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Holland im TulpenfieberDer Keukenhof wird 65

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Amsterdam – Die Niederlande haben einen gigantischen Blumenteppich ausgerollt. Rot, lila, gelb, orange leuchten die Felder im Westen des Landes - von Amsterdam bis zur Nordsee. Mitten in der atemberaubenden Pracht der Tulpenfelder liegt beim Dorf Lisse der Keukenhof. Der berühmteste Garten des Landes feiert in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag.

„An Rente denkt niemand“, sagt Bart Siemerink, der Direktor der Blumenschau. Im Gegenteil: Mit über 800 000 Besuchern aus aller Welt in drei Monaten ist der im englischem Landschaftsstil angelegte Park eine der größten Touristenattraktionen des Landes. Zum Jubiläum steht die Blume im Mittelpunkt, mit der alles begann: Die Tulpe. „Seit über 400 Jahren ist sie eine absolute Erfolgsnummer“, sagt Siemerink.

Das hätte sich Carolus Clusius nicht träumen lassen, als er vor über 400 Jahren eine Handvoll bräunliche Zwiebeln in die holländische Erde stopfte. Der Botaniker hatte sie von einem österreichischen Diplomaten bekommen, der sie aus der Türkei mitgebracht hatte.

Als 1594 im botanischen Garten in Leiden die ersten Tulpen aufgingen, waren die Niederländer total begeistert. Sie vergaßen sogar ihre guten Manieren, erklärt Gerda van Uffelen vom Hortus Botanicus in der ehrwürdigen Universitätsstadt. „Um das Tulpenbeet musste schon damals ein Zaun gezogen werden, weil die Blumen gestohlen wurden.“

Tulpen wuchsen zwar auch schon wild in der Türkei bis nach China. Doch der holländische Boden und das milde Seeklima erwiesen sich als ideal für die Zucht. Schon im 17. Jahrhundert verdienten Tulpenhändler laut Keukenhof bis zu 30 000 Euro im Monat. Schnell witterten Spekulanten das große Geld. Die Preise stiegen rasant. 1634 waren fünf Tulpenzwiebeln angeblich genauso viel wert wie ein vornehmes Grachtenhaus. Doch 1637 später brach der Handel zusammen, viele Händler waren ruiniert.

Sobald es um die Tulpe geht, geraten eben selbst die sonst so nüchternen Niederländer total aus dem Häuschen. Bis heute. Die Tulpe wird besungen, gemalt, prangt auf Weinetiketten, Schlipsen, Kaffeetassen und sogar Unterhosen. Außerdem ist die Tulipan ein gutes Geschäft. Jedes Jahr exportieren die Niederlande laut Keukenhof Blumenzwiebeln für über 681 Millionen Euro in alle Welt.

Allein von der Tulpe gibt es über 3000 Sorten, in fast allen Farben und Formen, lang und kurz, mit ausgefransten oder doppelten Blütenblättern, geflammt, knallig oder zart. Jede ist einzigartig und hat einen eigenen Namen.

So mancher Prominente wurde bereits mit einer eigenen Tulpe geehrt: Mickey Mouse hat eine und natürlich Königin Máxima. Zuletzt goss die Frau des chinesischen Staatspräsidenten, Peng Liyuan, im März ein Glas Champagner über eine kräftig violette Tulpe und taufte sie damit Cathay, der alte Name Chinas. Diese jüngste Promi-Tulpe ist nun der Foto-Hit für Zehntausende chinesische Touristen.

Aber auch die ältesten Tulpen aus dem 16. Jahrhundert blühen heute noch in dem einstigen Küchenkräutergarten der Gräfin Jakoba von Bayern aus dem 15. Jahrhundert. Daher stammt auch der Name. Keukenhof heißt Küchenhof. Seit 1949 ist der Park auch das Schaufenster der Blumen-Branche und ein Paradies für Hobbygärtner. Hier sehen sie die neuesten Gartentrends.

2014 heißt das Motto: Gartenarbeit ist out, Gartenfreizeit ist in. „Im Garten wollen die Leute relaxen, spielen, Sport treiben oder sogar kochen“, sagt Keukenhof-Direktor Siemerink. Beete sollen pflegeleicht sein und nicht zu viel Platz einnehmen. Aber fröhlich bunt soll es sein.

Die Tulpen selbst bestimmen keine Trends. Denn von der Kreuzung der Samen bis zur Vase vergehen 25 Jahre. Zu lange für modische Vorlieben. Doch die Auswahl für die Gestaltung der Gärten ist groß genug. „Vor einigen Jahren waren Pastelltöne noch in“, sagt der Parkchef. Nun sind es Knallfarben. Rot, Violett, Gelb - am liebsten alles bunt durcheinander.

Die sieben Millionen Blumenzwiebeln im Keukenhof werden jedes Jahr im September mit der Hand eingegraben, nach dem Plan eines Gartendesigners. Ein Geheimnis der holländischen Pracht ist die besonderes Pflanzmethode nach dem Lasagne-Prinzip. Und die kann jeder, auch ohne grüne Daumen.

Zuerst vergräbt man im September Tulpenzwiebeln 20 Zentimeter tief. Darauf kommt eine Lage Erde. Dann pflanzt man zehn Zentimeter darüber zum Beispiel blaue Hyazinthen. Das wird wieder mit Erde abgedeckt. Den Abschluss bilden Krokusse oder Narzissen. Dann muss man nur noch warten. Das nächste Frühjahr kommt bestimmt. (dpa)