Kölner Designer erklärtSo wird ein Dirndl richtig getragen
Köln – Wenn die meisten Kölner aus ihrem Sommerurlaub zurückgekehrt sind, geht im Atelier von Maria Lucas die Dirndl-Saison los. An den Kleiderstangen, die den Rest des Jahres für glitzernde Abendkleider und Haute Couture-Roben reserviert sind, hängen jetzt Mieder, Röcke und Schürzen in allen Farben des Regenbogens. Und die passenden weißen Blusen natürlich auch.
Das Dirndlschneidern ist in den vergangenen Jahren ein immer größerer Geschäftszweig im Atelier in Braunsfeld geworden. Tracht ist nach wie vor beliebt, auch in Köln. „Sie ist ein Spiegelbild der Sehnsucht“, findet Designerin Maria Lucas. „Nach Romantik, nach ländlichem, unberührtem Idyll und nach Heimat.“ Genau deshalb seien die Dirndl seit Jahren so erfolgreich. „Gerade eine Städterin, die ein schnelles, technisiertes Leben führt, lebt mit einem Dirndl ihre spielerische, romantische Nostalgie aus.“
Ab 200 Euro aufwärts
Das Besondere der Lucas-Dirndl: Ein barocker Grundschnitt, der zeitgemäß umgesetzt und passgenau auf Figur geschneidert wird. Mit einer großen auffälligen Schleife, die auf der richtigen Seite angenäht wird (siehe Infokasten rechts unten). „Wir verwenden Vintage-Blusen, reine Seide, Spitzenschürzen und viele Stoffe mit Stickereien“, erklärt André Schwope, Designer und rechte Hand von Maria Lucas.
Tipps von Designer André Schwope
Nicht überdekorieren: Das Dirndl darf farbenfroh und gemustert sein, aber dann sollte frau es
mit den Accessoires und dem Schmuck nicht übertreiben.
Zehn Ketten sind dann definitiv zu viel.
Lieber hübsch statt mega-sexy: Alle Dirndl von Maria Lucas sind mindestens knielang.
Ein bisschen Stoff muss sein: Ein schönes Dekolleté gehört zum Dirndl, doch wenn manche Frauen die Dirndlbluse „vergessen“ und nur das Mieder auf der Haut tragen, ist das unpassend.
Die Baumwoll-Dirndl sind im Atelier ab 200 Euro zu haben, die aufwändig genähten Seidendirndl kosten zwischen 400 und 600 Euro. Denn diese entstehen vor allem in Handarbeit. Im Atelier kräuseln die Schneiderinnen und Schneider etwa fünf Zentimeter breites Seidenband zur dekorativen „Froschmaulrüsche“, die dann an den Ausschnitt des Dirndls gesetzt wird. Oder sie „bestrassen“ das Mieder von Hand, das heißt sie kleben kleine Strass-Steine auf das Oberteil. Gibt es eigentlich Dirndlfarben, die nur zu blonden oder dunklen Haaren passen? „Nein, für uns ist das nicht dogmatisch festgelegt“, sind sich Maria Lucas und André Schwope einig. Farbe und Form hätten viel mehr mit Gefühl und mit der inneren Haltung zu tun. „Wir Menschen sind da wie Chamäleons und können uns jeden Tag wandeln, auch und vor allem mit Hilfe unserer Kleidung“, sagt Schwope.
Er ist stolz, dass inzwischen sogar Kundinnen aus Salzburg, München und Stuttgart ins Atelier nach Köln kommen, um hier ihr Dirndl für die Wiesn zu kaufen. Manche Kölnerinnen, sagt er, decken sich hier sogar mit mehreren Dirndl ein. Nicht nur für das Kölner und Münchener Oktoberfest, in Tracht feiern hat Fans: „Viele feiern auch Hochzeiten oder Geburtstage in Bayern oder Österreich“, und dann muss natürlich das Outfit stimmen. Und welche Dirndl mögen die Kölnerinnen am liebsten? „Sie haben es gerne farbenfroh“, so die Erfahrung von Maria Lucas. Für alle gilt: „Wer Dirndl trägt, sollte der ursprünglichen Tracht-Idee schon Rechnung tragen“, findet Designer André Schwope. Die Gesamterscheinung sollte also weder überrüscht, noch überdekoriert sein. Sonst wirke es schnell verkitscht. „Es muss immer noch eine Eleganz da sein. Sonst entwertet es die Sache ganz schnell.“
Kölner Oktoberfest: 15.-30.9. Münchner Oktoberfest: 16.9-3.10.