen.
UN kritisiert Öl-, Gas- und Kohlekonzerne
Doch auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich nun unzufrieden nach Abschluss der Bonner Gespräche und mit Blick auf die COP28 – und ging besonders mit den Öl-, Gas- und Kohlekonzernen ins Gericht. Diese seien das „verschmutzte Herz der Klimakrise“ – die Nutzung fossiler Brennstoffe müsse enden, schrieb er auf Twitter.
Insgesamt seien die Staaten der Welt bei der Erfüllung ihrer Klimaschutzversprechen und -verpflichtungen weit vom Weg abgekommen. „Ich sehe einen Mangel an Ehrgeiz. Einen Mangel an Vertrauen. Einen Mangel an Unterstützung. Mangelnde Zusammenarbeit.“
COP28 müsse Kurskorrekturen vornehmen
Für die Bundesregierung sei der Weg nach vorne klar, sagte Morgan: „Wir müssen raus aus den fossilen Energieträgern und dafür die Erneuerbaren hochfahren, um das 1,5-Grad-Ziel in Sicht zu halten und noch zerstörerische Klimafolgen zu verhüten.“ Die COP28 müsse dazu eine Kurskorrektur vornehmen, sagte die Staatssekretärin von Ministerin Annalena Baerbock (Grüne), die davor Greenpeace-Chefin war. Das Ziel bleibe, bis 2030 die klimaschädlichen Emissionen weltweit zu halbieren.
Das New Climate Institute kritisiert, dass kein großer Staat in diesem Jahr seine Klimaschutzpläne nachgebessert habe. Selbst wenn alle Zusagen bis 2030 eingehalten würden, steuere die Welt auf eine Erwärmung von 2,4 Grad bis zum Jahr 2100 zu – im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Einige Fragen bleiben offen
„Wir brauchen eine stringente Bestandsaufnahme, wie die je nationalen Ziele für Klimaschutz, Anpassung und Bewältigung der Schäden nachgeschärft werden müssen, um die drei Pariser Klimaziele zu erreichen“, fordert Klima-Experte Christoph Bals von Germanwatch. Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müssten unter anderem globale Finanzströme umgeleitet und die weltweiten Emissionen bis 2030 etwa halbiert werden. (dpa)
Frage des Tages
In Bonn haben internationale Experten zwei Wochen lang darum gerungen, den Klimagipfel in Dubai vorzubereiten. Doch trotz der Mühen sind die Probleme groß. Denn sobald Klimaschutz Wohlstand gefährdet, regt sich Widerstand. Ist der Gipfel zur Rettung des Weltklimas chancenlos?
Was meinen Sie? Scheitert der Klimagipfel aufgrund der verschiedenen Interessen? Bitte schreiben Sie uns: Dialog@
kr-redaktion.de,
Kölnische Rundschau, Leserbriefe, Postfach 102145, 50461 Köln
4 Grad
4 Grad – so hoch könnte für Deutschland nach Schätzungen die Erwärmung bis zum Jahr 2100 hinauslaufen – selbst wenn alle internationalen Zusagen bis 2030 eingehalten würden. Für die Welt insgesamt wären 2,4 Grad zu erwarten. Experten erklären dies damit, dass sich das Klima über Landmassen stärker wandelt. (dpa)
Ja zur CO2-Neutralität
Die Schweizer haben in einem Referendum für ein Gesetz gestimmt, das ihr Land bis 2050 CO2-neutral machen soll. Nach der Auszählung fast aller Stimmen sprachen sich am Sonntag fast 59 Prozent für das sogenannte Klima- und Innovationsgesetz aus. Die Wähler stimmten zudem mit überwältigender Mehrheit für eine Mindeststeuer von 15 Prozent für große, international tätige Unternehmen.
Das Klimagesetz sieht vor, den Verbrauch von Erdöl und Erdgas schrittweise zu reduzieren, erneuerbare Energien auszubauen und klimafreundliche Heizungen zu fördern. Alle maßgeblichen Parteien und die Bundesregierung befürworteten das Gesetz – außer der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP). In ihren Kampagnen schürte die SVP immer wieder Ängste vor Stromknappheit und wirtschaftlichem Ruin. Jedoch ist die Schweiz besonders von der Erderwärmung betroffen, die Gletscher in den Alpen schmelzen und haben von 2001 und 2022 ein Drittel ihres Eises verloren. (afp)