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Gefährliche KrankheitZecken verbreiten neuen Erreger

Lesezeit 4 Minuten

Wissenschaftler warnen derzeit vor einem neuen Erreger namens Candidatus Neoehrlichia mikurensis.

Köln – Was die Malaria-Mücke für Afrika, ist die Zecke für Deutschland. Denn der Gemeine Holzbock, wie das zu den Milben gehörende Krabbeltier auch genannt wird, kann den Menschen mit gefährlichen Keimen wie FSME-Viren und Borrelien infizieren. Nun warnen Wissenschaftler vor einem neuen Erreger namens Candidatus Neoehrlichia mikurensis. Die sechs wichtigsten Fragen und Antworten zur neuen Zeckengefahr:Was sind Besonderheiten des neuen Erregers?

Seine Besonderheiten verrät bereits sein Name. "Candidatus steht für die Tatsache, dass man den Erreger im Labor bislang nicht züchten kann, was seine Nachweisbarkeit erschwert", erklärt Mikrobiologe Guido Bloemberg von der Universität Zürich. Der Begriff "mikurensis" stammt aus dem Japanischen, weil man den Keim in Japan auf einer Insel (japanisch "mikura") entdeckte. Der neue Erreger ist also dem Immunsystem des Europäers unbekannt.

Wie weit ist er in Deutschland verbreitet?

Beim Zeckenentfernen gilt: Drehen ist besser als Ziehen. Das zeigte kürzlich auch eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien: Fünf Werkzeuge zur Zeckenentfernung wurden hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit an mehr als 500 der Blutsauger getestet. Dabei schnitten die Geräte zum Herausdrehen der Tiere (zum Beispiel Zeckenzange) signifikant besser ab als Geräte zum Herausziehen (zum Beispiel Pinzette). Im Einzelvergleich erzielte die Zeckenzange das beste Gesamtergebnis.

Beim Herausdrehen mit einer Zeckenzange bleibt der Zeckenkopf seltener in der Haut stecken. Besonders geeignet sind Zeckenzangen aus der Apotheke. Diese sind einfach in der Handhabung. Als sehr hilfreich erweisen sich Zeckenzangen mit zusätzlicher Hebelfunktion für große Zecken. Zangen mit geringem Greiferdruck vermindern das Risiko, den Hinterleib der Zecken zu quetschen. Entfernungsmethoden wie das Auftragen von Alkohol, Benzin oder Nagellackentferner gelten hingegen als ungeeignet.

Viele Krankheitserreger, die durch Zecken übertragen werden, gelangen nicht unverzüglich in den menschlichen Körper. Um das Infektionsrisiko zu mindern, sollte man sich gleich im Anschluss an den Aufenthalt in der Natur nach Zecken absuchen (lassen).

Besonders sorgfältig sollten die Arme, Kniekehlen, Hals, Kopf und der Schritt abgesucht werden. Breitet sich eine Rötung an der Einstichstelle aus, empfiehlt sich ein Arztbesuch - ebenso wenn die Einstichstelle anschwillt oder schmerzt.

Im Großraum Zürich hat Candidatus fünf bis zehn Prozent aller Zecken befallen. In deutschen Bergregionen findet er ähnliche Lebensbedingungen wie in diesem eher flachen Teil der Schweiz. Verlässliche Daten zu seiner Verbreitung hierzulande existieren jedoch nicht. Genauso ungeklärt ist, wie hoch die tatsächliche Infektionseffizienz der betreffenden Zecken ist: Wenn jedes zehnte Tier die Keime in sich trägt, heißt das nicht zwangsläufig, dass jeder zehnte Zeckenbiss zur Infektion führt.

Welche Krankheit kann der neue Keim auslösen?

Die so genannte Neoehrlichiose. Deren Symptome sind sehr unspezifisch: Unwohlsein, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie bis zu 40 Grad Fieber. Im Labor zeigen sich Blutarmut sowie ein Anstieg der weißen Blutkörperchen und C-reaktiven Proteine. All das kommt auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen vor, sodass die Neoehrlichiose oft unerkannt bleibt.

Wie gefährlich ist Neoehrlichiose?

Eine aktuelle Studie der Sahlgrenska-Akademie in Göteborg kommt zu dem Ergebnis, dass die Infektion für Menschen jenseits der 50, für Rheumakranke und für Patienten, die Cortison und andere immunsuppressive Therapien erhalten, zu lebensbedrohlichen Gefäßverschlüssen führen kann. Ansonsten verläuft die Erkrankung in der Regel ohne Komplikationen.

Wie lässt sich der Erreger nachweisen?

Seit kurzem gibt es einen DNA-Test, mit dem man den Keim im Patientenblut nachweisen kann, auch wenn er sich im Labor nicht züchten lässt. Mikrobiologe Bloemberg empfiehlt, diesen Test bei allen Patienten einzusetzen, die nicht nur die unspezifischen Krankheitssymptome zeigen, sondern sich auch öfter in der Natur bewegen, wie etwa bei Joggern oder Hundebesitzern.

Wie lässt sich die Krankheit therapieren?

Der Erreger reagiert gut auf Antibiotika, wie etwa auf Doxycyclin, das auch bei Borreliose verordnet wird. Meistens zeigen sich wenige Wochen nach dem Einnahmestart deutliche Verbesserungen. Was jedoch nicht dazu ermuntern soll, diese Medikamente sicherheitshalber schon dann einzusetzen, wenn man die Neoehrlichiose-Symptome erkannt zu haben glaubt, den Erreger selbst aber noch nicht nachgewiesen hat. Denn gerade solche voreiligen Einsätze von Antibiotika haben in jüngerer Zeit dazu geführt, dass sie bei immer mehr Bakterienstämmen wirkungslos verpuffen.