Die schönsten GeschenkeUnvergessliche Weihnachts-Geschichten

Sein altes Logbuch erinnert Manfred Schoss an Weihnachten 1958 (Bild links). Ursula Havig bekam ganz unerwartet ein Enkelkind. Mittlerweile sind es zwei. (Fotos: privat)
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Geschenke gehören zu Weihnachten wie Rosinen in den Stollen. Das können Gutscheine sein, selbst gestrickte Pullis, Computerspiele - Dinge, die schnell im Schrank und irgendwann aus der Erinnerung verschwinden.
Aber es gibt auch die Art Geschenke, an die sich der Beschenkte sein Leben lang gern zurück erinnert: Ein besonderer Moment etwa, der noch Jahrzehnte später nachklingt. Und die unscheinbaren Gegenstände, die im Regal an diesen Moment erinnern, zu kleinen Kostbarkeiten für den Besitzer macht. Zum Beispiel eine Tasche, die einen schönen Augenblick der Kindheit ins Gedächtnis ruft, Soldatengeschirr, das an ein gerettetes Leben erinnert oder ein ganz besonderes Bild, das ein neues Leben ankündigt. Menschen aus unserer Region haben sich an ihre schönsten Geschenke erinnert.
Engel vor Wilhelmshaven
Manfred Schoss lebt in Köln
Montag, 8. Dezember 1958: Das 2. Landungsgeschwader der Deutschen Bundesmarine befindet sich auf der Heimfahrt von Nordamerika nach Deutschland, Heimathafen: Wilhelmshaven. Wir waren fünf Wochen auf See, nur unterbrochen von Gastbesuchen in verschiedenen Ländern. Um 23 Uhr sind wir auf der Höhe von Borkum. Was hatten wir nicht alles erlebt auf dieser Seereise: Kuba durften wir nicht anlaufen, weil Fidel Castro anfing zu geigen. Bei einer Dieselübernahme rammte uns der Tanker. Wir retteten eine portugiesische Wasserflugzeugbesatzung auf dem Atlantik. Einem unserer Seeleute wurde in einer Notoperation, auf hoher See, der Blinddarm entfernt. Jetzt freute sich jeder auf das Einlaufen in Wilhelmshaven und auf den Heimaturlaub. Einige von uns waren ja auch fast zwei Jahre zur Ausbildung in den Vereinigten Staaten gewesen.
Dienstag, 9. Dezember 1958: Wir liegen auf Reede. Kein Einlaufen in den Hafen, Typhusverdacht! Die Stimmung an Bord ist auf Null! Der Verdacht bestätigt sich nicht.
Mittwoch, 17. Dezember 1958: Wir laufen in den Hafen ein und machen an der Pier fest. Da ich jung und ledig bin, werde ich verdonnert, über die Weihnachtstage an Bord zu bleiben um mit den anderen jungen und ledigen Marinesoldaten die Kampfbereitschaft des Schiffes aufrecht zu erhalten. Und dann kam der Heilige Abend, wir Ersatzhelden saßen in der Messe und ließen uns volllaufen. Das Bordradio spielte Weihnachtslieder, die Stimmung war gedrückt, wir dachten an zu Hause, an Vater und Mutter, Geschwister und Freundinnen. Der Alkohol floss in Strömen. Da stand unser Willi auf, taumelte durch das Schott, murmelte etwas und war verschwunden. Er kam wieder und hatte eine Trompete in der Hand. Er stotterte etwas von "Barpianist" und ging den Aufgang zur Brücke hoch. Wir anderen schwankten hinter ihm her. An der frischen Luft, ist er wohl etwas zu sich gekommen, schaute zu uns runter, setzte die Trompe an die Lippen und blies fehlerfrei in Richtung Stadt "Stille Nacht, heilige Nacht." Wir heulten wie kleine Kinder, so waren wir gerührt. Was werden wohl die Leute in Wilhelmshaven gedacht haben, die das Lied hörten. Vielleicht dachten Sie: "Engel mit Trompeten gibt es wirklich."
Ein besonderes Bild
Ursula Havig lebt in Köln
Seit einigen Jahren ist in unserer Familie ein vorweihnachtliches Treffen in der Adventszeit zur Tradition geworden. Es wird zunächst entschieden, bei wem die Feier stattfinden soll - meistens geht es im Wechsel.
Im Jahr 2007 kam unser Sohn Niels mit seiner Frau Sabine zum vorweihnachtlichen Treffen mit einem großen Topf Suppe. Mir fiel auf, dass ein besonderes Strahlen von ihm ausging. Vielleicht war ihm die Suppe besonders gut gelungen?
Er stellte den großen Topf auf dem Herd ab und als alle saßen, sagte er: "Mama, wir waren auch beim Fotografen." Ich war etwas irritiert, eben weil vereinbart war, dass wir uns keine Geschenke machen, freute mich aber doch sehr. "Das ist schön, wir haben ja auch von euch noch gar kein gemeinsames Foto!" Niels schob mir ein Bild zu: Es war ein Ultraschallbild von unserem ersten Enkelkind. Über dieses Geschenk habe ich mich ganz besonders gefreut. Ich denke bei jedem vorweihnachtlichen Treffen daran und frage jetzt jedes Jahr alle Anwesenden: "Hat uns jemand eine Neuigkeit zu berichten?" Inzwischen habe ich zwei Enkelkinder, die ich beide sehr liebe.
Rotes Täschchen
Elisabeth Pfannstiel, Erftstadt
In der Weihnachtszeit ging unsere Mutter mit meiner Schwester und mir "Schaufenster gucken". Ich verliebte mich in ein rotes Täschchen. Auf alles wollte ich verzichten. Keine Plätzchen, keine Süßigkeiten. Nur das rote Täschchen wollte ich! Am ersten Weihnachtstag war es soweit. Das Glöckchen rief uns in die gute Stube. Der Weihnachtsbaum strahlte, die Geschenke waren mit einem Tuch abgedeckt, denn zunächst wurde gesungen. Dann war es so weit: Unser Vater entfernte das Tuch. Und da lag es: Das rote Täschchen! Dieses Weihnachtsfest habe ich nie vergessen. Das rote Täschchen habe ich meiner ältesten Tochter geschenkt. Es existiert heute noch, nach 67 Jahren. Ich wünsche Ihnen allen ein wunderbares Weihnachtsfest!
Christkind bekommt Hilfe
Christel Koziol-Schwitthale lebt in Bergisch-Gladbach
Es war Dezember 1944. Meine Familie und ich, das waren die Mutter und meine beiden Brüder - der Vater war in Russland im Krieg - waren als Ausgebombte mit wenig Habseligkeiten nach Refrath gekommen. Verwandte und Nachbarn waren hier kurz vor Weihnachten mit Vorbereitungen beschäftigt. Meine große Sorge war, ob das Christkind wohl wusste, dass wir nicht mehr in Köln-Mülheim wohnten. Seit November 1944 nach dem verheerenden Bombenangriff war für uns alles anders geworden. Die großen Brüder und die Mutter hatten größere Sorgen, und ich kam mir mit meinen sechs Jahren sehr verloren in der neuen Umgebung vor. Am Heiligen Abend kam ich an einem Haus mit erleuchteten Fenstern vorbei, und durch einen Spalt konnte ich einen Weihnachtsbaum entdecken, der von Erwachsenen geschmückt wurde. Ja, aber wo war denn das Christkind?
Ich rief ganz verstört zur Mutter und diese meine tröstend: "Das Christkind hat in dieser schwierigen Zeit besonders viel Arbeit, alle Kinder zu finden." Frierend und hungrig saß ich neben der Mutter, die mir die kalten Füße warm rieb und mich mit einem angewärmten Ziegelstein ins Bett packte. Morgens dann, welche Freude!
In unserer Wohnstube strahlte ein kleines geschmücktes Weihnachtsbäumchen, und darunter stand auf einem Tischchen unsere kleine Krippe mit Maria, dem Jesuskind, dem Heiligen Josef, Hirten und Schäfchen. Die Weihnachtstage war ich damit beschäftigt, die Heilige Familie und alle anderen mit frischem Heu und Stroh zu versorgen. Abends mussten alle hingelegt und morgens wieder aufgerichtet werden.
Ich war einfach überglücklich, dass das Christkind mich gefunden hatte. Im Nachhinein finde ich es großartig, dass die Mutter in all dem Elend die Weihnachtssachen gerettet hatte und uns eine Christfreude bereitet hat, die ein ganzes Leben anhält.
Heimliches Kochgeschirr
Alfred Rummler lebt in Köln
Seit Jahren hatte ich mir schon vorgenommen, meinen Keller aufzuräumen. Das letzte Mal ist das vor 17 Jahren geschehen, als ich aus unserem Haus auszog, um eine kleinere altersgerechte Erdgeschosswohnung zu beziehen. Heute habe ich es wieder mal gemacht. Und was fiel mir da in die Hand? Ein altes, ein Leben lang verwahrtes Kochgeschirr aus meiner Soldatenzeit. Immer wenn ich uns aus dem Regal mal eine Flasche Spätburgunder oder Gewürz Traminer hole, sieht es mich an und fragt: "Hast Du vergessen, wie wichtig ich für Dich gewesen bin? Denkst Du noch an Weihnachten 1945 in Gefangenschaft?" Jedes Mal sage ich zu ihm: "Ja!". Damals hatte ein erst 16-jähriger Mitgefangener, der im Kasino der französischen Offiziere zu deren Unterhaltung Klavier spielte, es heimlich mitgebracht. Es war am 23. De-zember. In dem ungeheizten Raum, wo wir untergebracht waren, hatte er es zuerst mit Resten von altem Brot versteckt. Kurz vor Mitternacht zum 24. Dezember, meinem Geburtstag, weckte er mich. "Ich habe ein Geschenk für dich. Komm raus auf den Flur, damit die anderen, hungrigen Mitgefangenen es nicht sehen. Hier, das Kochgeschirr ist für Dich. Da ist roter Wein mit aufgeweichten Brotresten drin. Hat der Koch mir zu Weihnachten geschenkt." Wir nahmen unsere Wolldecken, schlichen hinaus. Im Flur löffelten wir gemeinsam den roten Brei aus. Einmal satt und vom Wein betäubt, schliefen wir dicht nebeneinander ein, bis der Morgen tagte. Diesen Geburtstag, an dem ich nur noch 35 Kilo wog, vergesse ich nie mehr. Es war das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe - half es mir doch zu überleben. Deshalb steht dieses Alugeschirr bis heute in dem Regal, wo ich einige Flaschen Wein lagere und redet mit mir, wenn ich daran vorbei gehe - am lautesten an Weihnachten.
Apfel der Erkenntnis
Margitta Uckermann lebt in Köln
Im Mai 2007 verbrachte ich auf dem Weg nach Lhasa in China drei Tage in Xining. Als erstes ging es mir dort darum, mich an die Höhenlage anzupassen. Die Stadt bot nicht viel Sehenswertes - nur den Beishan-Tempel, der sich an einen Berghang lehnt. Ich verbrachte dort einen beglückenden Nachmittag ohne andere Touristen. Schon bei meiner Ankunft hatte ich eine Menschengruppe beobachtet, die den Klostergarten verschönerte. Als ich auf dem Rückweg wieder dort vorbei kam, sprang ein Mädchen auf Geheiß eines Erwachsenen auf mich zu und überreichte mir wortlos einen Apfel. Nur für einen Sekundenbruchteil flog mir die Warnung durch den Kopf: Obst nur geschält essen! Dann biss ich voller Freude hinein und wusste: Dies ist die Krönung eines perfekten Tages.